Oh, Mandy
Mandy ist vor einer Stunde losgeritten, um nach ihm zu suchen.”
„Ich brauche ein Pferd.”
Sam hoffte, dass Mandy ihr vergeben würde. „Du kannst meins nehmen. Die erste Box auf der linken Seite. Mandy ist in Richtung Circle-Bar-Ranch unterwegs.”
Jesse wirbelte herum, rief aber über die Schulter zurück: „Danke, Sam. Du hast etwas gut bei mir.”
Innerhalb weniger Minuten hatte Jesse Sams Pferd gesattelt und galoppierte über die Wiesen.
Nur der Mond und die Sterne erhellten seinen Weg. Mandy hatte eine Stunde Vorsprung, doch er war entschlossen, sie einzuholen, bevor sie Jaime fand. Er wollte da sein, wenn sie ihn fanden, und sie würden ihn finden. Eine andere Möglichkeit wollte er gar nicht in Betracht ziehen.
Er ritt und ritt, und schaute sich um und lauschte, während die Angst um seinen Sohn mit jeder Minute wuchs. Plötzlich vernahm er ein gedämpftes Geräusch, und sofort hielt er sein Pferd an. Er stellte sich in den Steigbügeln auf und lauschte.
„Jaime!”
Mandys Stimme, die vor ihm erklang, brachte ihn dazu, seinem Pferd die Sporen zu geben und weiterzureiten, ohne auf die Zweige zu achten, die seine Arme und sein Gesicht zerkratzten.
Endlich sah er sie auf einem Felsvorsprung stehen, während ihr Pferd nicht weit entfernt angebunden war.
„Mandy!” rief er. „Mandy!”
Der Mondschein erhellte sie, als Mandy sich herumdrehte und Jesse anstarrte. Ihr niedergeschlagener Blick schnitt ihm ins Herz. Er zügelte sein Pferd und schwang sich aus dem Sattel.
„Ich kann ihn nicht finden”, murmelte sie unglücklich. „Ich habe überall nachgeschaut. An den Stellen, wo er manchmal zeltet, an allen seinen bevorzugten Angelplätze.”
„Oh, Mandy.” Jesse zog sie in seine Arme. „Wir werden ihn finden. Ich verspreche dir, wir finden ihn.”
„Es ist so dunkel”, schluchzte sie und klammerte sich an ihn. „Was ist, wenn er verletzt ist?”
„Jaime ist kein Greenhorn mehr, Mandy. Er weiß, wie er sich in der Wildnis verhalten muss.”
„Aber wo ist er?” rief sie.
„Hast du auch auf der Circle-Bar-Ranch gesucht?”
Mandy machte sich frei und schaute Jesse mit großen Augen an. „Nein, er würde niemals
…”
Jesse nahm ihre Hand und führte Mandy zu den Pferden. „Es gibt da eine Höhle”, sagte er, während er vorsichtig mit ihr über den steinigen Weg ging. „Als ich klein war, habe ich mich dort auch versteckt. So wie ich Jaime kenne, hat er diese Höhle schon längst entdeckt.”
Sie stiegen wieder auf und ritten in Richtung Circle-Bar-Ranch. Es kam Mandy ewig vor, bis Jesse stoppte und die Hand hob. Er rutschte aus dem Sattel und wandte sich an Mandy.
„Den Rest des Weges gehen wir besser zu Fuß. Es ist zu gefährlich auf diesem Stück zu reiten.”
Nachdem sie die Pferde an einen Baum gebunden hatten, nahm Jesse Mandy wieder bei der Hand und zog sie hinter sich her. Plötzlich blieb er stehen, und Mandy prallte auf ihn.
„Was ist?” fragte sie ängstlich.
Jesse presste einen Finger auf ihre Lippen und zeigte zu Jaimes Pferd, das vor ihnen graste.
„Er ist hier”, flüsterte er und verstärkte den Griff um ihre Hand.
Eine Zeder verbarg den Eingang der Höhle, aber Jesse kannte das Versteck. Er schob die Zweige zur Seite und hielt sie zurück, damit Mandy vor ihm hineingehen konnte.
„Ich kann nichts sehen”, flüsterte sie.
Jesse ging an ihr vorbei. „Hier. Ich habe ein Feuerzeug.”
Er zündete es an, und eine kleine Flamme leuchtete auf. Jesse machte einen Schritt, dann noch einen, Mandy war direkt hinter ihm. Er blieb stehen. Im Schein des Feuerzeuges sah er Jaime in seinem Schlafsack liegen. Aufseufzend lief Mandy an ihm vorbei, während Jesse sich bückte, um die Petroleumlampe anzuzünden, die Jaime neben die Schlafstelle gestellt hatte.
„Jaime”, murmelte Mandy und ließ sich neben ihrem Sohn auf die Knie fallen. „Oh, Jaime.”
Er hob blinzelnd den Kopf. „Mum?” fragte er schlaftrunken.
„Ja, Jaime. Ich bin es.” Sie strich ihm über die Wange, als wollte sie sich vergewissern, dass er unverletzt war. „Oh, Liebling, warum bist du weggelaufen?”
Jaime setzte sich auf und entzog sich ihrer Berührung. „Du hast mich angelogen. Du hast gesagt, mein Vater sei tot.”
Bedauern erfasste Mandy, als ihr klar wurde, dass er ihre Unterhaltung mit Jesse tatsächlich belauscht hatte. „Ja, Jaime”, gab sie zu. „ Ich habe gelogen. Aber nicht um dir wehzutun, sondern um dich zu beschützen.”
Jesse kam näher, nicht
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