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Ort der Angst (German Edition)

Ort der Angst (German Edition)

Titel: Ort der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mala Wintar
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stand auf und schluchzte. Sie alle hatten Todesangst. Dicht aneinandergedrängt standen die drei Überlebenden da und erwarteten ihr Schicksal.
    „Sie sind da!“ Olivers Flüstern ging in dem Getöse unter, das jetzt von allen Seiten auf sie einstürmte. Schatten hüllten sie ein, drängten sich zwischen ihnen hindurch, kreischend, zwitschernd, brüllend. Die Schemen wanderten über ihre Gesichter hinweg und ließen beißende Kälte auf ihrer Haut zurück. Keiner wagte, zu atmen. Die Laute schwollen zu ohrenbetäubendem Geschrei an und … verstummten.
    Oliver blinzelte und musste ein paarmal tief durchatmen, ehe er das Geschehen im Geiste verarbeiten konnte. Bis auf das sanfte Rauschen des Flusses war alles ruhig. Wo sind sie hin?
    „Ihr habt Glück!“ Anna zuckte zusammen. Ein Fremder war wie aus dem Nichts direkt hinter ihr aufgetaucht und deutete zum Ufer. „Das Opfer wurde angenommen. Seht selbst!“
    Verwirrt richtete Oliver das Licht seiner Lampe erneut auf die Tote und erschrak. Auf ihrem Rücken saß ein riesiger Frosch und leckte sich über die Augen. Das Vieh war mindestens so groß wie eine Katze! Einfach grotesk!
    Auf einmal tauchte das Leuchten auf. Ein roter Blitz im Wasser, dann noch einer! Oliver beugte sich weiter nach vorn, um etwas erkennen zu können. Der Wasserbewohner fühlte sich durch das ungewohnte Licht sichtlich gestört und sprang mit einem Satz zurück in sein nasses Element.
    Zusammen mit dem Blut, das aus Melanies Körper in den Fluss strömte, schaukelte ihr langes Haar in sanften Wellen hin und her. Das Leuchten tauchte jetzt an vielen Stellen auf. Einzelne Impulse, die sich von Melanies Kopf aus flackernd durch das Wasser bewegten und senkrecht in die Tiefe entschwanden. Das Licht wurde stärker und formte sich schließlich zu hellroten Bahnen. Wie Stränge eines Venensystems, das zu einem riesigen Wesen gehörte. Nein - vieler Wesen. Im Rhythmus eines schlagenden Herzens tauchten die lumineszenten Gestalten auf und verblassten wieder. Bei manchen glaubte Oliver, schemenhafte Gesichter zu erkennen. Zumeist jedoch bestanden sie nur aus verästelten Bahnen, die erst durch das Blut sichtbar wurden, sobald es durch sie hindurchströmte.
    Von Grauen gelähmt starrte Oliver auf die Szenerie. Annas Schluchzen verstummte.
    „Was für ein kranker Irrsinn ist das?“ Roberts Stimme klang rau und überschlug sich.
    „Ihr habt die Ruhe dieses heiligen Ortes gestört und euch an die Schwelle zur Unterwelt begeben. Was erwartet ihr?“, fragte der Unbekannte gelassen. „Aber seid unbesorgt. Sie sind besänftigt; vorübergehend. Wir sollten jetzt gehen!“
    Oliver wusste nicht, wohin er sich wenden sollte. Vor ihm spielte sich dieses grässliche Schauspiel ab, hinter ihnen stand dieser Unbekannte und redete wirres Zeug.
    „Sie ziehen sie ins Wasser!“, schrie Anna. Und wirklich, langsam rutschte Melanies Leichnam über das knirschende Kiesbett dem Fluss entgegen. Oliver schickte sich an, hinabzuspringen, um es zu verhindern.
    „Das würde ich nicht tun!“, warnte der Unbekannte.
    Robert leuchtete dem anderen ins Gesicht. „Wer sind Sie überhaupt? Verflucht, was ist mit Ihrem Auge passiert?“
    Jetzt sah Oliver es auch. Der ganze Bereich um das rechte Auge dieses Typen sah extrem entzündet aus. Wundsekret sickerte aus tiefen Schnitten um die Höhlung herum. Die Schwellung verdeckte fast den kompletten Augapfel. Als der Mann seinen Kopf senkte, blitzte es grün auf.
    „Runter mit der Lampe!“ Er klang jetzt bedrohlich.
    Robert reagierte nicht und gaffte weiter.
    Anna begann zu wimmern. “Bitte, Robert! Er hat ein Messer!“
    Mit der Klinge an Annas Kehle dirigierte er sie alle durch das Loch in der Wand, hinein in die dahinterliegende Kammer. Oliver musste eine Petroleumlampe entzünden, die dort auf dem Boden stand. Von einer tönernen Schale stieg Rauchwerk auf. Also von hier kam der Geruch, dachte Oliver und wartete auf weitere Order. Wäre er doch nie auf die Idee gekommen, diese verfluchte Reise zu unternehmen!
    „Du da!“, rief der Fremde und deutete auf Robert. “Du siehst kräftiger aus! Du wirst es tun! Aber zuerst fesselst du den anderen!“
    „Ihn fesseln? Womit denn?“
    „Nimm seinen Gürtel!“
    Während Robert Olivers Hände auf dessen Rücken band, tat der Unbekannte dasselbe bei Anna.
    „Nimm den Vorschlaghammer dort!“, befahl er weiter. „Und komm nicht auf dumme Gedanken! Sonst ist das Mädchen fällig!“ Robert gehorchte. „Gut! Jetzt schlag die

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