Oh Schreck, die Miesbachs kommen
kümmern?«
Polly rang sich ein schiefes Lächeln ab.
»Prima!«, freute sich Frau Lammbein. »Also, Conrad und Eduard, dann setzt euch mal an den freien Tisch dort hinten. Und wir beginnen das Schuljahr wie immer mit einem Aufsatz zum Thema ›Mein schönstes Ferienerlebnis‹. Holt eure Hefte raus – und los geht’s!«
Der erste Schultag war für Polly und Pit nicht annähernd so schön wie der letzte im alten Schuljahr. Und das lag im Wesentlichen an Conrad und Eduard Miesbach. Die Brüder waren nervtötende Streber und Besserwisser. Und nach Schulschluss wurde es noch schlimmer …
»Ich hoffe, wir werden zu eurer Hochzeit eingeladen«, säuselte Conrad an der Bushaltestelle Polly und Pit zu. Er stupste seinen kleineren Bruder mit dem Ellbogen an und beide lachten.
»Würden wir ja gerne …«, antwortete Polly betont höflich.
»Aber wie ich vorhin zu meinem großen Bedauern feststellen musste, würdet ihr unser Festessen ja sowieso nicht mögen – gebratene Ratten in Schneckenschleimsoße!«
»Du solltest die zwei einfach links liegen lassen«, meinte Pit.
»Irgendwann wird denen schon langweilig von ihren eigenen blöden Sprüchen.«
»Ich denke gar nicht daran!«, fauchte Polly die beiden an.
»Mit euch werd ich schon fertig!«
Conrad und Eduard grinsten. »Wenn ihr verheiratet seid«, stichelte Conrad weiter, »lebt ihr dann gemeinsam in diesem schwarzen verbeulten Wohnwagen, der da auf eurem Schrottplatz … äh, ich meine natürlich in eurem
Garten
steht?«
In Pollys Augen blitzte es gefährlich und sie ging einen Schritt auf die Brüder zu.
»He, Polly!« Pit hielt sie am Arm zurück. »Das wollen die doch nur. Hör einfach nicht hin.«
»Oh, die Prinzessin der Disteln und Ratten hat einen heldenhaften Beschützer!«, spottete Eduard. »Mir wird angst und bange.« Er hielt sich schützend die Hände vors Gesicht und zog den Kopf ein. Conrad lachte laut.
Pit biss sich auf die Unterlippe und verkniff sich eine Antwort.
Zu Hause knallte Polly ihren Rucksack in eine Ecke ihres Zimmers und trat vor Wut etwas zu fest gegen das Tischbein. »Autsch!«, rief sie. »Alles wegen dieser beiden Volltrottel. Die können mich mal!«
»Aber die wollen doch nur, dass wir uns ärgern«, sagte Pit und setzte sich auf Pollys Bett.
»Und das ist ihnen auch gelungen!«, keifte Polly. »Zumindest was mich betrifft.«
»Ich ärgere mich doch auch«, gab Pit zu. »Trotzdem glaube ich, dass es besser ist, nicht darauf zu reagieren.«
»Prinzessin der Disteln und Ratten!«, äffte Polly Eduard nach.
»Das soll ich einfach überhören?«
Plötzlich flog die Tür auf und Pampe und Palme polterten ins Zimmer.
»Anklopfen!«, fauchte Polly giftig.
»Oh, Verzeihung!«, sagte Pampe. »Aber so wie du hier rumschreist, dachten wir, es sei etwas passiert.«
»Und ob etwas passiert ist!« Polly setzte sich auf den Tisch und stellte wütend ihre Füße auf den Schreibtischstuhl. Dann erzählte sie den Zwillingen von ihren Erlebnissen mit den Miesbach-Brüdern.
»Puh!«, machte Palme. »Das schreit ja geradezu nach Zauberei!«
»Findest du?«, fragte Pit. »Also, ich höre nichts!«
»Pit, jetzt mach aber mal halblang!« Polly kniff die Augen zusammen. »Wir hatten ausgemacht, dass wir immer dann zaubern, wenn ein Notfall eintritt.« Sie verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Und das
ist
ein Notfall!«
»Ach, die beiden verwöhnten Heinis spielen sich doch nur auf, um sich gegenseitig zu beweisen, wie toll sie sind.«
»Wir können ja mal in den Magia-Büchern nachschauen«, schlug Pampe vor. »Vielleicht findet sich zufällig ein harmloser, kleiner Zauber, der …«
»Familienrat!«, tönte es plötzlich von unten zu ihnen herauf.
»Wir treffen uns alle sofort im Wohnzimmer!«
»Nanu! Was will unser alter Herr denn wohl mit uns besprechen?«, staunte Palme. »Das gab’s ja schon ewig nicht mehr.«
»Ich warte hier und fang schon mal mit den Hausaufgaben an«, sagte Pit.
»Quatsch!«, erwiderte Polly. »Du gehörst doch schon so gut wie zur Familie.«
Pit lächelte verlegen und wurde puterrot.
Im Salon stand Patrizius Rottentodd ungeduldig an einem der verschmutzten Fenster, während seine Gemahlin Prospera an einem kleinen, wackligen Tischchen saß und sich die Fingernägel lackierte. Ihr Cousin Debilius saß breitbeinig auf dem vergammelten Sofa und kämpfte gegen die Müdigkeit an. Er war erst vor Kurzem zu ihnen gezogen und verbrachte die meiste Zeit des Tages schlafend in seinem
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