Optische Täuschungen
durch das gelbe Kerzenlicht her-vorgerufen. Der von der Sonne geworfene Schatten wird durch das gelbe Kerzenlicht beleuchtet, erscheint aber nicht weiß, sondern blau, er hat durch die Kontrastwirkung die komplementäre Farbe der durch das Kerzenlicht beleuchteten Fläche angenommen."
Sie können diesen Versuch selbst machen. Achten Sie dabei darauf, daß das Sonnenlicht nicht zu hell ist, und die Kerze relativ niedrig brennt.
Die Kontrastwirkungen werden um so weniger wahrnehm-
bar je kleiner die sich beeinflussenden Flächen sind. Trotz-dem treten Farbänderungen auf: Farben kleiner Flächen werden zum Wert der sie umgebenden Farbe hin verändert; es findet also eine Art optische Mischung statt (Bezold-Effekt).
Ist das Umfeld dunkler als die kleine Innenfläche, so wirkt auch die Farbe der Innenfläche dunkler. Ist hingegen das Umfeld heller, so wirkt die Farbe aufgehellt (Abb. 15). Werden die Flächen so klein, daß sie vom Auge nicht mehr aufgelöst werden können, mischen sich die Farben „additiv". Auf diesem Effekt beruhen die mehrfarbigen Drucke, die aus winzigen Farbpunkten (additiv) farbige Gesamtbilder zusammensetzen.
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Bewegungen
Das menschliche Auge ermüdet sehr schnell, wenn es ge-zwungen ist, ein Objekt zu fixieren. Es ergibt sich ein Lei-stungsabfall, und das Bild verschwimmt. Läßt man dagegen den Blick über das Objekt hingleiten, vermeidet also jede starre Fixierung, so fällt das Bild ständig auf andere voll leistungsfähige Segmente der Netzhaut. Mit Hilfe seiner Muskeln folgt das Auge also nicht nur dem Objekt, sondern die Muskeln sichern außerdem, daß man es richtig wahrnimmt.
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Experimentell ist nachgewiesen, daß auch dann Augenbewegungen stattfinden, wenn ein Objekt „fest“ fixiert wird. Das ist der Grund dafür, daß bei bestimmten Linienanordnungen Scheinbewegungen auftreten (Abb. 16 bis 19). Die Bewe-gungseffekte entstehen, weil die Nachbilder mit Neubildern konkurrieren, gegenüber denen sie infolge der unwillkürlichen Augenbewegungen etwas verschoben sind.
Geometrisch-optische Täuschungen
Das kennt wohl jeder: Dreiecke, die verbogen wirken, obwohl ihre Seiten gerade sind; Linien, die schräg zueinander zu stehen scheinen, obwohl sie parallel sind; oder auch das schiefe Quadrat, von dem sich herausstellt, daß es geometrisch exakt ist, wenn man es mit dem Lineal überprüft (Abb.
20-22). Solche geometrisch-optischen Täuschungen entstehen häufig durch Verbindung eines geometrischen Grundmu-sters mit geraden oder gekrümmten Linien. Hervorgerufen werden sie durch den Unterschied zwischen unserer eigenen, subjektiven Beurteilung der geometrischen Eigenschaft und den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie das Lineal bezeugt.
Die Täuschungen stellen sich relativ leicht ein, da Auge und Hirn in der Natur nie mit solchen geometrischen „Sonderfällen“ Bekanntschaft machen. Es fehlt daher jegliche Erfahrung, jegliche Übung und Fähigkeit, zwei überlagerte, ausgeprägte Muster richtig zu erfassen und zu interpretieren. Es ist uns unmöglich, die Eigenschaften der Figur und die des Hinter-grundes zu trennen. Das unterlegte Muster gibt gewisserma-
ßen den Stimmungsrahmen ab wie die Kulissen bei einem Theaterstück (Abb. 23-25).
Von Anfang an haben diese geometrisch-optischen Täu-
schungen Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen 33
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– Physiker, Physiologen, Psychologen – beschäftigt. Eine ein-wandfreie, anerkannte Erklärung gibt es dennoch bis heute nicht. Schauen wir uns einige weitere an:
Die Richtung von geraden Linien, die andere unter spitzem Winkel schneiden, wird scheinbar verändert. Die parallelen Geraden (Abb. 26) erscheinen gekrümmt. Bilden die beiden Geraden einen spitzen Winkel (Abb. 27), so werden sie noch stärker gekrümmt. Hierhergehören auch die bereits genannten Verformungen des Quadrats (konvex, konkav, prisma-tisch, Abb. 23-25) sowie das verformte Dreieck (Abb. 20).
Die sogenannte Zöllner'sche Täuschung ist ebenfalls eine Winkeltäuschung: Infolge schräger Schraffierung entsteht der Eindruck, daß parallele Linien nicht parallel sind (Abb. 21).
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Bei der „Fraser'schen Buchstabentäuschung" (Abb. 29
bis 30) handelt es sich um eine Schraffurtäuschung wie bei der schon gezeigten Spirale (Abb. 7).
Größentäuschungen
Die scheinbare Größe eines Objekts wird nachhaltig beeinflußt durch andere optisch einwirkende Objekte. Diese 38
gegenseitige Beeinflussung gilt für Flächen,
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