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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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rechten Hand fest gegen ihre Zähne. Sie fühlte sich, als müsste sie gleich losheulen oder lachen oder hysterisch kreischen.
    »Mistkerl!« Die Stimme erklang so laut und so unmittelbar neben ihnen, dass Rica abermals zusammenzuckte.
    Der Kerl draußen fluchte noch einmal leise, gleich darauf erklang das Geräusch von reißendem Papier. Dann wurde der Ordner wieder ins Regal geschoben, und die Schritte entfernten sich. Rica erwartete jeden Moment, die Tür klappen zu hören, aber stattdessen erklang noch einmal die Stimme des Mannes.
    »Hör mal, Patrick, ich weiß, ich arbeite nicht mehr für euch, aber muss das hier wirklich sein? Es sind nur Kinder, verdammt, besondere Begabung hin oder her. Ihr könnt sie nicht so einem Stress aussetzen und erwarten, dass sie das alles brav hinnehmen. Wenn ihr so weitermacht, wird euch das ganze Experiment noch um die Ohren fliegen, darauf möchte ich wetten.« Eine kurze Pause folgte, als überlegte der Mann, was er noch sagen wollte.
    »Mit wem redet er?«, flüsterte Rica.
    Nathan hob warnend die Augenbrauen, doch als Rica fortfuhr, ihn fragend anzustarren, murmelte er: »Vermutlich hat er sich vor eine Kamera gestellt. Oder er macht über den Rechner eine Audioaufnahme.«
    Der Mann sprach weiter, ein wenig gelassener als zuvor. »Habt ihr nicht allmählich genug davon, an Menschen herumzuspielen? Nein, ich schätze nicht. Aber eines möchte ich dir noch sagen, und das gilt ganz unabhängig von allem anderen und ist eine ganz persönliche Angelegenheit.« Wieder eine Pause, dieses Mal war Rica sicher, dass er sie zu dramatischen Zwecken einlegte. »Halte dich von meiner Tochter fern!«, sagte er abschließend. Seine Stimme klang eiskalt und entschlossen.
    Dann folgte eine kurze Pause, und schließlich hörten sie, wie sich die Schritte in Richtung der Eingangstür begaben. Gleich darauf wurde die Tür geöffnet und geschlossen, und es war wieder still in dem Zimmer, vom Summen der Rechner einmal abgesehen.
    »Puh«, meinte Nathan und versuchte sein patentiertes Grinsen. »Das war knapp. Was der hier wohl wollte? Und wer er wohl war?«
    Rica umklammerte den Türrahmen so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. »Ich kann dir nicht sagen, was er wollte«, flüsterte sie. »Aber ich weiß, wer er ist. Das war mein Vater.«
    Stille.
    Rica hätte genauso gut eine Bombe in das winzige Badezimmer werfen können, die Überraschung hätte nicht viel größer sein können. Nathan starrte sie mit offenem Mund an. Eliza schien aus ihrer Lethargie erwacht zu sein und musterte Rica mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck.
    »Natürlich«, meinte sie dann. »Ich wusste doch, dass er mir bekannt vorkam letzten Sommer.«
    »Letzten Sommer?«, wollte Nathan wissen. »Was geht hier ab? Ich verstehe gar nichts mehr. Rica, wie kann das dein Vater sein, bist du dir sicher?«
    »Ich bin mir sicher«, antwortete Rica und schob die Tür auf, um der klaustrophobischen Enge des Badezimmers zu entkommen. Sie hatte schon auf der Piste das seltsame Gefühl gehabt, den Mann zu kennen, aber jetzt, wo sie ihn ohne seine Skimütze gesehen, seine Bewegungen verfolgt und seine Stimme gehört hatte, war sie sich ganz sicher. Das war ihr Vater.
    »Ich dachte, dein Vater wäre abgehauen«, meinte Nathan und kletterte aus der Duschwanne.
    »Ist er auch«, meinte Rica. »Vor langer Zeit.«
    »Und wie … Ich meine, was tut er hier, und was war nun mit letztem Sommer?« Nathan sah so ehrlich verwirrt aus, dass Rica hätte lachen müssen, wenn ihr nicht irgendwie gleichzeitig nach Weinen zumute gewesen wäre. Sie versuchte zu antworten, aber die Worte blieben ihr in der Kehle stecken.
    »Letzten Sommer ist bei uns an der Schule ein Mädchen ums Leben gekommen«, sprang Eliza mit sanfter Stimme ein. »Dann sind diese Kerle aufgetaucht, und haben einen anderen Schüler mitgenommen. Ricas Vater war dabei. Er kam mir damals schon so höllisch bekannt vor, aber da Rica nichts gesagt hat, bin ich überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen, dass es ihr Vater sein könnte.«
    »Wie hätte ich denn auch etwas sagen sollen?«, erwiderte Rica. »Ich kenne ihn ja nicht einmal.«
    »Und woher …« , begann Nathan, doch dann winkte er ab. »Ich verstehe schon. Weibliche Intuition und so.«
    »Nicht nur«, entgegnete Eliza sanft und sah Nathan direkt an. »Ist dir nicht aufgefallen, dass die beiden sich absolut ähnlich sehen?«
    »Findest du?« Rica und Nathan hatten die Worte fast gleichzeitig ausgesprochen, und wieder

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