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Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)

Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)

Titel: Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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Prolog
    Die Krieger formieren sich zur Schlacht. Weithin leuchten ihre Gewänder und Rüstungen im Morgenlicht, die Schwerter und Lanzenspitzen blitzen in der Sonne. Pferdeschnauben und das Flattern der Standarten zerreißen die Stille.
    Ich blicke zur Seite. Mein Gebieter, über dem das Zeichen seines Clans weht, wirkt ruhig, als ob dies eine ganz gewöhnliche Schlacht wäre, eine von vielen der vergangenen Monate und Jahre. Er muss Zuversicht ausstrahlen. Zuversicht für seine Generäle und seine Soldaten, aber auch Zuversicht für mich, die seit so langer Zeit in keiner Schlacht von seiner Seite weicht.
    Doch sein schönes Gesicht mit den steil zulaufenden Brauen, den dunklen Mandelaugen und den vollen Lippen ist zu bleich und das Funkeln in seinen Pupillen eine Spur zu wässrig. Er sorgt sich um seine Leute, sein Land – um mich, obwohl ich ihm immer sage, dass ich das Geringste bin, um das er sich Gedanken zu machen braucht.
    »Tomoe«, haucht er, und der Blick trifft mein Gesicht. Seine Worte sind so leise, dass sie beinahe vom Wind davongetragen werden. Verständlich, denn außer mir soll sie niemand hören. »Erinnerst du dich an das Versprechen, das du mir gestern Nacht gegeben hast?«
    »Wie könnte ich mich nicht erinnern, mein Gebieter?«, frage ich und spüre nun wieder die Seide seiner Haut, das lange Haar, das ungebändigt meinen Rücken streichelte, die Feuchtigkeit seines Bauches und meines Schoßes, als wir uns vereinigten. Es war ein vollendeter Moment gewesen, den nicht einmal der geschickteste Dichter hätte beschreiben können. Seine Liebe hatte mich vergessen lassen, dass die Schlacht bevorstand und die Feinde versuchen würden, alles, wofür wir gekämpft hatten, zu vernichten.
    Doch dann waren seine Worte wie Eiszapfen auf mich herabgefallen. Das Versprechen, das er von mir forderte, hatte mich erstarren lassen. Obwohl es mich zutiefst erschreckte, ja Abscheu in mir erweckte, hatte ich es nicht über mich gebracht, es ihm zu verweigern. Nicht in einer Nacht wie dieser, die unsere letzte gewesen sein könnte. Ich versprach es ihm also und bat gleichzeitig darum, es nicht wieder anzusprechen, solange die Nacht über dem Palast lag.
    Doch jetzt hat der Tag den Horizont überschritten, nichts bindet ihn mehr an sein Versprechen. Aber ich bin gebunden, bis eine Entscheidung gefallen ist.
    »Wirst du tun, was du mir versprochen hast?«, fragt mein Gebieter, und ich sehe, dass die schwarzen Onyxe in seinen Augenhöhlen von Regen umspült werden. Offenbar zweifelt er genauso wie ich daran, dass ich den Mut dazu aufbringen würde.
    »Das … werde ich«, antworte ich, worauf er seinen Arm hebt und mich ganz sanft an der Stelle berührt, an der mein Seidenhemd unter der Rüstung hervorschaut. Meine einzige verwundbare Stelle, die unter seiner Berührung brennt, als hätte sie ein Pfeil durchbohrt.
    Wir sehen uns an, und ich weiß: Wenn uns diese Schlacht entzweit, wird sie nur unsere Körper vernichten. Unsere Seelen werden gemeinsam in die Welt der Ahnen ziehen und dort endlich die Freiheit genießen können, die wir uns hier mühsam erkämpfen mussten.
    Ein sanfter Windstoß lässt mich zur anderen Seite blicken, wo unsere Bogenschützen in Stellung gehen. Dann sehe ich ihn. Er trägt diesmal die Tracht einer unserer Männer und spannt gerade seinen Langbogen, die Waffe, mit der er schon immer am besten umgehen konnte. Seine Züge sind andere als jene, unter denen ich ihn kennengelernt hatte, doch einer wie er hat viele Gesichter.
    Ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder besorgt sein soll. Ich habe viel von ihm gelernt, und er hat mir oft geholfen. Seine Anwesenheit könnte jedoch auch bedeuten, dass ich an diesem Tag alles verliere.
    Als er meinen Blick bemerkt, hebt er den Kopf und verneigt sich spöttisch. Seine Lippen scheinen sich zu einem Lächeln zu verziehen. Nein, er wird mir nicht helfen. Er ist, wie er es angedroht hat, nur ein Zuschauer. Und er wird Ernte halten, wenn es so weit ist. Das ist sein Recht, das ist seine Natur.
    Ich umklammere meine Naginata fester und erinnere mich an den Tag, an dem ich sie erhalten habe. An das Versprechen, das ich gegeben habe.
    Es wird nicht so weit kommen, sage ich mir. Die Götter sind auf unserer Seite. Und ist es nicht so, dass mich das Volk selbst für eine Göttin hält? Zwar weise ich diese Unterstellung nach wie vor von mir, denn meine Knochen, mein Fleisch und mein Blut sind sterblich. Doch wenn es sein muss, bin ich für unser Volk eine

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