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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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fand ihn in der Küche, nur mit einer Boxershorts bekleidet. Er kochte gerade Kaffee und sah wieder herrlich zerstrubbelt aus.
    »Na, gut geschlafen?«, begrüßte er sie und küsste sie liebevoll. Lisa wiegte den Kopf hin und her. »Gut schon, aber nicht lang«, meinte sie und spielte damit auf die gestrige Nacht an.
    Heiko grinste verlegen.
    Wieder ertönte ein fröhlich-beschwingtes: »Idiot«, und Lisa ging ins Wohnzimmer, wo Hansis Käfig inzwischen einen festen Platz auf der Fensterbank gefunden hatte. Sie schnappte sich die Futterpackung und erntete dafür ein dankbares: »Deppdudeppdudeppdu.«
    »Wie lange behältst du den Papagei eigentlich noch?«, rief sie in die Küche.
    »Keine Ahnung«, rief Heiko zurück, »ich denke, der Winterbach kommt im Lauf der Woche heim.«
    »Hm«, machte Lisa, ganz nach Hohenloher Art. Heiko kam ins Wohnzimmer und klagte: »Mir geht der Held nicht aus dem Kopf! Da stimmt was nicht.«
    Lisa trank Kaffee. »Nun, dann holen wir uns doch von dem auch eine Probe. Ist ja kein Problem. Und wenn er’s war, dann schnappen wir ihn.«
     
    Die Rosenbüsche hatten schon grüne Blätter und trieben aus. Der Gartenweg war sauber wie eh und je.
    Sie stiegen die Stufen zur Haustüre hinauf und läuteten. Wilhelm Held öffnete die Tür, trat aber nicht beiseite, um die Polizisten einzulassen.
    »Ja?«, fragte er und wirkte irgendwie verschlafen.
    »Wir hätten da noch ein paar Fragen an Sie, Herr Held«, sagte Heiko und drängte am Oberstudienrat vorbei in die Wohnung. Der bot ihnen resignierend einen Platz im Wohnzimmer an.
    Heiko beschloss, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, und zückte die Kopie des Briefes.
    »Wir wissen, dass Sie und Frau Weidner ein Verhältnis haben!«, behauptete er mit drohendem Unterton und knallte das Blatt Papier mit solcher Wucht auf den Couchtisch, dass Held entsetzt zusammenzuckte. Der Verdächtige nahm das Blatt und überflog es.
    »So ein Quatsch!«, ereiferte er sich dann und lehnte sich scheinbar entspannt zurück, die Hände etwas zu verkrampft ineinandergefaltet. »Außerdem ist der Brief mit HH unterzeichnet. Und ich heiße zwar Held, aber mein Vorname ist weder Heinrich noch Herbert. Ich heiße Wilhelm. Willi Held.«
    »HH könnte auch Holländer Hase bedeuten– ein Kosename, Sie verstehen. Und Sie züchten doch Holländer, oder?«
    Held schluckte. »Ja, das ist schon richtig, Holländer. Aber ich bin kein Hase, wie Sie sehen. Oder glauben Sie etwa, einer von meinen Hasen hätte den Brief geschrieben?«
    »Vielleicht nennt Erna Weidner Sie ja so!«, schlug Lisa vor.
    Held schürzte die Lippen und zuckte die Achseln.
    »Dann hätten Sie ein Motiv, ist Ihnen das klar?«, fragte Heiko. Der Oberstudienrat lehnte sich zurück und wirkte nun wirklich selbstsicher.
    »Soviel ich weiß, muss man da auch noch was beweisen! Und? Wie schaut’s denn aus mit Ihrem Beweis? Wo ist er denn?«
    Heiko schluckte.
    »Und ich darf Sie auch an mein Alibi erinnern. An mein schriftliches, überaus perfektes Alibi, das ich Ihnen beliebig oft ausdrucken kann!«, fuhr Held fort. »Und auch, wenn Sie es vielleicht nicht wissen, aber ›alibi‹ ist Lateinisch und heißt ›anderswo‹! Ich war also anderswo und kann es deshalb gar nicht gewesen sein.«
    »Na, ganz so toll, wie Sie meinen, ist Ihr Alibi nicht, Herr Held. Immerhin gibt es technisch durchaus die Möglichkeit…!«, begann Lisa.
    »Quatsch!«, unterbrach der Oberstudienrat und wedelte unwirsch mit der Hand. »Ich weiß, wo der Kasten an und aus geht. Und wie man eine E-Mail verschickt und einen Brief schreibt. Das war’s dann aber auch.«
    »Ja, das ist ja schön und gut!«, meinte Heiko, der soeben beschlossen hatte, dass Held nicht zu wissen brauchte, dass sie über seine Computerambitionen informiert waren. »Aber jedenfalls brauchen wir Ihre Fingerabdrücke und Ihre DNA.«
    Held erstarrte. »Wozu denn?«
    »Das lassen Sie mal unsere Sorge sein, Herr Oberstudienrat.«
    »Muss ich das?«
    Lisa schüttelte den Kopf. »Nein, Herr Held, das müssen Sie nicht. Aber wenn Sie sich weigern, dann hätten wir allen Grund, Sie vorläufig festzunehmen. Und dann nehmen wir die Proben eben mit richterlichem Beschluss auf dem Revier. Ganz, wie es Ihnen lieber ist.«
    Widerwillig brummend ließ Held anschließend die Kommissare gewähren.
    »Verreisen Sie nicht, Herr Held!«, riet Heiko, während er das Stempelkissen und die anderen Utensilien auspackte. »Auch nicht nach Spanien, bitte.«
     
    Der Kommissar trommelte

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