Nur Dumme machen keine Fehler
entlanggesaust, hatte scharf gebremst, zu scharf, und nun schlingerte und rutschte er, bekam das Rad nicht mehr in den Griff und raste … „Himmel!“, schrie Johanna entsetzt.
Der Fahrer stürzte, flog mindestens drei Meter weit, fing sich aber im letzten Moment geschickt ab.
„Beinahe-Katastrophe “, atmete Mörfi tief durch. „Das Werk eines zickigen Zengels!“
„Eines was?“, fragte Johanna.
„Eines Zengels!“, wiederholte Mörfi. „Z-Engel!“
„Z-Engel?“, fragte Johanna und Mörfi nickte. „Was ist denn ein Z -Engel?“
„Na, Z eben!“, rief Mörfi aus. „Z wie Zwang, Zerstörung und Zerwürfnis.“
Johanna winkte ab. Sie hatte allmählich genug von all diesen neuen Ausdrücken: fantastische Fehler, putzige Pannen, verzwickt verwunschene Fehlerwünsche und jetzt auch noch Z-Engel.
Jedes Wesen besaß einen natürlichen Feind, erläuterte Mörfi. „Das Kaninchen die Schlange, der Fisch den Adler, der Schüler den Lehrer …“
„Na ja“, machte Johanna.
„Gut, gut“, sagte Mörfi. „Etwas übertrieben– gebe ich zu. Auf jeden Fall aber sind die Zengel die natürlichen Feinde der Fehlerteufel-Familien. Denn Zengel glauben, Menschen dürfen sich keine Fehler erlauben und müssen immer in allem perfekt sein!“
„Alexander ist ein Zengel?“, wunderte sich Johanna.
Mörfi lachte und schüttelte kräftig das kleine Köpfchen. „Nein, aber hätte er sich gestern noch länger über seinen Fehler geärgert, hätte er vielleicht Besuch von einem bekommen.“
Johanna erschrak. „Und dann einen Unfall gehabt?“
„Alles möglich, nichts unmöglich“, bestätigte Mörfi. Zengel, so erklärte es, umschwirrten gern Menschen, die alles immer perfekt machen wollten. So wie Alexander oder auch wie ihre Mutter. Es gab aber auch andere. Lukas aus Johannas Schulklasse zum Beispiel. Menschen, die sich und anderen nie einen Fehler verziehen.
Manchmal war auch Frau Richterkamp so. Diese Menschen waren so darauf bedacht,nicht den kleinsten Fehler zu begehen, dass sie den Zengeln Tür und Tor öffneten. „Zickige Zengel schaffen dann wirkliche Fehler. Schlimme Fehler. Verflixte Falschfehler.“
Johanna fielen im ersten Moment keine solchen Fehler ein.
Erst mit Mörfis Hilfe kamen ihr diese Mitschüler in den Sinn, die so eifrig lernten, damit sie nicht den kleinsten Fehler machten, weil sie unbedingt eine fehlerfreie Eins schreiben wollten. Bei der entscheidenden Klassenarbeit aber wussten sie dann vor lauter Nervosität gar nichts mehr und schrieben eine Fünf. So etwas war ein typisches Werk der Zengel.
„Das müssen ja schreckliche Wesen sein!“, fand Johanna.
„Ja“, stimmte Mörfi ihr zu. „Wir Fehlerteufelchen lieben Fehler, Zengel hassen Fehler!“
Johanna und Mörfi waren zu Hause angekommen. Johanna pulte den Hausschlüssel aus der Tasche und schloss die Tür auf.
Alexander kam ihr entgegen. In der einenHand seine Reisetasche, in der anderen Handy und Zigarette.
„Hi Monster!“, rief er ihr zu. „Ich habe keine Zeit, mein Zug fährt gleich. Bis zum nächsten Mal!“
„Ciao!“, sagte Johanna nur. Sie freute sich auf die Zeit, in der Alexander nicht anwesend war. Aber das behielt sie lieber für sich. Merkwürdigerweise machte sie dann, wenn Alexander nicht da war, auch viel weniger Fehler. Obwohl sie ihre Fehler schon viel weniger schlimm fand, seit sie Mörfi kennengelernt hatte.
Mörfi, auf Johannas Schulter, quiekte entsetzt auf. Johanna streifte Mörfi mit einem Seitenblick. Das Fehlerteufelchen trug plötzlich eine kleine grüne Augenmaske.
„Die Zengel!“, flüsterte Mörfi, als ob Alexander sie hätte hören können.
Johanna zuckte zusammen.
„Ist was?“, fragte Alexander.
Johanna schüttelte den Kopf.
Johanna war zu verwirrt, um etwas antworten zu können. Was hatte Mörfis Maske zu bedeuten? Wo waren die Zengel?
„Also ciao!“, sagte Alexander.
Johanna nickte nur und ging in die Wohnung.
„Hast du eine Maske?“, fragte Mörfi aufgeregt.
Johanna schüttelte den Kopf. Natürlich hatte sie keine Maske. Was sollte sie damit?
„Wozu, wozu?“, zeterte Mörfi. „Immer diese Frage-Plage! Noch nie was von Schutzmasken gehört?“
Johanna lag die Frage auf den Lippen, wovor sie sich schützen sollte, da kamen ihr die Zengel in den Sinn. Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, dass es gegen Zengel Schutzmasken geben sollte.
„Sehen nützt, sehen schützt“, antwortete Mörfi.
Johanna hatte das Gefühl, es zitierte eine von Mutters
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