Nudeldicke Deern
bin ich dran, dann der Kerl. Ich werde nicht nur nach Größe und Gewicht gefragt, sondern auch nach Gewohnheiten, Bewegung, Vorlieben beim Essen, was mag ich gar nicht, woran könnte ich mich ranessen und so weiter. Lu will uns nämlich – das war unser Wunsch – nicht nur vernünftiges Essen beibringen, sondern auch vielfältiges. Wir haben beide unsere fünf Grundrezepte, die wir seit 20 Jahren kochen, weil sie uns schmecken, trauen uns aber recht selten an Neues ran. Wenn ich ein neues Kochbuch kaufe, machen wir meist ein Rezept daraus, und das war’s. Mal schmeichelt sich dieses Rezept an unsere fünf Grundrezepte ran und wird ein neuer Freund (wie bei Tim Mälzers Kartoffel-Gurken-Salat mit einem Dressing aus Weißweinessig, Schalotten und körnigem Senf), meist prügeln aber unsere fünf Grundrezepte den Fremdling mit Mistgabeln vom Hof (wie beim grandiosen Experiment Jakobsmuscheln, die ich ausprobieren wollte, weil die das dauernd beim «Perfekten Dinner» essen).
Ich fühle mich manchmal wie ein Essenspraktikant, weil ich nicht wirklich viel nutze von dem, was mir so in Supermärkten entgegenlächelt. Dem Kerl geht’s ähnlich, und daher dachten wir uns: Fragen wir doch mal wen, der sich mit so was auskennt, damit aus den Praktis endlich richtige Esser und Esserinnen werden.
Montag, Morgen. Der Kerl eilt ins Büro, ich habe mir die Woche frei genommen. Erster Tagesordnungspunkt: Küchencheck. Lu guckt sich unsere Vorräte an und reicht einige Gewürzdosen an mich weiter, damit ich sie verklappe. Wie immer bei den kleinen Rackern tummeln sich da einige, die schon lange ihr Lebensende erreicht haben. Genau wie in unserer kleinen Speisekammer, wo ein paar Dosen ins Nirwana einziehen dürfen. Hält sich aber alles in Grenzen.
Dann geht’s ans Eingemachte: Fertigsuppen müssen nicht sein, Fertigbrühen schon gar nicht. Unsere geliebten Maggigläschen, mit denen wir gerne Kartoffeln oder Nudeln kochen, kommen weg und werden am Nachmittag durch ihre Biokumpels ersetzt, die mit weitaus weniger Chemie auskommen. Einige Sachen stehen bei uns nur noch rum, weil wir zu bräsig sind, sie wegzuschmeißen. «Seit wann hast du keinen Kakao mehr getrunken?» – «Ein Jahr …?» – «Nesquik kommt weg.»
Danach treffen wir uns mit dem Kerl bei
basic
. Wir lungern eine gute Dreiviertelstunde im Bioladen rum, lernen, dass Mangold quietschbunte Stängel hat (ich wähle den gelben und lasse die pinkfarbenen liegen) und wie gut frischer Ingwer riecht, wenn man ein Eckchen abbricht. Ich lasse mich bequatschen, doch einen Blattsalat mitzunehmen, den ich immer als toplangweilig of the langweilig empfunden habe. Lu behauptet, wenn man ein bisschen Rucola runtermischt, schmeckt das gleich ganz anders. Wir schnuppern an Broten, lassen uns Brotaufstriche erklären und den Vorteil von Biomilch: «Wenn du Muttermilch trinken würdest, dann doch auch lieber von einer Nichtraucherin, die sich gesund ernährt, oder?» Ich möchte jetzt gar keine Milch mehr trinken, woraufhin Lu noch zwei Weine einpackt.
Nächste Station: die Drogerie Budnikowski, die eine Alnatura-Ecke hat. Hier werden Biobrühen gekauft, eine Menge Gewürze, Couscous für den Kerl, Dinkelnudeln für mich, Tomatensaucen und Frischkäse. Schließlich der Supermarkt. Dort reiben wir an Liebstöckel und entdecken, dass es Kräuter gibt, die wie Maggi riechen, an Zitronenmelisse, die ich am liebsten sofort aufessen würde, so frisch duftet das Grünzeug, an Salbei, Majoran, Thymian und Oregano. Unser Einkaufswagen ist eine grüne Hölle. Das geplante Hühnchen wird nach dem Blick auf die Angebotsplakate zur Lammhaxe, als Beilage gibt es zum bereits erstandenen Mangold Mohrrüben. Schwer bepackt treten wir den Heimweg an, packen aus, verstauen und können es kaum erwarten, die ganzen Schätze in eine Mahlzeit zu verwandeln.
Ich schneide eine rote und eine gelbe Zwiebel klein, der Kerl eine Paprika, die in unserer Kammer lag, Lu wirft die Zwiebeln, Paprika, frischen Knoblauch, zwei Lorbeerblätter und einen Zweig Rosmarin in einen Topf mit heißem Olivenöl. Darauf kommen die zwei Lammhaxen und die Lammschulter, ein ordentlicher Schuss Tempranillo, ein paar Kirschtomaten, köcheln lassen. Lu und ich testen den Wein; ich kann nur sagen «lecker», während Lu mir geschmacksmäßig auf die Sprünge hilft: «Ganz dunkle, saftige Kirschen.» Genau das habe ich natürlich gemeint und nehme noch einen Schluck.
Nach einer Stunde Pause
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