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Olga & Lust und Leid

Olga & Lust und Leid

Titel: Olga & Lust und Leid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Anderson
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nur leere Worte sind. Zeig, dass du wirklich ein Zar bist! Kämpfe endlich!“, beschwor sie ihn erneut.
    Sie zuckte in Krämpfen und weinte erbittert, weil sie ahnte, dass Papa vor dieser letzten Konsequenz wie immer zurückschreckte. Es waren nun einmal Söhne aus dem Geschlecht der Romanows, die Rasputin gemeuchelt hatten.
    „Du hast schon immer auf die Falschen gehört! Ich hätte dich niemals heiraten sollen. Alle wollten das verhindern, selbst deine Mutter. Sie wusste, warum. Jetzt führst du sogar Krieg gegen die Deutschen. Deine Frau und Kinder sind aber Deutsche!“
    „Warum sind wir Deutsche?“, fragte der Zarewitsch erneut.
    „Mama will damit sagen, dass wir auch solche Wurzeln haben, da sie in Deutschland geboren wurde“, erklärte ich.
    „Dann sollten wir vielleicht auf Mama hören und fliehen“, versuchte der kleine Zarewitsch im Streit zwischen seinen Eltern auf kindliche Weise zu vermitteln.
    Unser Vater sah ihn traurig an.
    „Ihr seid ebenso Russen! Und ich bin nicht so verdorben wie diejenigen, die Rasputin töteten. Alles muss nach Gesetz und Ordnung erfolgen.“
    „Glaubst du diesen Unsinn noch?“, schrie Mutter die Beherrschung verlierend.
    „Die Gesetze machen Menschen. Du bist der Zar! Mach ein Gesetz, das uns beschützt! Rasputin war ihnen egal. Wer ist der Nächste? Sie wollten in Wirklichkeit deinen Sohn, den Thronfolger meucheln! Ihn wollten sie töten und dein Zarentum zerstören! Wer soll jetzt den Zarewitsch heilen, Doktor Botkin etwa? Bist du denn blind? Töte sie, schnell oder ich fliehe mit den Kindern allein! Und wir sind keine Russen, sondern Deutsche! Alle sehen das so!“
    Entsetzt schauten wir uns an. Die Sorgen machten Mama wahnsinnig. In ihren Appellen erahnten wir das ganze Ausmaß der Gefahr.
    „Ich werde den Arzt rufen lassen“, schlug Vater vor.
    Mama spuckte in Raserei auf das Parkett des Bodens.
    „Damit der mir Laudanum gibt oder mich wegen des Aussprechen der Wahrheit für irre erklärt? Das wollen sie doch nur! Ich glaube hier keinem mehr! Warum vertraust du deinen Beratern immer mehr als uns. O, Nicky! Warum ist es so weit gekommen? Wo ist deine Liebe geblieben? Dieser Krieg hat dich verändert. Du trägst ebenso Schuld daran, dass unser Beschützer ermordet wurde. Diese Schlangen haben erkannt, dass Rasputin sie enttarnt hatte. Der Name Romanow wird für immer mit dieser Bluttat besudelt sein! Wir werden alle sterben, wenn du sie nicht bestrafst!“
    „Ich werde es tun!“
    „Dann lass sie sofort hinrichten!“
    „Das kann ich nicht.“
    Mama winkte konsterniert ab.
    „Ich wusste es! Sie werden dich bald heiligsprechen, aber nicht wegen des Glaubens, sondern wegen Scheinheiligkeit. Die ist aber nichts als deine Schwäche, zu handeln. Sogar die Kommunisten wissen das inzwischen!“
    So würdelos hatte ich Mama noch nie mit ihm sprechen gehört. Sie höhnte regelrecht über ihn.
    „Das Blut klebt nun auch an deinen Händen“, flüsterte sie und blickte uns schaurig verschwörerisch an. „Das Leid ist nicht mehr aufzuhalten.“
    Sie klang, als verabschiedete sie sich schon jetzt von ihren Kindern – für immer.
    Wir waren noch mehr verängstigt. Panik erfüllte unsere Herzen.
    „Ich will nicht sterben!“, bat der Zarewitsch ängstlich.
    Ich strich ihm über sein tropfnasses Haar und konnte die eigenen Tränen nicht länger zurückhalten.
    „Olga?“ Ljoschka sah mich fragend und um Hilfe bittend an. Die Situation überforderte ihn, obwohl er durch seine Hämophilie schon oft an der Schwelle des Todes gestanden hatte.
    „Ich passe auf dich auf“, flüsterte ich und benetzte ihn nun auch noch mit meiner Trauer.
    „Niemand soll dir jemals Leid zufügen. Dann bekommt er es mit mir zu tun!“
    Ljoschka lächelte dankbar und drückte meine Hand.
    Auch aus Vaters unermesslich traurigen Augen ergossen sich in einem dünnen Rinnsal Tränen in seinen Bart. Er war sich seiner eigenen Unfähigkeit bewusst, fand jedoch keinen Ausweg.
    In der Tür erschien ein Staatssekretär.
    „Majestät, Sie werden erwartet!“
    Meine Mutter winkte meinen Vater ab.
    „Geh nur zu den Verrätern, berate dich mit ihnen! Du hast mich enttäuscht! Lecke dem Gesindel den Arsch!“
    Wir schauten sie pikiert über die ungewöhnlich deftige Wortwahl an. Die Welt war wirklich aus den Fugen geraten.
    Papa wischte sich mit dem Uniformärmel die Tränen ab und erhob sich schwerfällig. Einige seiner Orden schepperten dabei traurig.
    Er wirkte um Jahre gealtert. Sein Gang war nicht

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