Oma ihr klein Häuschen
Maria» sagt und mich dabei neugierig anstarrt. Wir zittern beide am ganzen Körper, wegen der Kälte und vor Aufregung.
Hinter der Wohnungstür reißen wir uns die nassen Klamotten vom Leib, was umständlich ist, weil sie an der Haut haften. Das erste Mal sehe ich Maria nackt, aber nur ganz kurz, weil wir eine Sekunde später schon wieder eng zusammen unter der Dusche stehen. Das heiße Wasser tut anfangs richtig weh, so ausgekühlt sind wir. Ich spüre ihre weiche Haut, was sich unfassbar gut anfühlt. Wir trocknen uns nicht besonders sorgfältig ab, weil das wieder eine Trennung bedeuten würde.
Als wir endlich das Bett erreichen, kriechen wir unter die Decke und warten eng umschlungen darauf, dass wir warm werden.
Ich habe Angst, dass etwas schiefgehen könnte.
Plötzlich sind wir uns sehr fremd, obwohl – oder gerade weil wir uns so lange kennen. Auf eine unbestimmte Art wird dadurch alles noch aufregender.
Maria riecht wunderbar.
Wir lassen uns noch mehr Zeit.
Bis uns alles egal ist und wir endlich hemmungslos übereinander herfallen. Einmal, dann gleich noch einmal, und dann liegen wir lange Zeit so nahe beieinander, wie sich zwei Menschen überhaupt nahe sein können. Das regt uns erneut auf, aber diesmal ist alles viel langsamer, und intensiver.
Irgendwann fallen wir in einen leichten Schlaf.
«Fliegen ist eine schöne Nebensächlichkeit, die Nagetieren vollkommen egal ist», weckt mich Maria nach eine Weile flüsternd.
Unser Einwortspiel im Wattenmeer.
«Du erinnerst dich noch an den Satz?», freue ich mich.
Mir fällt erst jetzt auf, dass es draußen dunkel ist und wir kein Licht anhaben.
«Ich habe
alles
gespeichert, du nicht?»
Ich ergänze flüsternd den zweiten Teil: «Denn Nagetiere lieben den Untergrund, Komma, weil sie hier Flugzeuge nicht hören.»
Wir schlafen in dieser Nacht wenig, lieben uns, reden kluges und dummes Zeug und hören Kuschelrock 1 – 7 vollständig durch. Dabei gestehen wir uns leise noch ein paar Geheimnisse: Wie unsicher Maria in Wirklichkeit war, als ich am ersten Abend in der Tür unseres Häuschens stand. Dass sie dachte, ich finde sie blöde, weil sie Polizistin ist. Mein Part ist, alles zu dementieren und mich zu beklagen, dass ihre Hand viel zu kurz auf meiner lag, als wir vorm Pitschi’s in ihrem Wagen saßen. Es ist alles nicht so, wie es sein sollte.
Sondern viel, viel besser.
25. Der Riewerts’sche Gencode
Am Morgen wachen wir davon auf, dass Marias Handy nebenan im Bad piept. Kaum zu glauben: Ich liege tatsächlich in ihrem Bett, es ist warm und ihre Haut ist die weichste der Welt. Wir ignorieren das Handy und schauen uns an.
«Ich kann es noch gar nicht fassen», flüstert Maria und küsst mich auf den Mund.
«Du kannst deine Meinung jederzeit ändern», kokettiere ich.
«Einen Teufel werde ich tun», rutscht es ihr laut heraus.
Einige Zeit später steht sie auf und geht ins Bad. Als sie wiederkommt, kriecht sie mit dem Handy zurück unter die Decke und schmiegt sich an mich: «Ich habe eine SMS von der Spurensicherung in Husum bekommen, Johannes ist nicht Cords Vater.»
«Wie Oma gesagt hat», nuschele ich, ohne mich zu wundern.
«Damit hat Cord den amtlichen Beweis.»
«Ich rufe ihn eben an.»
Maria gibt mir das Handy, und ich lasse mir über die Auskunft Cords Handynummer geben.
Cord sitzt gerade im Wagen. Er hört sich gar nicht gut an: «Keiner sagt mir, dass mein Vater stirbt», brüllt er, «alle sind dabei, nur ich nicht.»
«Cord …»
«Lösch meine Nummer, Sönke. Ich will nie wieder was mit einem Riewerts zu tun haben!»
Er braucht wirklich dringend Fachbetreuung.
«Johannes ist nicht dein Vater!», schreie ich jetzt in den Hörer und richte mich im Bett auf. «Maria hat gerade das Ergebnis von der Spurensicherung bekommen.»
Das beeindruckt ihn wenig.
«Lüge!»
Ganz langsam und ruhig rede ich weiter: «Es ist hundertprozentig sicher. Du solltest dich sofort bei deiner Mutter entschuldigen.»
Aber Cord hat schon aufgelegt.
Muss ich etwas tun?
Nein.
Maria ist schon auf dem Weg zur Dusche: «Ich habe blöderweise Dienst. Oder soll ich mich krankmelden?» Ich folge ihr in das winzige, weißgekachelte Bad mit dem IKE A-Duschvorhang voller bunter Fische und stelle mich zu ihr unter die enge Dusche.
«Am liebsten ja.» Die Aussicht auf einen ganzen Tag mit ihr im Bett ist durch nichts zu toppen.
Sie stellt das warme Wasser an.
«Blöderweise ist die Insel zu klein zum Schwänzen. Wenn uns jemand
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