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Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst

Titel: Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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wieder unter den Arm und führte ihn zu den Aufzügen.
    »Sie können ruhig gehen, ich komme schon allein zurecht«, sagte James und wollte ihm sein Geld geben.
    »Nein, Mr Gerald«, wehrte der Junge mit penetranter Gutmütigkeit ab, »ich bringe Sie noch in Ihr Apartment.« Er drückte den Knopf, um den altmodischen Aufzug zu holen.
    »Sehr gut«, sagte James und forderte den modernen Aufzug an. »Sie besitzen noch die Vertrauensseligkeit und den Optimismus der Jugend. Bewahren Sie sich das. Ich aber werde dieses Museumsmodell keinesfalls benutzen.«
    Im zweiten Stock angekommen, betrat James sein neues Zuhause, in dem die Umzugskartons mit seinen persönlichen Dingen schon auf ihn warteten.
    »Aber James!«, hatte Sheila kopfschüttelnd zu ihm gesagt, als sie für ihn eine Umzugskiste nach der anderen füllte. »Das ist viel zu viel! Wo wollen Sie das denn lassen, da, wo Sie hingehen?«
    »Sheila, Sie tun so, als ginge ich von hier geradewegs ins Jenseits. Ich darf Ihnen aber versichern, dass dies keineswegs meine Absicht ist. Ich ziehe lediglich für eine bestimmte Zeit um. Da ist es doch recht normal, dass ich meine persönlichen Dinge mitnehme, nicht wahr? Schließlich muss alles echt wirken.«
    »Ach, James.« Sheila hatte ihn angesehen wie einen kleinen Jungen, der von seinen Plänen erzählt, sich auf den Mond schießen zu lassen. Sheila war seine langjährige Kollegin beim Secret Intelligence Service gewesen, und seit zwei Jahren war sie seine Nachbarin in London-Hampstead. Sie war die Einzige, die er in seine Pläne eingeweiht hatte, aber in diesem Augenblick hatte er es bereut.
    Er hatte wirklich nur das Nötigste eingepackt. In den letzten Tagen vor seiner Abreise nach Eaglehurst hatte er es endlich fertiggebracht, seine alten Akten und Notizen in Papierstreifen zu verwandeln. Er war vor fünf Jahren aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, und es schien sinnlos, diese Sachen noch länger aufzubewahren. Sie schön altmodisch im Kamin den Flammen zu überlassen, wäre natürlich stilvoller gewesen. Das Knistern von Feuer war doch etwas anderes als das schäbige Kratzen des Aktenvernichters. Gleichzeitig hatte er sich über seine Sentimentalitätgewundert. Alten Zeiten nachzutrauern war eigentlich nie seine Sache gewesen. Er konnte sich noch gut an den Beginn seiner Zeit beim Geheimdienst erinnern, als William Morat und er sich über die Kollegen lustig gemacht hatten, die störrisch an ihren überholten Arbeitsmethoden festhielten und sich nur schwer mit neuen Entwicklungen in der Waffentechnik oder der Informationsvermittlung anfreunden konnten. William und er, damals junge Burschen von Mitte zwanzig, hatten sich geschworen, nie so zu werden wie sie, sondern immer mit der Zeit zu gehen.
     
    »Mr Gerald!« Der Taxifahrer riss ihn aus seinen Gedanken. »Denken Sie, Sie kommen jetzt allein zurecht?«
    »Sicher. Vielen Dank!«
    »Gerne.« Der Junge lockerte vorsichtig den Griff, als hätte er Sorge, James würde im nächsten Moment, seiner Stütze beraubt, in sich zusammensacken wie ein leerer Anzug. Doch James blieb stehen und steckte ihm endlich das Geld zu. »Es hat mich gefreut«, sagte er mit einem Anflug von Ironie, die dem Jungen entging. Er ergriff James’ Hand und lächelte breit. »Danke, Mr Gerald! Ich wünsche Ihnen alles Gute! Das ist eine anständige Einrichtung hier, heißt es. Sie haben Glück.«
    Als James allein war, ging er langsam auf den Sessel zu, der vor dem großen Fenster stand. Noch eine halbe Stunde bis zum Tee. Es lohnte sich nicht mehr, mit dem Auspacken anzufangen. Das würde eine gute Aufgabe für den morgigen Tag sein. Er hatte gelernt, sich die Zeit und seine Energie einzuteilen. Ein leichter Husten zu Beginn des Winters hatte sich bald zu einer schweren Bronchitis entwickelt und ihn zum ersten Mal in seinem Leben zu einem längeren Krankenhausaufenthalt gezwungen. James ließ sich in den Sessel sinken und schaute hinaus. Der Himmel war düster, das Meer eine braungraueMasse, weiße Schaumflocken huschten, vom Wind getrieben, wie kleine Geister am Strand umher. James hatte die See noch nie gemocht. Aber es war nicht
seine
Entscheidung gewesen, hierherzukommen. Nach Eaglehurst im Allgemeinen und in das Zimmer Nummer 214 im Besonderen. Das hatte William für ihn entschieden, und jetzt lag es an ihm, die bevorstehende Aufgabe zu lösen.

Kapitel 2
    »Durch die zunehmende Vernetzung von Datenbanken und ein flächendeckendes System von Überwachungskameras haben die Behörden alle

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