Nudeldicke Deern
meinen Händen einen imaginären Raum über mir beschrieben habe, um höher singen zu können. Einfach eine neue Art, sich mit etwas auseinanderzusetzen, eine Art, die ich noch lernen muss. Im Mund verwandelt sich die Himbeere in eine reife Erdbeere und erinnert an dicke Bowlegläser auf einer Terrasse mit bunten Lichtern. Das zarte Huhn macht die Erdbeere im Mund noch größer, das Zitronendressing bringt sie zum Hüpfen. Ich sitze wie gestern bräsig-beseelt am Tisch und freue mich auf morgen. Da gehen wir Käse kaufen. Und Wein. Und irgendwann diese Woche Fisch. Und dann krieg ich einen Crashkurs in Weinkunde. Und wir organisieren die Speisekammer um. Und irgendwann lese ich mal wieder ein Buch.
Blogeintrag 27. August
Gut essen, Tag 3 – der Käseigel ohne Igel
Unser Tagesausflug heute ging ins Mercado in Hamburg-Altona. Lu hatte mich gefragt, ob ich Läden habe, die mich inspirieren, auch wenn ich meist nur nichtskaufend durch die Gegend irre. Also Orte, an denen ich Essen optisch und olfaktorisch toll dargeboten kriege. Meine Antwort: Mercado. Mal abgesehen davon, dass ich dort immer im Bodyshop für Nachschub an Bodylotions und Shampoos sorge oder im Buchladen nur mal rumgucke und nie was kaufe *hust*, mag ich das Mercado, weil da nicht nur mein Lieblingsblumenladen ist, sondern weil es dort immer unglaublich gut riecht und alles wahnwitzig lecker aussieht. So bummelten wir ( ICH BIN WIRKLICH EINE BUMMLERIN ! ES GEHT NICHT MEHR WEG !) zunächst zur Käsetheke, um zu gucken, dann zum Bioladen, um zu gucken, zum Türken, um zu gucken, zum Italiener, um zu gucken, zum Gemüsestand, um zu gucken, zum Weinhändler, um zu gucken, und zum Blumenstand, um zu gucken. Gekauft haben wir überall was, bis auf den armen Blumenstand, obwohl ich dort am liebsten zugeschlagen hätte.
Einkaufen geht zurzeit so: Lu fragt mich, was ich mag, was ich mir vorstellen könnte zu probieren, welche Geschmacksrichtungen mir liegen, und erzählt mir dann, was es da noch außerhalb meines schmalen Esshorizonts gibt. Im Mercado haben wir vor so ziemlich jedem Stand rumgelungert, und Lu hat mir die komplette Auslage erklärt: Welches Lebensmittel ist gut, welches weniger. Wobei «gut» nicht bedeutet «keine Kalorien», sondern «gut für mich, gut für meinen Körper, gut für meine Seele». Und «weniger gut» bedeutet nicht «niemals essen», sondern «in Maßen ist alles gut». Die Verkäufer und Verkäuferinnen an den Ständen haben sich sicherlich gewundert, warum da eine Frau eine andere eine Viertelstunde lang bequatscht und auf die Waren deutet, weswegen ich gerade das Gefühl habe, ich müsste ein Schild um den Hals hängen haben: «Ich lerne gerade essen. Bitte haben Sie etwas Geduld, während mein Coach mir Ihre Produkte erklärt. Wir melden uns schon, wenn wir wirklich etwas kaufen wollen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.»
In unseren Tüten landeten Paprika, Gurken, Tomaten, ein Topf Rosmarin, ein Topf Basilikum, theoretisch ein Topf Schnittlauch und Petersilie, wenn wir uns eine Liste gemacht hätten, aber nein, ich sollte mich ja inspirieren lassen, das hab ich jetzt davon, KEINEN SCHNITTLAUCH UND KEINE PETERSILIE , aber dafür dreierlei Oliven, Schafskäse, Ziegenkäse, Parmesan, Scamorza, Feta mit roten Zwiebeln, Feta mit Paprika, Feta mit Joghurt und Basilikum, Biomilch, Rotwein, Cidre (pour le Kerl), Bündnerfleisch, ein leeres Portemonnaie und einen Zentner Vorfreude.
Aber bevor wir diese ganzen Schätze in ein Abendessen verwandelt haben, gibt’s erst mal Mittag. Dafür benutze ich zum ersten Mal den Mörser und zwar, um aus Olivenöl, Basilikumblättern, Meersalz, buntem Pfeffer, Parmesan, Knoblauch und Pinienkernen das leckerste Pesto der Welt zuzubereiten. Ich habe den Teller ausgeleckt, so großartig war das Pesto. Was ich so spannend finde: Ich kann jede einzelne Komponente rausschmecken und gleichzeitig das Gesamtwerk genießen. Unser bisheriges Fertigpesto hat mir auch geschmeckt, aber da hätte ich beim besten Willen nicht sagen können, was drin ist. (Und wenn man auf die Packung guckt und sieht, was drin ist, will man auch gar nicht mehr die Einzelteile schmecken.)
Zum Nachtisch gibt’s frische Ananas, für die ich den Zitronenmelissetopf plündere. Lu hat aus unserer Fensterbank einen Kräutergarten gemacht: Da stehen jetzt Rosmarin, Liebstöckel, Basilikum, Oregano, Salbei und Zitronenmelisse. Und demnächst noch Schnittlauch und Petersilie.
Abends gibt’s dann für
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