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Öl auf Wasser - Roman

Öl auf Wasser - Roman

Titel: Öl auf Wasser - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Schmuddelkinder mit Rufen und neugierigen Blicken. Wir ließen das Boot in der Obhut des Jungen zurück und machten uns auf den Weg zu den rostroten Dächern, aus denen dieses winzige Uferdorf bestand. Nach wenigen Minuten sprang der Junge aus dem Boot und schloss sich den Kindern an, die einen alten, geflickten Lederball über den Sand kickten. Der Alte führte uns eine breite Straße entlang, die das Dorf in zwei Hälften teilte. Auf jeder Seite standen Häuser, die wie Schachteln aussahen und mit irgendwie spöttischem Grinsen auf die Hauptstraße herunterschauten. Die Häuser glichen eher den Bäumen und dem Wald hinter ihnen als einer menschlichen Siedlung. Frauen und Kinder starrten uns neugierig an, doch sobald wir winkten oder ihnen einen Gruß zuriefen, schlossen sie schnell die Türen oder wandten sich einer Arbeit zu. Wir standen jetzt vor einigen offenen Verschlägen und Hütten und Buden, die durch enge Durchgänge voneinander getrennt wurden. Alle vorstellbaren Waren sah man dort ausgestellt – von Badeseife und Reinigungsmitteln bis zu Ölsardinenbüchsen, die sich neben Milchtüten und Kekspackungen zusammendrängten; in Regalen und unter Tischen standen Kästen mit Coca Cola und Fanta; es gab getragene Kleidung, Radiobatterien, Plastikspielzeug und sogar Dachpappennägel in aufgebrochenen Packungen zu kaufen. Inmitten dieser Verschläge standen Frauen mit speckigen Schürzen um die Hüften, die mit Maßkellen und lauten Stimmen
Garri
aus Eisenschalen in die Plastiktüten schaufelten, die ihnen die Kunden hinhielten. Dieser Teil des Dorfes war so anders als der, durch den wir gerade gekommen waren, dass ich mich fragte, ob wir noch im selben Dorf waren. Die Frauen riefen uns grüßend zu, als wir vorübergingen und zeigten auf ihre Waren, um uns heran zu locken. Der letzte Stand in der Reihe gehörte einem Grobschmied.
    »Is Laden von mein Freund Karibi.«
    Der Alte ging hinein. In einem Winkel des Verschlags standen vier Männer beieinander und unterhielten sich leise. In der Mitte hockte ein junger Mann vor einer Feuerstelle voll glühenden Metalls, der kurz zu uns aufblickte und sich sofort wieder seiner Arbeit zuwandte. Die Männer hörten auf zu reden, und einer schüttelte dem Alten die Hand; die anderen nickten ihm grüßend zu und drehten sich dann mit ernsten Gesichtern zu uns um. Der Alte sprach eine Weile mit dem Mann, während die anderen zuhörten und ab und zu eine Bemerkung einwarfen. In ihren Gesichtern und Gesten war tiefste Verblüffung zu lesen. Kurz darauf gesellte sich der Alte mit besorgtem Blick wieder zu uns.
    »Ist das Ihr Freund?«
    »Ja. Sagt, wir müssen fort. Können nich bleiben.«
    »Wir sind aber gerade erst angekommen. Stimmt etwas nicht?«
    »Ja. Haben gehört, Soldaten kommen heute her. Wollen ihn holen.«
    »Weswegen holen?«
    Der Alte zuckte die Achseln und drehte sich zu den Männern im Verschlag um.
    »Sagen, er hilft Rebellen.«
    »Und warum versteckt er sich nicht?«
    »Sagt, is unschuldig, deshalb rennt nich weg. Nirgendwohin. Karibi is wichtig Mann in Dorf. Is sehr stolz Mann.«
    Wir standen da und wussten nicht recht, was tun. Ich sah Zaq an. Hier würde sich ganz offensichtlich ein Ereignis mit Nachrichtenwert entfalten, und vielleicht sollte ich lieber, statt zu verschwinden, meinen Fotoapparat bereithalten und den Mann um einige Hintergrundinformationen bitten? Doch bevor sich dieser Gedanke in Taten umsetzen ließ, überschlugen sich die Ereignisse bereits. Lärm wie von stampfenden Füßen, Staub wirbelte hoch und senkte sich auf die engen Durchgänge und Stände und Verschläge, Menschen eilten durch die Durchlässe, rissen in ihrer Hast Tische und ganze Verkaufsstände um. Dann war ein Gewehrschuss zu hören. Einen Augenblick lang stand alles still. Als ich mich umdrehte, um den Alten zu fragen, was los sei, stand plötzlich eine verschreckte Marktfrau vor mir, die Augen blind vor Angst. Im nächsten Augenblick lag ich flach auf dem Rücken, und ihre beträchtliche Masse presste mich auf den staubigen Boden, dann war sie wieder auf den Beinen und lief fort, wendig, fast fliegend. Noch lange danach erinnerte ich mich an ihren Marktgeruch und ihre blicklosen Augen über meinen, und an das Stöhnen, verängstigte Laute, die ständig aus ihrer Kehle drangen, Geräusche, von denen sie gar nicht wusste, dass sie sie erzeugte. »Sie sind da! Die Soldaten sind da!«
    Sie tauchten aus Verschlägen und Häusern und Durchgängen auf, schwangen Peitschen und

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