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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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wollte Rica wissen.
    »Du glaubst doch nicht, dass dieses kleine Kerlchen mich zu irgendwas überredet hätte«, warf Vanessa ein wenig beleidigt ein, aber Simon schenkte ihr einen langen Blick, und Vanessa wurde blass und verstummte. Mit einem befriedigten Lächeln auf den Lippen drehte sich Simon wieder zu Rica um.
    »Warum tust du das?«, wiederholte sie.
    Er schien tatsächlich einen Moment überlegen zu müssen. »Weil ich es kann«, erwiderte er schließlich.
    »Super, okay, du kannst es. Dann kannst du es ja nun auch lassen.« Einen Augenblick lang überlagerte die Wut Ricas Angst. »Du kannst doch nicht einfach so mit Leuten herumspielen, bloß, weil es dir so in den Sinn kommt.«
    In Simons Augen blitzte etwas auf. Etwas, das wie eine Mischung aus Wut und Erheiterung aussah, und Rica meinte sogar, einen gewissen Respekt darin lesen zu können.
    »Die anderen sind ja auch nicht besser«, sagte er in einem sanften Tonfall. »Die hacken doch auch nur auf den Kleineren und Schwächeren herum, weil sie es können. Das ist doch wohl genauso wenig fair.« Jasmin zupfte Simon am Ärmel und versuchte offensichtlich, seine Aufmerksamkeit zu erringen, jedoch vergeblich.
    »Aber was du hier veranstaltest –« Rica unterbrach sich. Sie hatte sagen wollen, dass Simons kleine Spielchen viel schlimmer waren als alles Mobbing und alle Schläge, die man vielleicht beziehen konnte, aber auf einmal war sie sich da gar nicht mehr so sicher. Woher sollte sie denn wissen, wie sehr er gelitten hatte? Wie sehr er noch litt? Als sie elf gewesen war, war die Zeit scheinbar auch elend langsam für sie vergangen, wer wusste schon, wie lange Simon schon unter seinen Mitschülern zu leiden hatte.
    »Hör mal«, sagte sie stattdessen. »Du solltest damit aufhören. Noch geht das. Noch ist niemand richtig zu Schaden gekommen.« Sie dachte an Herrn Röhling und schauderte. Und was aus Frau Friebe geworden war, wusste auch keiner. Aber das war nichts, was sie jetzt zur Sprache bringen musste. Jetzt galt es erst einmal, Simon von seinem Machttrip runterzuholen.
    »Simon! Sag ihr nichts!«, bettelte Jasmin. Sie flüsterte, aber inzwischen war es unter den anderen Schülern so ruhig geworden, dass Rica die Worte gut verstehen konnte. Simon schüttelte Jasmins Hand ab und starrte Rica weiterhin finster an. Wahrscheinlich überlegte er gerade, wie er sie am besten aus dem Weg räumen sollte.
    Jetzt ist es vorbei, ging es Rica durch den Kopf. Jetzt hetzt er die anderen gegen mich. Dann merkte sie zu ihrer Überraschung, dass Simons Augen glänzten. Der Kleine war kurz davor, loszuheulen.
    »Ich habe doch gar nichts getan«, flüsterte er plötzlich. »Es ist nicht meine Schuld.« Er sah zu Rica mit seinen tränenverschleierten Augen auf, und für einen winzigen Moment spürte Rica gewaltiges Mitleid in sich aufsteigen. Das hier war doch nur ein kleiner, harmloser Junge. Wie konnte sie nur glauben, dass …
    Halt!
    Rica blinzelte und schüttelte den Kopf, als könne sie dadurch klarer denken. Er manipuliert mich wieder. Rica biss sich auf die Unterlippe, fest genug, dass der Schmerz sie ein bisschen in die Wirklichkeit zurückholte.
    »Probier deinen Scheiß nicht an mir aus!«, warnte sie Simon. »Ich könnte dir das wirklich übel nehmen.«
    Schlagartig änderte sich Simons Benehmen. Sein kindliches Gesicht wurde hart und seine Augen kalt.
    »Okay«, meinte er in einem völlig sachlichen Tonfall. »Deal. Aber ich habe nicht angefangen, weißt du?«
    Rica musterte den Jungen misstrauisch. »Was meinst du damit?«
    Der Blick, den Simon ihr schenkte, war dermaßen abschätzig, dass Rica sich vorkam, als hätte sie die blödeste Frage der Welt gestellt. »Du hast doch gesehen, was sie hier veranstaltet haben, oder nicht?«, fragte er und nickte in Richtung des Unterstandes. »Der Kerl arbeitet mit ihnen zusammen, und das weißt du ganz genau.«
    Rica musste nicht fragen, wer »sie« waren, sie hatte genau das Argument schon zu oft von Nathan gehört. »Ist das vielleicht ein Grund?«, flüsterte sie. »Ja, sie wollten uns Angst einjagen, aber was du getan hast …« Sie schüttelte den Kopf. »Herr Röhling. Frau Friebe. Dafür bist doch du zuständig.«
    Simon zuckte mit den Schultern und grinste. »Und wenn schon. Sie haben es nicht anders verdient.«
    Rica schauderte angesichts der Kälte in der Stimme des Jungen. Wie konnte man in diesem Alter schon dermaßen verbittert und abgebrüht sein? Für einen Augenblick musste sie an Jo denken, an ihre

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