Null
waren.
«Warum denn so nervös heute Abend?» Sein Englischwar ausgezeichnet, aber er sprach noch mit einem leichten Akzent.
«Ich bin nicht nervös. Ich bin nur vorsichtig.»
Er nickte und wies auf einen Laptop, dessen Bildschirm die dunkle Küche in grünes Schummerlicht tauchte. Nava hob einen Zeigefinger und zog dann ein kleines Gerät aus ihrem Rucksack, einen Zylinder, circa zehn Zentimeter lang und fünf Zentimeter dick. Als sie an der Unterseite auf einen kleinen schwarzen Knopf drückte, wurden oben drei Stahlspitzen ausgefahren. Vorsichtig stellte sie den Apparat auf den Boden und richtete die Spitzen auf die Zimmerdecke. Wenig später gab das Gerät ein tiefes Brummen von sich, und ein Lämpchen leuchtete rot.
«Noch eine Vorsichtsmaßnahme?», fragte der
Speznaz -
Agent .
«Das verhindert, dass wir mit Richtmikrofonen abgehört werden», sagte Nava. Erst jetzt sah sie, dass der Mann ein winzig kleines Headset trug. Sie wusste, dass sie mit ihrem Störsender nichts dagegen ausrichten konnte, aber die Koreaner durften ja auch ruhig mithören. Sie fuhr mit der Hand über das glatte Gehäuse des Laptops. «Ist der sicher?»
«Das Funkmodem hat eine 12 8-Bit -Verschlüsselung. Sobald ich die Daten verifiziert habe, überweise ich das Geld auf Ihr Konto. Dann können Sie in der Schweiz anrufen.»
Nava löste ihre Gürtelschnalle, zog die kleine CD daraus hervor und schob sie seitlich in den Rechner. Nach der Eingabe des fünfzehnstelligen Kennworts wurde der Bildschirm für einen Sekundenbruchteil schwarz, ehe er wieder etwas anzeigte.
Als er das sah, stand der Mann, den sie unter dem Namen Yi Tae-Woo kannte, auf und ging hinüber zu dem Rechner.Er bewegte sich so flüssig, dass er über den Boden zu schweben schien. Aus seiner Geschmeidigkeit schloss Nava, dass er Nahkampfexperte war. Aber das waren schließlich alle Speznaz-Agenten – vor allem die aus der Einheit 695, der Elitegruppe, die in aller Welt Geheimzellen des nordkoreanischen Auslandsgeheimdienstes RDEI aufbauen sollte, des
Research Department for External Intelligence.
Nava erinnerte sich noch daran, wie die Männer aus der Demokratischen Volksrepublik Korea zum ersten Mal in dem Camp aufgetaucht waren, in dem sie als Mädchen ausgebildet worden war. Das war 1984 gewesen, und Kim Jong-Il hatte damals beschlossen, seine besten Kämpfer nach Pawlowsk zu schicken, um sie dort von dem sowjetischen Sondereinsatzkommando Speznaz trainieren zu lassen. Geschult wurden alle Formen bewaffneten und unbewaffneten Kampfes, Terrorismus und Sabotage.
Die Nordkoreaner bewunderten ihre sowjetischen Ausbilder so sehr, dass sie den Namen Speznaz für ihre Truppen übernahmen. Ihr Motto behielten sie jedoch bei: «Einer gegen hundert.» Und das war ihr Ernst. Nava fragte sich wieder einmal, ob es ein Fehler gewesen war, sich mit ihnen einzulassen. Sie waren zwar auch nicht gefährlicher als die Agenten des israelischen Mossad oder des britischen MI6, denen sie normalerweise Informationen verkaufte, aber sie traute den Nordkoreanern nicht. Egal – das war ohnehin alles bald vorbei. Es war das letzte Mal, dass sie mit ihnen Geschäfte machte.
Sie sah Yi Tae-Woo dabei zu, wie er sich an dem Rechner durch die Informationen scrollte, ab und an inne hielt, um bestimmte Seiten zu lesen, und dann wieder ganze Abschnitte übersprang. Nava ließ ihn seine Arbeit machen und wartete geduldig, bis er sich davon überzeugt hatte,dass sie das Versprochene geliefert hatte. Nach fünf Minuten trat er einen Schritt zurück.
«Es scheint alles in Ordnung zu sein. Das Geld wurde überwiesen. Sie können es selber mit dem Laptop nachprüfen.»
Nava lächelte. «Sie werden sicherlich verstehen, dass ich auf dieses Angebot nicht eingehen werde.»
«Selbstverständlich», sagte Yi Tae-Woo verblüfft.
Nava hatte nicht vor, die Überweisung mit einem Rechner des nordkoreanischen Geheimdienstes zu überprüfen. Die RDEI konnte ihr nicht nur falsche Informationen zuspielen, sondern auch, indem sie aufzeichnete, was Nava eintippte, ihre Zugangsdaten ermitteln und ihr Konto abräumen. Es hätte Nava zwar gewundert, wenn die Nordkoreaner sie betrogen hätten, aber Unterschlagung war in der Welt der Geheimdienste ganz gewiss kein unbekanntes Phänomen. Schließlich mussten sich auch Spione an Etats halten.
Sie klappte ihr Mobiltelefon auf, das ebenfalls über eine 12 8-Bit -Verschlüsselung verfügte, und rief bei der Bank an. Nachdem sie ihre Zugangsdaten durchgegeben hatte,
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