Oliver Hell - Der Mann aus Baku (Oliver Hells zweiter Fall) (German Edition)
Gegenseite, riss die Türe auf, und rannte zur Mauer herüber.
Liegeplatz auf der Landseite. Helles Boot mit heller Persenning.
Auch wenn das Licht der Laternen sehr spärlich ausfiel, Wendt konnte erkennen, dass kein zur Beschreibung passendes Boot mehr dort lag. Eines mit blauer Persenning dümpelte leicht am Steg vor sich hin. Daneben lagen einige kleine Sportboote.
Agayer war nicht mehr dort. Wo war der Polizist? Schon hatte er sein Handy am Ohr. „Klauk, wo bist Du? Agayer ist bereits weg. Kein Riesinger mehr zu sehen.“
„ Ich komme gerade in der Heerstraße an. Moment“, sagte Klauk und sprang aus dem Golf. Er hechtete zum Ufer und suchte das Wasser nach einem Boot ab. Sein Blick flog hinüber zum Hafenbecken.
„ Bist Du das oben an der Mauer?“, fragte er Wendt.
„ Ja“, antwortete der.
„ Ich sehe kein Boot, weder aufwärts, noch abwärts.“ Kurz hinter dem Hafen machte der Rhein eine Biegung.
Wendt trat ä rgerlich mit dem Fuß gegen die Mauer.
„ Scheiße! Verdammte Scheiße!“
Noch ein Tritt.
„Es hilft nichts. Aber wie kann der schon so lange weg sein? Stromaufwärts. Wir fahren stromaufwärts. Nach Bonn zu fahren macht keinen Sinn“, raunte Wendt in das Handy mit einem nicht zu überhörenden Unwillen.
„ Alles klar. Bleib ruhig, Jan-Phillip, wir finden Lea.“
Mit den Worten drü ckte er mehr Vertrauen aus, als im Moment selber besaß.
Zehn Sekunden spä ter waren beide wieder auf der Straße. Wendt nutzte wieder die Sonderrechte. Er wusste, die Straße führte jetzt wieder weg vom Fluss. Je näher er nach Sinzig kam, desto mehr Land hatte er zwischen sich und dem Rhein. Er würde Zeit verlieren. Klauk dagegen hatte den Fluss rechts neben sich. Er fluchte vor sich hin. Mittlerweile lief ‚ The man that can’t be moved ‘ von ‚ The Scrip t‘. Was für ein Zynismus dachte er und drückte das Gaspedal noch weiter durch.
*
Ohne dass es jemand bemerkte, hatte Ufuk Badak seinen letzten Atemzug getan. Agayer bemerkte es erst, als er sah, dass seine Arme schlaff neben dem Körper lagen. Vorher hatte er sie krampfhaft an sich gepresst. Er blickte sich nach Rosin um. Die war weiter ohnmächtig. Das Boot pflügte sich seinen Weg. Selbst gegen die Strömung spielte der Motor seine Kraft aus. Agayer kam gut voran.
Er beobachtete s tändig das Ufer. Tauchte dort Polizei auf? Nichts.
Er fü hlte sich auf dem Wasser sicher. Keiner ahnte, dass er den Polizisten überwältigt hatte. Sollte er eine Stelle finden, an der er Badak loswerden konnte, würde er dort festmachen. Den Zeitverlust würde er spielend wieder aufholen.
Er wusste nicht, dass die Wasserschutzpolizei Bonn ihre Kollegen in Koblenz informiert hatten. Die wü rden an der Mündung der Mosel mit Booten auf ihn warten.
Agayer sah rechts oben auf dem Berg die hell erleuchtete Apollina ris-Kirche. Er war kurz vor Remagen. Hier würde er keine Möglichkeit haben Badak abzuladen. Er schob den Hebel ein wenig nach vorne. Die ‚ Alya ‘ nahm noch mehr Fahrt auf. Jetzt hob, und senkte sich das Boot schon heftiger. Wellen klatschten gegen den Rumpf.
Rosin erwachte. Mit jedem Mal f ühlte sie sich weniger verwirrt und schläfrig. Da sie in Fahrtrichtung saß, konnte sie auch sehen, wo sie sich befanden. Sie hob leicht den Kopf. Eine Stadtsilhouette, eine Kirche im Hintergrund. Sie konnte die Stadt nicht benennen, doch wusste sie, dass sie noch nicht so weit gefahren sein konnten.
Agayer stand ganz ruhig am Steuer des Bootes. Er sah nicht aus wie ein Mann auf der Flucht. Sie beobachtete ihn, versuchte ihre tauben Hä nde zu beleben. Ihr Blick wanderte dabei herum. Neben der Luke zur Kajüte stand ein Benzinkanister. Daneben standen Flaschen. Sie versuchte die Augen offen zu halten.
Doch der beschleunigte Herzschlag pumpte wieder das Gift durch ihren Kö rper. Sie kämpfte dagegen an. Vergebens. Sie sackte wieder zusammen. Ihr Kopf fiel gegen die Persenning.
*
Wendt raste gerade über die Tangente auf Remagen zu. Von einigen Stellen, auf der auf Stelzen stehenden Straße, hatte man einen weiten Blick über den Rhein. Um die Zeit waren nicht mehr viele Boote unterwegs. In weiter Entfernung sah er eines, was das Boot von Agayer hätte sein können. Die Ampel am Ortseingang drohte seinen Vorwärtsdrang zu bremsen. Rot. Wendt gab Gas und raste auch bei roter Ampel weiter. Wozu hatte er Sonderrechte? Ab hier konnte er den Fluss nicht mehr einsehen. Er rief Klauk an.
„ Wo bist, Du, Sebi?“
„ Kurz vor der Erpeler Ley,
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