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Optimum - Kalte Spuren

Optimum - Kalte Spuren

Titel: Optimum - Kalte Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Bicker
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vom Fließband.« Rica blinzelte. Sie fragte sich, ob ihre Freundin fantasierte. Außerdem erwartete sie, dass Eliza das Angebot abschlagen würde. Dafür ist sie doch viel zu stolz.
    Aber zu ihrer Überraschung nickte Eliza nach kurzem Überlegen. »Warum nicht? Eh alles egal!« Sie hatte den Blick wieder auf den Boden gesenkt und sah auch nicht mehr auf, als Nathan ihren Arm griff und sie bergab führte. Ein leichter Stich der Eifersucht durchfuhr Rica, aber sie war sich nicht ganz sicher, auf wen sie nun eifersüchtig war. Auf Nathan, weil er ihr ihre beste Freundin abspenstig machte? Auf Eliza, weil sie es irgendwie mit dieser verdammten Hilflosigkeitsmasche schaffte, einen gut aussehenden Kerl abzuschleppen? Auf beide, weil zwischen ihnen etwas passierte, was Rica kurz zuvor verloren hatte? Wenn wir zurück sind, rede ich mit Robin, beschloss sie. Vermutlich hat Eliza recht, und alles war nur ein Missverständnis. Zumindest hoffe ich das.
    Danach ging es ein wenig schneller voran, wenn auch immer noch nicht wirklich schnell. Der Schnee raubte ihnen allen die Sicht, aber glücklicherweise mussten sie nur bergab laufen, da blieb nicht viel Spielraum, sich zu verirren.
    Das Weiß nahm sie gefangen. Hatten sie beim Aufstieg noch die schwarzen Stämme der Bäume sehen können, so war nun alles, was auch nur ein paar Meter entfernt war, in Weiß versunken. Wirbelnde Flocken schienen es auf Ricas Augen abgesehen zu haben, stachen wie kleine Eissplitter in ihre Haut und verklebten ihre Wimpern. Allen Regeln der Logik nach hätten sie von Ricas Körperwärme schmelzen müssen, aber vermutlich hatte das noch niemand den Schneeflocken erzählt. Sie klammerten sich hartnäckig an ihr fest, und arbeiteten daran, Rica in einen lebendigen Schneemann zu verwandeln. Ihre Nase lief in einem fort, und irgendein zutiefst sarkastischer Teil von ihr sorgte dafür, dass ihr fortwährend »Rudolph the red nosed reindeer« durch den Kopf ging. Rica versuchte, die Melodie abzuschütteln, aber vergeblich.
    Ihre Beine waren schwer, ihre Knie schmerzten, und ihre Ohren dröhnten vor Stille. Sie bewunderte Nathan dafür, dass er Eliza auch noch auf den Beinen halten konnte, sie selbst hätte das nicht gekonnt. Alles, was sie fertigbrachte, war, sich nicht auch noch in den Schnee zu setzen und von Nathan bedauern zu lassen.
    Als sie endlich – nach Stunden, wie es Rica vorkam – ihre Langlaufski wieder erreicht hatten, hatte keiner von ihnen die Kraft, sie noch einmal anzuschnallen.
    »Wir lassen sie einfach stehen«, meinte Nathan. Er atmete inzwischen schwer. Eliza stützte sich auf ihn. Ihre Augen waren halb geschlossen, und sie sah nicht so aus, als wäre sie noch wirklich bei Bewusstsein.
    Rica nickte und machte sich ungefragt daran, einen Weg durch den tiefen Schnee zu bahnen. Ihr war klar, dass sie das Nathan auf gar keinen Fall auch noch zumuten konnte.
    Der Aufenthaltsraum war gerammelt voll, als sie hereinkamen. Überall saßen Schüler herum, selbst auf dem Boden. Brett- und Kartenspiele waren zwischen ihnen verteilt, ein paar saßen mit einem Laptop oder Netbook auf dem Schoß da. Es hätte das Sinnbild einer friedlichen, schulfreien Szene sein können, wenn da nicht der Unmut gewesen wäre, der im ganzen Raum deutlich zu spüren war.
    »Hol Frau Friebe«, sagte Nathan zu Rica und ließ Eliza auf eine der Bänke gleiten.
    »Okay!« Rica bahnte sich einen Weg durch die versammelten Schüler, die ihr nur widerwillig Platz machten. Frau Friebe hatte sich an die Stirnseite des Raumes zurückgezogen und die Nase in ein Buch gesteckt. Es hätte nicht deutlicher sein können, dass sie sich wünschte, ganz woanders zu sein.
    »Frau Friebe? Wir brauchen Ihre Hilfe. Eliza ist krank.« Die Worte sprudelten einfach so aus Rica heraus, bevor sie sich bewusst wurde, dass Frau Friebe da vermutlich gar nicht viel machen konnte. Aber vielleicht hatte sie wenigstens eine Hausapotheke dabei.
    »Krank?« Man musste Frau Friebe zugutehalten, dass sie sofort ihr Buch weglegte und aufsprang. »Wo ist sie?«
    Rica führte die Lehrerin zu der Bank am Eingang, wo Eliza immer noch zusammengesunken neben Nathan saß. Entweder sie selbst oder Nathan hatten es geschafft, sie von ihrer dicken Skijacke zu befreien. Nun saß sie da und zitterte am ganzen Leib.
    Frau Friebe kniete sich vor Eliza auf den Boden und betrachtete sie ernst. Sie fühlte kurz ihre Stirn und nickte dann. »Kannst du sie ins Bett bringen?«, fragte sie Nathan. »Am besten nimmst du ein

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