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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Beitrag seines Freundes brutal ab. Schließlich wusste er nur allzu gut, wie sehr der Gerichtsmediziner zu weit ausschweifenden Fachvorträgen neigte.
    Dr. Schönthaler akzeptierte kommentarlos Tannenbergs Intervention. „Ja, habt ihr immer noch nicht seine Identität geklärt?“
    „Nein, wie denn auch? Er war ja splitterfasernackt. Nirgendwo Papiere oder wenigstens seine Kleider oder Schuhe. Nix. Nicht der geringste Anhaltspunkt. Eine Vermisstenmeldung gibt’s bis jetzt auch keine. Und der Abgleich seiner Fingerabdrücke mit unseren Datenbanken, die der Mertel durchgeführt hat, brachte auch kein Ergebnis. – Sonst hast du nichts für mich? Keine anderen Besonderheiten?“
    „Doch.“ Der Rechtsmediziner nahm die Mappe mit den Fotos in die Hände und öffnete sie. Nachdem er gefunden hatte, was er suchte, schob er den aufgeschlagenen Ordner wieder zurück zu Tannenberg. „Nun schau halt mal hin. Es ist kein schlimmer Anblick. Das Stück Fleisch, das du sehen wirst, ist nur sein rechtes Hinterteil. Sieht nicht viel anders aus als ein roher Schweineschinken.“
    Äußerst unwillig befahl der Kriminalbeamte seinen Augen einen vorsichtigen Spähangriff auf das ihnen dargebotene Bildmaterial. Dr. Schönthaler hatte Recht gehabt: Es waren zwei Fotos, auf denen jeweils aus einer anderen Perspektive in Großaufnahme eine auffällige Tätowierung abgelichtet war. Kein Blut oder sonstige unappetitlichen Dinge.
    „Und was ist das, Rainer? Hast du irgendeine Idee, was das sein könnte?“
    „Sieht irgendwie nach einem Wappen aus – find ich jedenfalls.“
    „Vielleicht. Hast du sonst noch was?“
    „Ja, kann man wohl sagen.“
    „Und was?“
    Wie bei einem spontanen Stoßgebet schlug der Gerichtsmediziner seine Hände mit einem leisen Knallgeräusch vor den Kopf, berührte kurz mit einigen Fingerknöcheln die Lippen, trennte anschließend die beiden Hände wieder voneinander und ließ sie langsam auf die Schreibtischplatte niedersinken. „Also: Der Tote war gar nicht tot, als er von dem Zug überrollt wurde.“
    „Wieso denn das?“
    „Na, weil der Stickstoffanteil …“
    „Komm, verschon mich mit unnötigen Details!“
    „Unnötig? … Na ja, jedenfalls wurde der Mann mit einem Medikament betäubt, das man sonst eigentlich nur in der Tiermedizin verwendet. Und zwar als Narkotikum vor der Letaldosis.“
    „Bitte allgemein verständlich, lieber Herr Doktor!“
    „Also, gut: Nehmen wir einmal an, du wolltest diesen kleinen fetten Dackel, der dich zu Hause immer tyrannisiert, von einem Tierarzt einschläfern lassen …“
    „Welch eine traumhafte Vorstellung“, schoss es aus Tannenberg spontan heraus.
    „Dann bekäme dieses Vieh zuerst ein Narkosemittel.“
    „Okay kapiert. Und so was hat der Tote vom Heiligenberg intus gehabt.“
    „Ja. Und zwar eine ziemlich hohe Dosis.“
    „Das erklärt auch, weshalb der Zugführer angegeben hat, dass der Körper so merkwürdig schlaff gewesen sei, so völlig ohne Spannung.“
    „Genau! Denn wenn er bei Bewusstsein gewesen wäre, hätte er in einem willentlich nicht beeinflussbaren Reflex die Arme gestreckt und die Finger auseinandergespreizt. Richtig, Wolf.“
    „Ein Lob aus deinem Munde. Es geschehen tatsächlich noch Wunder!“
    Dr. Schönthaler ignorierte den ironischen Einwurf seines alten Freundes, zu sehr hatte er sich bereits von der Außenwelt abgekoppelt und war tief in seine Fachwissenschaft eingetaucht.
    „Und dann hätte sein Schädel auch nicht diese eindeutigen Verletzungen aufgewiesen.“ Der Rechtsmediziner zauberte mit einem schnellen Handgriff ein braunes Hühnerei aus seiner Tasche hervor, das er direkt vor Tannenbergs Augen in bewährter Kolumbusmanier mit dem spitzeren Ende auf die Tischplatte schlug, um es gleich anschließend in die Höhe zu halten und dem völlig verblüfften Kriminalbeamten die am unteren Ende zertrümmerte Eischale vor die Nase zu halten. „So ähnlich muss die Schädeldecke direkt nach dem Aufprall ausgesehen haben.“
    Tannenberg war vor Schreck reflexartig ein Stück zurückgewichen. „Aber warum hat man ihn denn dann nicht getötet, bevor man ihn auf die Gleise geworfen hat? Warum ist der Mann nur betäubt worden?“
    Dr. Schönthaler zog die Schultern nach oben, schob die Unter- über die Oberlippe. „Keine Ahnung. Vielleicht ist man irgendeinem Ritual gefolgt. – Ach, was weiß denn ich!“
    „Vielleicht haben die ja auch gemeint, dass er bereits tot ist.“
    „Ja, vielleicht. Vielleicht wollte man ihn auf

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