Optimum - Kalte Spuren
–«
»Natürlich«, fiel Eliza ein, und ihr Gesicht hellte sich auf, als wäre gerade alles, wirklich alles in Ordnung gekommen. »Pheromone, wie bei Bienen oder Ameisen. Aber wie –«
Rica räusperte sich zum dritten Mal. Keine Reaktion. Eliza sah hocherfreut aus, Torben ein bisschen verlegen, und ihr Vater spielte den Lehrer. Nur Patrick sah kurz zu Rica und grinste ihr zu, als seien sie beide die einzigen Mitwisser bei einer Verschwörung.
»Das hat etwas mit dem Institut zu tun«, sagte ihr Vater gerade. »Und es ist nicht ganz wie bei Insekten … «
Rica hörte nicht mehr zu. An anderer Stelle zu einer anderen Zeit hätte sie das alles sicher ganz interessant gefunden, aber jetzt war wirklich nicht die Zeit für Belehrungen und Schulstunden. Sie warf noch einmal einen Blick auf den Monitor. Die Schüler draußen waren immer noch nicht gegangen. Einige der Jüngeren begannen zu zittern und sahen geradezu erbärmlich aus. Trotzdem wollten sie ganz offensichtlich kein Stück von der Tür weichen. Jemand musste etwas unternehmen und zwar schnell.
Einen Augenblick lang zog Rica in Betracht, die Polizei doch noch zu benachrichtigen, aber bis die hier oben war, waren vielleicht schon ein paar Schüler zu Schaden gekommen. Hinter ihr diskutierten Eliza und ihr Vater immer noch miteinander. Rica warf ihnen einen Blick zu – von denen war keine Hilfe zu erwarten. Sie musste selbst etwas unternehmen.
Simon hat sie gesagt. Simon, der mich hasst, weil er glaubt, dass ich ihm seinen Bruder wegnehmen will. Rica schüttelte den Kopf. Bis jetzt hatte sie nur geglaubt, dass Simon eine – zugegebenermaßen gefährliche – Nervensäge wäre. Aber jetzt meinte Eliza, dass er die ganzen Schüler kontrollierte. So wie sie und Jo und Torben Leute kontrollieren konnten. Und er ist stärker als sie. Vielleicht arbeitet er ja auch nicht allein. Rica dachte an alle Gelegenheiten zurück, in denen sich ihre Mitschüler irgendwie seltsam und aufgedreht verhalten hatten. Der Gedanke kam ganz leicht und wie von allein in ihren Kopf. Jasmin. Er ist immer mit Jasmin zusammen, und sie hat auch in dem Restaurant alle unter ihre Kontrolle gebracht. Vielleicht kann Simon gar nicht so viel, aber Jasmin ist auf seiner Seite und gemeinsam scheinen sie geradezu unschlagbar zu sein.
Wieder schüttelte sie den Kopf. Das mochte alles richtig sein, änderte aber nichts an der Tatsache, dass sie nichts gegen die beiden Kleinen unternehmen konnten. Vielleicht hätte sie rausgehen können und Simon ausknocken, bevor es jemand so richtig mitbekam. Aber Simon und Jasmin? Unmöglich.
Also blieb nur noch eine Möglichkeit.
»Dein Bruder meint, du bist ein kluger Junge«, murmelte Rica zu sich selbst. »Hoffen wir, dass er damit recht hat.«
Unbemerkt ging sie zur Außentür. Jetzt, nachdem das Hämmern aufgehört hatte, war es irgendwie unheimlich still im Bunker, abgesehen von Elizas leiser Stimme. Rica zog die Tür auf und schlüpfte ins Freie.
Der kleine Mob, der sich vor der Tür versammelt hatte, war ein Stück zurückgewichen, und die Schüler schienen sich zu beraten. Als Rica jedoch die Metalltür hinter sich ins Schloss fallen ließ, drehten sich die Ersten zu ihr um.
»Da ist sie!«
»Sie hat Torben überwältigt!«
»Vielleicht hat sie ihn sogar umgebracht!«
»Mörderin!«
Die Stimmen überschlugen sich, doch noch wagte offensichtlich niemand, Rica direkt anzugreifen. Noch hielten sich die Schüler zurück.
Hinter Rica wurde die Tür aufgerissen. »Spinnst du? Komm sofort wieder rein!« Elizas Stimme klang schrill vor Angst.
»Geh rein!«, knurrte Rica. »Ich weiß, was ich tue.« Sie hoffte, dass das die Wahrheit war.
»Ich bleibe bei dir«, verkündete Eliza. Doch als sie versuchte, einen Schritt vor die Tür zu machen, erhob sich in der Menge der Schüler ein wütendes Murmeln. Ganz offensichtlich war es ihnen nicht recht, dass Rica nun Verstärkung bekam.
»Geh wieder rein!«, wiederholte Rica. »Ich muss das allein machen, sonst reißen sie uns beide in Stücke.«
Wie auf Kommando kam etwas geflogen, und Rica konnte gerade noch im letzten Moment ausweichen. Mit einem schweren, metallischen Klirren schlug es hinter ihr gegen die Wand des Unterschlupfes, und als sie einen kurzen Blick darauf warf, erkannte sie eine schwere Rohrzange. Wenn die mich getroffen hätte, hätte sie mir vermutlich den Schädel eingeschlagen.
Eliza warf einen erschrockenen Blick auf die Rohrzange und zog sich dann zögerlich ein Stück von Rica
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