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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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hatte er für Gedichtbände wie Rafael, erzählte sie begeistert. Alle mochten den kleinen Jungen, besonders viel aber hatte Lea immer mit ihm gespielt. Sie holte sogar ein paar Fotos von Nevio und Lea heraus, wie sie im Garten Ball spielten. Dann wurde sie ernst und erzählte wie einmal der Ball in das Orchideenbeet geflogen war. Ihr Mann hatte den Jungen daraufhin verprügelt. Nach diesem Vorfall hielt Aleida den Jungen von der Familie fern und eines Morgens, es war ein paar Monate später, hatte jemand alle Orchideen aus dem Beet gerissen. Das war das Ende der Geschichte. Die vielleicht in einem Happy End hätte enden können, dachte Sam: Abgetriebener Enkel wird in die Familie aufgenommen. Aurelia sagte, dass sie noch ein paar Mal nach ihm gefragt hätte, aber schließlich war der Junge der Angestellten doch in Vergessenheit geraten.
    „Es gibt da etwas, was ich Ihrem Sohn mitbringen soll“, begann Sam. „Es befindet sich in dem Zimmer Ihres Mannes unter der Schublade des Nachttisches.“
    Aurelia erhob sich und forderte Sam und Juri auf, ihr zu folgen.
    Das Zimmer von Heinrich Thiel war so spartanisch eingerichtet, wie der Rest des Hauses. Es roch nach jahrzehntealten Möbeln und altem Mann. In dem kleinen Nachttisch, auf dem eine goldene Lampe mit grünem Schirm stand, waren zwei Schubladen und ein Fach eingebaut, in dem eine Marienfigur stand.
    Sam bückte sich und tastete den unteren Schubladenboden ab. Und tatsächlich, ganz hinten in der Ecke fühlte er eine kleine Erhebung, die mit einem Klebeband befestigt worden war. Er zog es vorsichtig ab und fing mit der anderen Hand den kleinen Gegenstand auf. Als er seine Hand unter dem Fach herauszog betrachteten alle neugierig den kleinen Gegenstand in seiner Handfläche. Es war ein goldener Ring mit einem kleinen Diamanten, der in einer kronenartigen Fassung lag, und der letzte stumme Zeuge eines blutigen Ereignisses war.
    Aurelia nahm ihn entgegen, hielt ihn ins Licht und betrachtete ihn mit prüfendem Blick. „Das ist der Verlobungsring, den Rafael seiner damaligen Freundin Maya geschenkt hat. Ich war dabei, als er ihn gekauft hat“, sagte sie und sah Sam fragend an.
    Sam erklärte ihr daraufhin die Zusammenhänge. Auch jetzt zeigte Aurelia kaum eine Regung. Sie hörte nur stumm zu. Rafael war ihr doch sehr ähnlich, stellte Sam fest. Er steckte den Ring in seine Hosentasche. Der Ring, mit dem Rafael Rodriguez vor siebenundzwanzig Jahren sein Schicksal besiegelt hatte.
     
     

62.
     
     
     
    Gegen Abend fuhr Sam noch einmal in die Clinica Medellín zu Lea. Weil sie gerade schlief, ging er ein paar Türen weiter und sah durch die Scheibe in Thiels Zimmer. Er hatte gerade Besuch, weshalb Sam runter in die Cafetería ging, um sich einen Tinto zu holen. Der schwarze Kaffee wurde in kleinen Pappbechern ausgeschenkt und von den Einheimischen meist mit viel Zucker getrunken. Sam hatte sich inzwischen an die dünne Plörre, wie er den kolumbianischen Kaffee nannte, gewöhnt und hatte sogar Geschmack daran gefunden. Man gewöhnte sich eben an alles.
    Während er aus dem Fahrstuhl im zweiten Stock trat und den Flur entlangschlenderte, kam der Besucher gerade aus Thiels Zimmer. Er hatte eine Schirmmütze auf und ging mit gesenkten Kopf auf Sam zu. Als der junge Mann auf gleicher Höhe mit ihm war, hob er den Kopf und ihre Blicke trafen sich. Stechend blaue Augen registrierte Sam und drehte sich nach ihm um, dabei wurde er fast von einem Arzt und zwei Schwestern umgerannt, die in Thiels Zimmer eilten. Sam versuchte den jungen Mann in der Menge zwischen den anderen Besuchern auf der Treppe auszumachen, aber er war verschwunden, und als er sich zu Heinrich Thiels Zimmer umdrehte, das jetzt offen stand, konnte er sehen, dass der alte Mann tot in seinem Bett lag.
    In Heinrich Thiels Herz steckte noch eine Spritze und auf seinem Nachtisch hatte der Besucher einen kleinen Zettel hinterlegt auf dem stand
     
    Das Feuer es reinigt ohn Ansehen der Macht
    Und Ruhe und Frieden kommt nun mit der Nacht.
     
    Sam hatte kaum die Zeilen gelesen, als ihm ein erschreckender Gedanke durch den Kopf schoss und sein Herzschlag für einen Moment aussetzte. Er legte einen Spurt über den Flur ein und stürmte in Leas Zimmer.
    Sie lag in der gleichen Stellung wie vor einer halben Stunde in ihrem Bett. Sam näherte sich ihr langsam und legte seine Finger an ihre Halsschlagader. Ein regelmäßiger Puls schlug gegen seine Kuppen und ließ ihn erleichtert durchatmen.
    Lea war immer nett zu dem

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