Oblomow
für Einfälle sind! Frauen dazunehmen! Geh in dein Zimmer!« sagte Ilja Iljitsch.
Er bereute schon, mit Sachar dieses Gespräch angefangen zu haben. Er vergaß immer, daß man bei der geringsten Berührung dieses zarten Gegenstandes in endlose Scherereien hineingeriet. Oblomow war ja für die Reinlichkeit; doch er wünschte, daß es unmerklich, von selbst geschehen solle; Sachar fing aber immer eine lange Diskussion an, sobald man von ihm verlangte, er solle den Staub ausfegen und die Fußböden waschen und so weiter. Er bewies in solchen Fällen die Notwendigkeit eines großen Rummels im Hause, da er sehr gut wußte, daß der bloße Gedanke daran seinem Herrn Entsetzen verursachte.
Sachar ging, und Oblomow versenkte sich in seine Gedanken. Nach ein paar Minuten schlug es wieder halb.
»Was ist das?« sagte Ilja Iljitsch erschrocken, »es ist gleich elf Uhr, und ich bin noch nicht aufgestanden und habe mich noch immer nicht gewaschen? Sachar, Sachar!«
»Ach du mein Gott l Was denn!« tönte es im Vorzimmer, und dann folgte der bekannte Sprung.
»Ist alles zum Waschen bereit?« fragte Oblomow.
»Schon längst!« antwortete Sachar. »Warum stehen Sie nicht auf?«
»Warum sagst du denn nicht, daß alles vorbereitet ist? Ich wäre schon längst aufgestanden. Geh, ich komme gleich nach. Ich habe zu tun, ich muß schreiben.«
Sachar ging hinaus, kam aber nach einer Weile mit einem ganz beschriebenen und fettigen Heft und mit ebensolchen Papierfetzen zurück.
»Da, wenn Sie schreiben werden, haben Sie die Güte, bei der Gelegenheit auch die Rechnungen durchzusehen; sie müssen bezahlt werden.«
»Was für Rechnungen? Was muß bezahlt werden?« fragte Ilja Iljitsch unzufrieden.
»Vom Fleischer, vom Gemüsehändler, von der Wäscherin, vom Bäcker; alle bitten um Geld.«
»Man hat immer Geldsorgen!« brummte Ilja Iljitsch.
»Warum gibst du mir denn die Rechnungen nicht allmählich, sondern alle auf einmal?«
»Sie haben mich ja immer damit fortgejagt: Ich sollte nur morgen kommen ...«
»Nun, und kann man es denn nicht auch jetzt auf morgen verschieben?«
»Nein! Sie bestehen darauf und geben nichts mehr auf Borg. Heute ist der Erste.«
»Ach!« sagte Oblomow niedergeschlagen, »neue Sorgen! Nun, was stehst du da? Leg's auf den Tisch. Ich werde gleich aufstehen, mich waschen und sie durchsehen. Es ist also alles zum Waschen vorbereitet?«
»Ja!«
»Nun, und jetzt ...«
Er begann sich ächzend auf dem Bette aufzurichten, um aufzustehen.
»Ich habe vergessen, Ihnen zu sagen«, begann Sachar, »vorhin, als Sie noch geschlafen haben, hat der Verwalter den Hausbesorger geschickt. Er sagt, daß wir durchaus ausziehen müssen ... Die Wohnung ist vergeben.«
»Nun also! Wenn sie vergeben ist, werden wir natürlich ausziehen. Warum läßt du mir keine Ruhe? Du sprichst nun schon das dritte Mal davon.«
»Man läßt auch mir keine Ruhe.«
»Sag, daß wir die Wohnung räumen werden.«
»Sie sagen, Sie haben es schon vor einem Monat versprochen, räumen aber noch immer nicht die Wohnung; sie sagen: ›Wir werden es der Polizei anzeigen.‹«
»Sollen sie's anzeigen!« sagte Oblomow entschlossen; »wir räumen die Wohnung von selbst, wenn es wärmer wird, so in drei Wochen.«
»Wieso in drei Wochen! Der Verwalter sagt, daß in zwei Wochen die Arbeiter kommen und alles niederreißen ... Er sagt: ›Ziehen Sie morgen aus oder übermorgen ...‹«
»Aber das ist zu schnell, morgen! Was ihnen alles einfällt; vielleicht werden sie es sofort befehlen! Untersteh dich nicht, mich an die Wohnung zu erinnern. Ich hab' es dir schon einmal verboten, und du fängst wieder an. Nimm dich in acht.«
»Was soll ich denn tun?« erwiderte Sachar.
»Was du tun sollst? Solche Ausreden gebrauchst du!« antwortete Ilja Iljitsch. »Das fragst du mich! Was geht das mich an? Komm mir nicht damit, sondern richte alles, wie du willst, so ein, daß wir nur nicht auszuziehen brauchen. Kannst du das denn nicht für deinen Herrn tun!«
»Wie soll ich's denn einrichten, Väterchen, Ilja Iljitsch?« begann Sachar mit sanfterem Krächzen, »das Haus gehört ja nicht mir, wie sollte man denn nicht aus einem fremden Hause ausziehen, wenn man fortgejagt wird? Wenn es mein Haus wäre, würde ich mit dem größten Vergnügen ...«
»Kann man sie denn nicht irgendwie überreden? Du weist darauf hin, daß wir schon lange hier wohnen und pünktlich zahlen.«
»Das habe ich schon probiert«, sagte Sachar.
»Was haben sie denn
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