Nur einen Kuss, Kate!
dass Phillips von dem Entführungsversuch erfuhr.
“Er war hier”, sagte Jack grimmig. “Er gab sich als Miss Farleighs Cousin aus und wollte sie zu einer Heirat überreden.”
Mr. Phillips schnappte erstaunt nach Luft. Jack sah Francis an. “Du hättest mich nicht daran hindern sollen, dass ich ihn umbringe”, murmelte er.
“Man wird ihn hängen oder deportieren.”
“Falls man ihn erwischt.”
“Keine Angst, man wird ihn fassen”, sagte Mr. Phillips voller Zuversicht.
“Hoffentlich hat er sich nicht zu viel von Miss Farleighs Erbe aneignen können?”, fragte Francis.
“Nein. Das Vermögen ist größtenteils fest angelegt, deshalb kam er an das Geld nicht heran. Außerdem ist es so groß, dass Coles Entnahmen nicht ins Gewicht fallen”, sagte Mr. Phillips, der sich durch den angebotenen Brandy zu einer Indiskretion verleiten ließ.
Jacks Herz sank. Mit so viel Geld war sie auf nichts und niemanden mehr angewiesen und würde nun von ihm fortgehen.
“Ich nehme an, es ist kein Zufall, dass Sie in der Kutsche meiner Großmutter kamen”, sagte er.
“Es war sehr gütig von Ihrer Ladyschaft”, pflichtete Mr. Phillips ihm bei. “Ich soll Miss Farleigh so schnell als möglich nach London bringen. Lady Cahill hat viel mit ihr vor.”
“Kann ich mir denken”, äußerte Jack sauer.
“Vielleicht hat Miss Farleigh nun eigene Pläne und will gar nicht fort”, meinte Francis.
Mr. Phillips war erstaunt. “Sie möchte nicht nach London gehen und Bälle und Gesellschaften besuchen? Warum nicht?”, fragte er mit einem Blick, der dem bescheiden ausgestatteten Raum galt.
“Ja, warum nicht?”, murmelte Jack. “Wenn Sie mich entschuldigen, ich muss hinauf und mein verflixtes Bein behandeln lassen.”
Müde stapfte er hinauf, fast erleichtert, dass seine Behinderung ihm Ablenkung verschaffte. An Kates Tür blieb er stehen. Körperliche Schmerzen hatten doch etwas Gutes. Eine Stunde Massage, eine halbe Flasche Brandy, und er war kuriert.
Diese Mittel halfen jedoch nicht gegen den anderen Schmerz, im Gegenteil, da sowohl die Massage als auch der Brandy unweigerlich die Erinnerung an Kate wachriefen.
Er musste sie gehen lassen. An seiner Seite gab es für sie keine Zukunft. Jetzt, da sie eine reiche Frau war, erst recht nicht mehr. Vorher hätte sie ihn vielleicht genommen, um sich ein Heim und Sicherheit zu verschaffen. Von Liebe zu sprechen hätte er nicht gewagt, doch ein Mädchen, das alles verloren hatte, wäre vielleicht zufrieden gewesen mit der Aussicht auf ein Zuhause und eine Familie.
Das alles spielte keine Rolle mehr. Jetzt konnte sie sich mit einer Heirat Zeit lassen und in London in aller Ruhe ihre Wahl treffen. Um nicht als Mitgiftjäger dazustehen, konnte er sie nicht mehr um ihre Hand bitten und verwünschte ihre Erbschaft samt Mr. Phillips. Wäre der Mann nicht just zu diesem Zeitpunkt aufgetaucht, hätte sie ihm vielleicht schon ihr Jawort gegeben, und er wäre schon am nächsten Tag mit ihr in der Dorfkirche vor den Traualtar getreten.
Er legte sein Ohr an ihre Tür. Nichts. Zögernd riss er sich los und ging zu seinem Zimmer. Auf einem Tisch im Korridor standen Blumen, unscheinbare blaue Blümchen. Er beugte sich darüber. Sie rochen nach Kates Haar. Also musste es Rosmarin sein. Er zog einen Zweig heraus, zerrieb ihn und atmete den Duft ein.
“Carlos!” Zerstreut steckte er den Zweig in sein Hemd.
“Sí, Señor.”
“Hilf mir mit meinem verdammten Bein!”
“Sofort.”
Als Carlos die Treppe hinunterpolterte, um die Massageöle zu wärmen, schlüpfte Jack aus seiner Jacke. Momentan innehaltend, trat er wieder hinaus auf den Gang, um vorsichtig die Vase zu nehmen und sie in sein Zimmer zu tragen.
“Nein, es ist sehr gütig von Lady Cahill, aber für meinen Unterhalt ist jetzt gesorgt und ich brauche nicht nach London zu gehen.”
“Aber Lady Cahill bestand darauf.” Der Anwalt war ratlos. Er hatte alles versucht, hatte ihr von den Lustbarkeiten vorgeschwärmt, die sie erwarteten … vergeblich.
Mr. Phillips warf Mr. Carstairs einen verzweifelten Blick zu. Der Enkel Ihrer Ladyschaft hatte den Wortwechsel spöttisch verfolgt. Gesagt hatte er kein Wort.
Erst als er zu einem neuen Überredungsversuch ansetzen wollte, wurde er von Jack Carstairs unterbrochen.
“Mir reicht dieser Unsinn. Kate, Sie werden ohne Widerrede nach London gehen. Carlos!”, rief er und ging zur Tür.
“Sí
, Major Jack?”
“Sag Martha, sie soll binnen einer Stunde Miss Kates Sachen in
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