Oblomow
Sekretär aus Mahagoniholz und ein schöner Wandschirm mit gestickten, in der Natur nirgends vorkommenden Vögeln und Früchten. Auch gab es darin seidene Vorhänge, Teppiche, ein paar Bilder, Bronzen, Porzellan und eine Menge hübscher Kleinigkeiten. Doch hätte das erfahrene Auge eines Menschen von Geschmack auf den ersten flüchtigen Blick aus alledem nur den Wunsch herausgelesen, den unvermeidlichen Anstand, so gut es eben ging, zu wahren. Oblomow war bei der Einrichtung seines Arbeitszimmers sicherlich nur von dieser Absicht geleitet worden. Ein verfeinerter Geschmack hätte sich nicht mit solchen schweren, ungraziösen Mahagonisesseln und wackligen Etageren begnügt. Die Lehne des einen Sofas hatte sich gesenkt, und das aufgeklebte Holz stand stellenweise davon ab.
Die Bilder, Vasen und Kleinigkeiten trugen denselben Charakter.
Doch der Eigentümer selbst betrachtete die Einrichtung seines Arbeitszimmers so kalt und zerstreut, als fragte er mit den Augen: »Wer hat das alles hergeschleppt und hineingestellt?« Auf dieses kühle Verhalten Oblomows seinem Eigentum gegenüber und vielleicht auch auf das noch kühlere Verhalten seines Dieners Sachar demselben Gegenstand gegenüber war es zurückzuführen, daß der Zustand des Arbeitszimmers bei genauerer Untersuchung durch die darin herrschende Nachlässigkeit und Verwahrlosung verblüffte. Auf den Wänden, bei den Bildern hing staubiges Spinngewebe in Form von Gewinden; statt die Gegenstände wiederzugeben, mochten die Spiegel eher als Tafeln dienen, auf deren Staub man irgendwelche Notizen aufzeichnen konnte. Die Teppiche waren fleckig. Auf dem Sofa lag ein vergessenes Handtuch; es kam selten vor, daß auf dem Tisch nicht ein Teller mit einem Salzfasse und einem abgenagten Knochen von dem letzten Abendbrot zurückgeblieben war und keine Brotkrumen herumlagen. Wäre dieser Teller und die am Bett lehnende, soeben zu Ende gerauchte Pfeife oder deren im Bett liegender Eigentümer nicht gewesen, so konnte man glauben, es wohne hier niemand – so verstaubt, verblichen und über haupt so ohne jede lebendige Spur einer menschlichen Anwesenheit war alles. Auf den Etageren lagen zwar zwei, drei aufgeschlagene Bücher, hier trieb sich eine Zeitung herum, und dort auf dem Sekretär stand auch ein Tintenfaß mit Federn; aber die geöffneten Seiten der Bücher waren staubig und vergilbt; man sah, daß sie schon lange fortgeworfen waren; die Zeitung wies ein vorjähriges Datum auf, und wenn man die Feder ins Tintenfaß gesteckt hätte, so wären höchstens erschrockene, summende Fliegen herausgeschwirrt.
Ilja Iljitsch wachte gegen seine Gewohnheit sehr früh, um acht Uhr, auf. Er war durch irgend etwas sehr in Anspruch genommen. Auf seinem Gesicht drückten sich abwechselnd bald Angst, bald Traurigkeit, bald Ärger aus. Man sah, daß in seinem Innern sich ein Kampf abspielte und daß der Verstand ihm noch nicht zu Hilfe gekommen war.
Oblomow hatte nämlich am vorhergehenden Tage einen unangenehmen Brief von seinem Dorfschulzen erhalten. Man kann sich denken, von was für Unannehmlichkeiten ein Dorfschulze schreiben kann: von Mißernte, Zahlungsrückständen, Verringerungen der Einnahmen usw. Obwohl der Dorfschulze im vorigen und vorvorigen Jahre seinem Herrn genau ebensolche Briefe geschrieben hatte, wirkte dieser letzte Brief ebenso stark wie jede unangenehme Überraschung.
War es denn auch etwas Leichtes? Galt es doch, über die Wege zur Anwendung irgendwelcher Maßregeln nachzudenken. Übrigens muß man der Aufmerksamkeit, die Ilja Iljitsch seinen Geschäften entgegenbrachte, Gerechtigkeit widerfahren lassen. Er hatte unmittelbar nach dem ersten unangenehmen Brief seines Dorfschulzen vor ein paar Jahren damit begonnen, im Geiste den Plan verschiedener Änderungen und Verbesserungen in der Verwaltung seines Gutes auszuarbeiten. In diesem Plane wurden verschiedene neue ökonomische, polizeiliche und noch andere Maßregeln in Aussicht gestellt. Doch der Plan war noch lange nicht ganz ausgearbeitet, und die unangenehmen Briefe des Dorfschulzen wiederholten sich alljährlich, trieben ihn zur Tätigkeit an und störten folglich seine Ruhe. Oblomow erkannte die Notwendigkeit, etwas Entscheidendes zu beginnen.
Er hatte sich gleich beim Erwachen vorgenommen, aufzustehen, sich zu waschen und, nachdem er Tee getrunken haben würde, gründlich nachzudenken, manches in Erwägung zu ziehen, zu notieren, sich überhaupt der Sache ganz zu widmen. Er lag eine halbe Stunde lang da und
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