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Opfertod

Opfertod

Titel: Opfertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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scharfen Chemikalien entgegen. Belling suchte an der Wand nach einem Lichtschalter. Fehlanzeige. Langsam tastete er sich in den Raum vor. Es dauerte eine Weile, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ganz allmählich zeichneten sich um ihn herum die Umrisse lebensgroßer Gestalten ab. Belling fischte sein Feuerzeug aus der Hosentasche und leuchtete umher. Er musste schlucken, als er im Schein der schwachen Flamme menschliche Plastinate mit Tierköpfen und andere abartige Kreaturen sah. Belling zwang sich, weiter hinzusehen. Irgendeinen Hinweis auf den Namen des Erschaffers ausfindig zu machen. Doch bis auf in Yen, US -Dollar und Rubel ausgezeichnete Preisschilder, auf denen schwindelerregend hohe Summen standen, war da nichts, was Aufschluss über diesen vorgeblichen »Künstler« gab. Er war sich schon fast sicher gewesen, den Weg umsonst gemacht zu haben, da entdeckte er einen Zettel, der an einem Wandregal befestigt war, in dem Verpackungsmaterial lagerte. Er riss den Zettel ab und überflog mit den Augen die darauf notierte Adresse. »In Spandau …«, murmelte Belling. Er steckte den Zettel ein, als er plötzlich Geräusche aus dem Erdgeschoss hörte. Männer, die sich auf Russisch unterhielten. Verdammt! Blitzschnell wandte sich Belling zur Treppe um. Er hielt den Atem an, als er sah, wie ein mittelgroßer Mann mit zwei Riesen im Schlepptau die Stufen herabgestiegen kam. Panisch fuhr er herum, auf der Suche nach einem geeigneten Versteck.

71
    »Nur noch eine noch winzige Kleinigkeit, dann kann es losgehen«, hörte Lena Artifex sagen und registrierte, dass er sich wieder vom OP -Tisch entfernte.
    »Nicht weglaufen, ich bin gleich zurück.«
    Sein Lachen hallte durch den Raum. Momente später ertönte Verdis »La Traviata«. Die Oper, von der Christine Wagenbach gesprochen hat , dachte Lena und wusste nur zu gut, welch grausame Prozedur Wagenbach im Anschluss widerfahren war.
    Und jetzt stand sie ihr bevor.
    Tränen liefen ihr das Gesicht hinunter, als Artifex mit dem Skalpell in der Hand zurück an den OP -Tisch trat.
    »Du bist ja ganz bleich vor Angst.« Er klang ernsthaft besorgt. »Aber das musst du doch nicht«, meinte er und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus der nassgeschwitzten Stirn. »Erfahrungsgemäß tut es nur am Anfang weh. Ich gebe zu, der Eingriff ist kompliziert und wird sich höchstwahrscheinlich über mehrere Stunden hinziehen – aber vertrau mir: Ist der erste Augapfel erst einmal entfernt, werden die Schmerzen so unerträglich sein, dass du mit etwas Glück schon bald das Bewusstsein verlierst.«
    Lena schloss die Augen und wartete darauf, dass er das Skalpell ansetzte.

72
    In Windeseile huschte Wulf Belling hinter eines der Plastinate, als plötzlich Neonröhren an der Decke aufleuchteten. Es dauerte keine fünf Sekunden, da hatten die Russen ihn entdeckt. Belling sah, wie sich ihre wütenden Blicke kreuzten.
    »Sieh an, wir haben Besuch!« Ein dunkelhaariger, blasser Mann mit Pferdeschwanz und dünnem Ziegenbart trat mit einem hinterhältigen Grinsen auf ihn zu.
    Oleg Semak, das musste er sein, sagte sich Belling mit einem Blick auf die Totenkopftätowierung am Hals des Mannes. »Mögen wir ungebetene Gäste?«, fragte er, an seine Männer gewandt, ohne den Blick von ihm zu nehmen.
    Die beiden Riesen schüttelten den Kopf.
    Belling spürte die kalte Angst in seiner Brust und glaubte bereits zu wissen, was jetzt kommen würde. Semaks Gesicht verzerrte sich zu einer hässlichen Fratze. »Und was machen wir mit ungebetenen Gästen?«
    Schweiß sammelte sich auf Bellings Stirn, als er sah, wie die Riesen mit verschränkten Armen langsam auf ihn zukamen.
    »Jungs, wir können doch über alles reden!« Abwehrend streckte er ihnen die Handflächen entgegen und versuchte ein Lächeln, während er sich in seiner Panik nach dem nächsten greifbaren Gegenstand umblickte. Doch da war nichts, mit dem er sich hätte zur Wehr setzen können. Er spürte, wie ihm gleichzeitig heiß und kalt wurde, als er registrierte, wie einer der beiden Gorillas nach einer schweren Brechstange griff und sie wie einen Baseballschläger in seiner Hand schwang, während der andere einen Schlagring auspackte.
    »Moment, ich … ich bin Polizist!« Er schritt weiter zurück, bis er mit dem Rücken an der Wand stand.
    Plötzlich sah er, wie der Russe ausholte. Wulf Belling duckte sich weg. Die Stange traf ihn am Hinterkopf. Er stürzte zu Boden und knallte mit dem Gesicht jäh auf den Estrich.

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