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Olga & Lust und Leid

Olga & Lust und Leid

Titel: Olga & Lust und Leid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Anderson
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Freunde.
    Unser Vater rang erneut um Fassung.
    „Wage nicht, diese sündigen Bestien zu verteidigen!“, schrie sie weiter.
    „Dein Lieblingsneffe Großfürst Dimitrij und sein Liebhaber Fürst Jussupow haben ihn ermordet. Dr. Lasawert hatte für sie Rattengift in Rasputins Wein gemischt. Nur geschwitzt hat unser Vater Grigorij davon. So leicht bringt man einen von Gott Geliebten nicht um. Dann hat Purischkewitsch ihn an den Hoden gefoltert und Jussupow, der widerliche Bückling deines Neffen, hat ihn kaltblütig erschossen. Doch Gott ließ unseren Beschützer nicht sterben. Gerade wollte er fliehen, da kamen die Monster zurück. Dimitrij, dieser böswillige Hund, schoss abermals auf Rasputin und schlug ihm mit seinem Stock ein Auge aus. Das alles geschah in Jussupows Palais durch die Hand eines Romanow! Selbst als die Bestien Vater Grigorij gefesselt und verstümmelt in die Newa warfen, versuchte er noch, sich zu befreien. Sie wussten, dass der Zarewitsch nur durch seinen Segen überleben kann!“
    Papa sagte nichts. Es waren seine nächsten Verwandten, die Rasputin getötet hatten. Es waren Romanows, um die es hier ging.
    Nicht einmal die Polizei hatte Zutritt zu den Häusern von Familienmitgliedern des Zaren. Obwohl Nachbarn diese über die Schüsse im Palast alarmierte, mussten die gerufenen Beamten den Mord dort untätig geschehen lassen und durfte sich nicht einmischen.
    „Er war ein Priester und von Gott gesandt!“, stieß meine Mutter nochmals keuchend hervor.
    „Sie wollen uns vernichten und den Thronfolger töten! Seine Prophezeiung wird nun eintreten“, erklärte Mama mit von Paranoia geweiteten Augen.
    „Welche Prophezeiung?“, wagte Tatjana zu fragen.
    „Rasputin hat einen Brief hinterlassen“, klärte ich flüsternd meiner Schwester auf.
    „Wenn er durch die Hand eines Mitglieds unserer Familie stirbt, werden wenige Monate später das Zarenreich und die Romanows untergehen. Vater Grigorij hat den Mord an ihm vorausgesagt.“
    Daraufhin hielt Tatjana verblüfft die Hände vor den Mund.
    „Nun bin ich verloren!“, stöhnte Vater, worauf unsere Blicke noch angstvoller wurden.
    Er versuchte die Hand unserer Mutter zu nehmen, diese stieß seine aber erbost weg.
    „Rette wenigstens deine Kinder, nicht mich! Rette Ljoschka, deinen Sohn, den Zarewitsch! Töte diese Brut aus dem Hause Romanow! Töte alle diese Verräter, verschone niemanden!“
    „Warum haben unsere Cousins das getan?“, fragte Anastasija. „Vater Grigorij war doch unser Beschützer, zudem ein einfacher Mönch.“
    „Werden wir wirklich alle sterben?“, flüsterte mein kleiner Bruder. Er war jetzt zwölf Jahre alt.
    „Das werde ich nicht zulassen!“, erwiderte Papa und nahm alle Kraft zusammen.
    „Ich beschütze euch, ich bin noch immer der Zar!“
    Mama gab ein irrsinniges Lachen von sich.
    „Sie arbeiten bereits an deinem Sturz! Sie nehmen dich nicht ernst! Bist du noch von dieser Welt?“
    Unserem Vater entglitt die Beherrschung seiner Gesichtszüge. Seine tiefsten Sorgen drangen an die Oberfläche.
    Mama forderte erneut: „Töte sie sofort, nur so kannst du uns beschützen! Wenn du mich und deine Kinder wirklich liebst, dann zerfetze sie! Sei wie ein russischer Wolf. Wir wollen ohnehin nicht länger Romanows sein. Lasst uns die Sachen packen und aus dem Land fliehen, solange überhaupt noch jemand auf dich hört. Sie hassen uns und ich verabscheue dieses bösartige Volk!“
    „Wer?“, fragte der kleine Zarewitsch verängstigt. „Ich denke, alle lieben mich?“
    Mama lachte ihr neues hysterisches Lachen. Sie war eine wütende Hyäne, die ihre Jungen verteidigte. Papa rannen nun Tränen aus den Augen. Ich hatte ihn noch nie so weinen sehen. Die Räson verbot das, so schwer die Situation auch war. Er war immer der Fels gewesen, an dem sich alle festhalten konnten.
    Wir alle fühlten instinktiv, dass Mama Recht hatte. So gern ich Papa glauben wollte, die eisige Kälte des Todes zog durch unsere Gemächer und vertrieb die Illusion von Beständigkeit. Wie Schmetterlinge hatten wir das schöne Licht eines Sonnentages genossen, doch die Nacht und unser Ende rückten mit jedem Augenblick näher.
    Papa kniete sich auf den Boden und versuchte erneut die Hand seiner geliebten Frau zu nehmen. Diese gewährte ihm diese Intimität nicht mehr.
    „Wenn dir das Leben unserer Familie etwas wert ist, wenn dir der Zarewitsch etwas bedeutet, dann töte deinen Neffen und seine Helfer! Beweise, dass du uns wirklich liebst und es nicht

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