Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Oh, diese Verwandschaft!

Oh, diese Verwandschaft!

Titel: Oh, diese Verwandschaft! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
zögerte er, sah sie wie ein kleiner Junge an und fragte: »Ist es wohl schlimm, wenn ich Tim mit nach oben nehme? Er ist so selig, daß er mich wieder hier hat, und« — plötzlich kam ihm ein Gedanke — »er könnte mit Toss raufen, wenn ich ihn hier unten lasse.«
    »Natürlich. Jetzt, wo du wieder daheim bist, kannst du ihn stets mit in dein Zimmer nehmen. Er ist sauber und hat noch nie einen Floh gehabt — das ist mehr, als ich von Toss behaupten kann, der bestimmt in Christines Zimmer schläft. Derek stört Tim überhaupt nicht. Er hat ihn gern, und ich auch. Er kann neben deinem Bett schlafen.« Dabei dachte sie: Wenn man jung und unglücklich ist, gibt es keinen besseren Trost, als den Kopf eines Hundes zu fühlen, wenn man nicht schlafen kann.
    Hugh ging, und später stellte Laura fest, daß er sein wertvolles Transistor-Gerät unten vergessen hatte. Es war noch ziemlich früh, und da sie Licht unter seiner Tür sah, klopfte sie an und trat ein. Hugh lag auf seinem Bett. Er war noch angezogen; er las nicht, sondern starrte vollkommen reglos zur Decke. Lauras Herz zog sich zusammen, als sie ihn so traurig sah. Sie blickte zur Seite und sagte schnell: »Hier ist dein Radio. Du brauchst es vielleicht morgen früh.« Dann bemerkte sie Tim; er saß da und winselte leise, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie meinte: »Der ist schrecklich aufgeregt, weil du wieder da bist«, und legte ihre Hand liebevoll auf den Kopf des Hundes.
    Tims Kopf war feucht, und Laura sah im Geist, wie der Junge, ehe sie ins Zimmer kam, seinen Schmerz mit seinem Freund geteilt hatte. Mit dem besten Freund, der nie etwas weitererzählen würde. Sie sagte nochmals gute Nacht, schloß leise die Tür und entfernte sich; dabei spürte sie, wie ihr selbst die Tränen kamen. Sie sah das junge Gesicht vor sich, wie es sich über Annes geliebtes Haupt beugte. Dann schweiften ihre Gedanken zu Christine, die soviel redete und erfüllt war von ihren eingebildeten Kümmernissen. Ärgerlich überlegte sie, daß sich die junge Frau mit keinem Wort nach Hughs Erlebnissen erkundigt hatte. Dabei war es ein so entscheidender Tag für ihn gewesen!
    Wahrhaftig, dachte sie zornig, die »Waisenkinder« sind doch grundverschiedene Charaktere!
     
     

5
     
    Laura gähnte zum viertenmal und sagte: »Zeit zum Schlafen, Chris. Wir wollen die Tiere versorgen. Das braucht noch eine Weile.«
    So war es auch; aber schließlich waren sie alle in dem großen Gastzimmer gut aufgehoben: die Katzen in ihren Körben, die Vögel in ihren Käfigen. Toss hatte die unangenehme Eigenschaft, die ganze Nacht durch das Haus zu wandern; man durfte ihn nicht einschließen, denn »dann bekommt der arme Kerl Klaustrophobie und bellt unaufhörlich«. Also lag er auf dem Bettvorleger und schielte mißtrauisch zu Cuthbert hinüber, der es sich auf der Querstange des Bettes bequem gemacht hatte.
    Inzwischen war es elf Uhr geworden. Den ganzen Abend hatte Laura auf einen Anruf von Guy gewartet, und sie war überzeugt, daß auch Christine ihn erwartet hatte. Aber der Anruf war nicht gekommen, und sie geriet in Unruhe. Seine sklavische Ergebenheit war doch nicht etwa im Schwinden? Sorge und Müdigkeit verdarben ihr die Laune. Schließlich tauchte Derek aus seinem Büro auf, wo er den Abend verbracht hatte. »Eine ganze Stunde bin ich den elenden Viechern nachgerannt«, sagte sie ärgerlich. »Und Guy hat nicht angerufen.«
    »Das zeugt von seinem Stolz. Ich hoffe, Chris ist dir wenigstens dankbar.«
    »Kein >Waisenkind< ist jemals dankbar, außer Hugh, und der zählt nicht. Sie sagte nur, es sei schön, wieder daheim zu sein.«
    Laura ging nach oben. Der Ausbruch hatte sie erleichtert. Entspannt lag sie in der Badewanne, als das Telefon klingelte. Sie wartete, in der Hoffnung, daß jemand an den Apparat ginge; aber vergebens. Hugh war wohl eingeschlafen, und Chris war es bestimmt zu mühsam. Wenigstens Derek könnte doch ans Telefon gehen! Es war schon großartig, wie er es fertigbrachte, sich von den »Waisenkindern« zu distanzieren, dachte sie, als sie schließlich aus der Wanne stieg, ein Badetuch umnahm und hinunterging.
    Natürlich war es Guy. Er war sehr aufgeregt. Ob Chris da wäre? »Gott sei Dank«, sagte er überflüssigerweise.
    Laura zog das Badetuch fester um sich und fragte verdrießlich: »Wo soll sie denn sonst sein? Sie ist im Bett, und die anderen auch. Wo bist du denn?«
    »Zu Hause. Ich bin gerade heimgekommen. Ich hatte noch eine wichtige Sitzung, rief aber

Weitere Kostenlose Bücher