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Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still

Titel: Oben ist es still - Bakker, G: Oben ist es still Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerbrand Bakker
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aller Stille beerdigt werden wollte. Jaap war da, Ada und die Jungen (Wim nicht, der hat für den Tod nichts übrig, und außerdem hatte er anderes zu tun, etwas Wichtiges) – und der junge Milchfahrer. »Woher weißt du . . .«, fing ich an, und Ada, die halb hinter ihm stand, deutete mit dem kleinen Finger am Mund und dem Daumen am Ohr einen Telefonhörer an. Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern und hielt den Kopf etwas schief.
    »Verbundenheit, die ist wichtig«, sagte er zu Jaap.
    »Da hast du völlig recht, Junge«, meinte Jaap.
    Ich hatte gar nichts gegen Galtjos Anwesenheit, obwohl mir jetzt der Verdacht kam, daß er aus Gewohnheit jede Gelegenheit wahrnahm, eine Beerdigung zu besuchen. Was doch irgendwie krankhaft ist. Wiederlag eine weiße Platte, Hartfaser vermutlich, auf dem Boden der Grube, der nicht der Boden war. Es dauerte nicht lange, niemand hielt eine Ansprache. Die Sonne schien, und die Temperatur war normal für Ende April. Ich warf Erde in die Grube. Nicht eine Handvoll, sondern eine Schaufel. Weil ich das schön finde bei einer Beerdigung. Das bißchen Erde, das in eine Hand paßt – und verweht, bevor es auf den Sarg fällt –, ist für mich kein richtiger Abschluß. Nur Ronald machte es mir nach.
    »Wie gefällt dir die neue Milchfahrerin?« fragte Galtjo später, als wir in der Küche saßen. Ada hatte Kaffee gemacht, und ich hatte beim Bäcker in Monnickendam Schlößchen gekauft. Alles zu Vaters Ehren. Für die Männer war auch Genever da. Teun und Ronald tranken irgend etwas Sprudelndes.
    »Ihr Mundwerk ist mir ein bißchen zu grob«, antwortete ich.
    »Ja«, sagte er lächelnd wie immer, »das hab ich schon öfter gehört.« Sein Lächeln rührte mich nicht mehr.
    »Und ihr seid auch Landwirte?« fragte Jaap Teun und Ronald.
    »Unser Vater ist einer«, verbesserte Teun.

    Was mich überraschte, war die Menge der Karten, die Tag für Tag in meinem grünen Briefkasten an der Straße lagen, nachdem die Todesanzeige in der Zeitung gewesen war. Dutzende von Karten. Vom Viehhändler, der zwei Tage nach der Beerdigung aus Neuseeland zurückgekehrt war. Sogar von Klaas van Baalen, dem Bauern, der laut Ada in meinem Alter ist und dessen Schafe man abgeholt hat, weil er sie vernachlässigt hatte. Von den Eltern von Jarno Koper und der Witwe des alten Milchfahrers. Und natürlich von allerlei entferntenVerwandten, von Onkeln und Tanten, die keine sind, und Vettern und Kusinen zweiten oder dritten Grades, die alle nicht van Wonderen heißen und die ich nicht kenne.
    Ich hatte Riet und Henk extra eine Trauerkarte geschickt, weil sie im fernen Brabant natürlich nicht unsere Zeitung lesen. Riet hat sich nicht gemeldet, obwohl ich gerade von ihr eine – wenn auch vielleicht nicht besonders herzliche – Antwort erwartet hatte. Es würde mich nicht wundern, wenn ich nie wieder von ihr höre. Aber von Henk bekam ich eine Karte. Ich wußte es schon , schrieb er. Und es tut mir leid, er war ein netter Mann. Ich fahre jetzt mit seinem Rad. Das habe ich mitgenommen, weil ich es nicht abschließen konnte und es sonst gestohlen worden wäre. Ich denke also manchmal an ihn. Grüße, Henk . Über die Karte, die er ausgesucht hatte, mußte ich schmunzeln. Ein Turm aus Tieren: ein Esel, ein Hund, eine Katze und ein Hahn. »Ach, wie süß«, sagte Ada. »Das sind die Bremer Stadtmusikanten. Ein Märchen der Brüder Grimm.« Vor allem der Esel gefiel mir. Henk hatte nicht einfach eine beliebige Karte genommen. Glaube ich.

    Vor zwei Wochen bin ich sechsundfünfzig geworden. In Deutschland. Er wollte über den Abschlußdamm fahren, ich über die neuen Polder. Weil der Opel Kadett bestimmt nicht bis Dänemark durchgehalten, sondern nach der halben Strecke den Geist aufgegeben hätte, fuhren wir mit seinem Wagen, also über den Abschlußdamm. Schon auf dem Damm, beim Monument – wir waren gerade mal eine Stunde unterwegs –, hielt er an. Wir rauchten beide eine Halfzware Van Nelle und blickten aufs Wattenmeer hinaus. Dann fuhren wir zu seinem Haus in einem kleinen Dorf nördlich von Leeuwarden. Er zeigte mir den kleinen Schuppen, in dem er ûleboerden anfertigt, friesische First- und Giebelverzierungen aus Holz, die er auch im weiteren Umkreis verkauft, nur über Mundpropaganda. »Was glaubst du, wovon ich mir meinen Genever leisten kann?« fragte er, während er unsere Gläser füllte. »Von meiner Rente?« Er führte mich auch zu der Stelle, an der sein Hund begraben liegt. In einem Winkel hinten im

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