Optimum - Kalte Spuren
musste Rica ein hysterisches Kichern unterdrücken.
»Aber ja. Und da ist noch mehr.« Eliza lächelte ganz schwach. »Aber lasst uns erst mal von hier verschwinden, bevor wir das weiter besprechen. Nicht, dass der wirkliche Besitzer des Unterstands plötzlich auftaucht.«
Rica fluchte, als sie vor die Tür traten. Während sie im Unterstand gewesen waren, hatte es erneut zu schneien begonnen. Und nicht nur das, inzwischen fegte auch ein beißender Wind über die freie Fläche und schlug Rica sogleich ins Gesicht. Instinktiv duckte sie sich gegen den Schnee und den Wind, aber es war, als könne die Kälte jedes noch so winzige Schlupfloch finden.
»Scheißkälte«, schimpfte Nathan. »Beeilen wir uns.«
Doch an Beeilen war nicht zu denken. Zwar kamen sie auf dem geräumten Weg vor dem Unterschlupf ganz gut voran, aber Eliza ging es alles andere als gut. Ihre Klarheit, bevor sie aufgebrochen waren, schien ein letztes Aufflackern gewesen zu sein, kaum waren sie vor der Tür, ging es ihr rapide schlechter. Sie schwankte unter dem Ansturm des eisigen Windes, und Rica fürchtete schon, sie könnte zusammenklappen. Doch irgendwie gelang es ihr, auf den Füßen zu bleiben und sich langsam in Bewegung zu setzen. Allerdings bewegte sie sich so steif wie ein Roboter, hatte den Blick auf den Boden gesenkt und schien von ihrer Umgebung nichts mehr wahrzunehmen. Immer wieder hielt Rica inne, um auf sie zu warten, aber selbst das schien Eliza nicht zu bemerken.
Als sie den Waldrand erreichten und auf den niedergetrampelten Pfad wechselten, wurde es noch schlimmer. Elizas Beine gaben immer wieder nach, und mehr als einmal stürzte sie in den hohen Schnee. Zuerst ließ sie sich von Rica und Nathan immer wieder hochziehen, doch als sie die Stelle am Hang erreichten, wo sie sich von der Spur trennen mussten, setzte sie sich einfach in den Schnee, schlang die Arme um die Knie und legte die Stirn darauf.
»Lasst mich!«, murmelte sie undeutlich, als Rica ihren Arm packte und versuchte, sie wieder auf die Füße zu ziehen. »Will nicht mehr. Bin doch sowieso nur ein Stück Pizza.«
»Du spinnst total.« Rica stemmte die Hände in die Hüften und funkelte Eliza wütend an, doch da diese nicht einmal zu ihr aufsah, bekam sie das gar nicht mit. »Ich glaube, du hast Hallus.«
»Glaube ich auch«, murmelte Eliza. »Hoffe ich. Lasst mich einfach. Mir ist nicht kalt.«
»Damit du hier sitzen und erfrieren kannst?« Nathan ließ sich neben Eliza in den Schnee fallen. »Okay, dann bleibe ich auch hier.«
Zuerst schien Eliza gar nicht wahrzunehmen, was Nathan da gesagt hatte, dann blinzelte sie verwirrt und hob zum ersten Mal ihren Kopf.
»Du erfrierst, wenn du hier sitzen bleibst«, stellte sie ganz sachlich und mit viel klarerer Stimme als zuvor fest.
»Du etwa nicht?«, gab Rica zurück, bevor Nathan noch was sagen konnte.
»Mir ist warm genug«, antwortete Eliza. »Guck!« Sie zog sich ihre Mütze vom Kopf, und schleuderte sie entschlossen in den Schneesturm hinein. Elizas rote Haare begannen, im frischen Winterwind zu wehen.
»Du spinnst total«, meinte Rica, trat wieder auf Eliza zu und packte ihren Unterarm. »Komm jetzt mit, und wenn ich dich tragen muss.«
»Du hast keine Chance«, beharrte Eliza und machte sich schwer. »Lass mich einfach in Ruhe.«
Nathan kaute auf seiner Unterlippe herum. »Sieh es mal so: Wenn du sitzen bleibst, bleibe ich auch sitzen. Und selbst wenn du nicht erfrieren solltest, mir ist nicht besonders warm.« Er schauderte, wie um seinen Punkt zu unterstreichen.
»Ja und?«, fragte Eliza, sie machte jedoch ein betretenes Gesicht.
»Na ja, wenn du selbst erfrierst, ist das deine Sache. Aber für meinen Tod wärst du dann auch verantwortlich, oder?« Nathan sah Eliza direkt in die Augen. Rica konnte geradezu sehen, wie irgendetwas, das keine Worte brauchte, zwischen ihnen hin- und herschwebte.
»Das ist ein Scheißargument«, sagte Eliza. »Das würdest du nie tun. Und abgegriffen ist es sowieso.« Doch sie kämpfte sich auf die Füße zurück und blieb zitternd stehen.
»Aber es hilft, oder nicht?« Nathan sprang ebenfalls wieder auf. Obwohl er in seinem gewohnt lockeren Tonfall sprach, deutete alles in seinem Gesicht auf große Sorge hin. »Ist es okay, wenn ich dich ein bisschen unterstütze beim Abstieg? Ich meine – und das ist nicht persönlich gemeint oder so –, du siehst echt fertig aus.«
»Ich bin fix und fertig«, wimmerte Eliza leise. »Fix und fertig zusammengestellt und frisch
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