Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
von einem mörderischen Sweet William verfolgt zu werden, stellt sich heraus, daß William seinerseits tödlich verwundet ist und daß der Mörder Dread sich statt dessen hinter der Großmutter Quan Li verbirgt. Nachdem sein Geheimnis gelüftet ist, entkommt Dread mit dem Zugangsgerät, und Renie und die anderen müssen in der befremdlichen Welt bleiben, vielleicht für immer.
Inhalt
Was bisher geschah
Vorspann
Eins • In Träumen gefangen
Fremde unter sich
Ein antiquierter Ton
Der Sitz des Teufels
Heikle Bodenverhältnisse
Als Tourist in Madrikhor
Qual der Wahl
Krieg im Himmel
Das Haus
Zwei • Engel und Waisen
Augen aus Stein
Gottes einzige Freunde
Quarantäne
Der unheimliche Gesang
Die Molkerei
In Banditenhand
Warten auf den Exodus
Drei • Scherben
Freitagabend am Ende der Welt
Die Madonna der Fenster
Träume in einem toten Land
Von einem Herzschlag zum nächsten
Beim Elefanten
Das Turritorium
Wäsche wider Willen
Dem Wind überlassen
Ernste Spiele
Ein Job zu ungewöhnlichen Konditionen
Vor der Schlacht
Vier • Sonnenuntergang auf den Mauern
Unterwegs nach Hause
Ein Obolos für Persephone
Fahrten ins Ungewisse
Spielball der Götter
Die Stätte, wo sie ruhen
Das Trojanische Pferd
Ein Stück des Spiegels
In Ewigkeit
Der Weiße Ozean
Ausblick
Vorspann
> Während die Frau sprach, zog die Flamme der Öllampe mehrmals seinen Blick auf sich, und die flackernde Helle kam ihm in diesem ruhigen Raum wie das einzig Wirkliche im ganzen Universum vor. Selbst ihre Augen, die großen dunklen Augen, die er so gut kannte, schienen nur ein Detail aus einem Traum zu sein. Es war beinahe nicht zu glauben, aber dies hier war endlich, ganz ohne Frage, sie. Er hatte sie gefunden.
Aber so einfach kann es nicht sein, dachte Paul Jonas. Das wäre das erste Mal.
Und natürlich hatte er recht.
Zuerst hatte es tatsächlich den Anschein, als ob eine langverschlossene Tür zu guter Letzt doch noch aufgegangen wäre – oder vielmehr, als ob Paul, dem das Entsetzen über Gallys Tod immer noch in den Knochen steckte, die Endrunde eines extrem langwierigen und unbegreiflichen Wettkampfs erreicht hätte.
Die Frau des verhinderten Heimkehrers Odysseus, die alle für seine Witwe hielten, vertröstete ihre Freier schon seit geraumer Zeit mit der Ausrede, vor jedem Gedanken an eine neue Vermählung müsse sie erst ihrem Schwiegervater das Leichentuch gewebt haben. Allnächtlich, wenn die Freier betrunken eingeschlafen waren, trennte sie dann die Arbeit des Tages heimlich wieder auf. Darum traf Paul, als er in der Gestalt ihres Mannes zu ihr kam, sie am Webstuhl an. Als sie sich umdrehte, sah er, daß das Motiv des Tuches Vögel waren, hell blickende, schön geflügelte Vögel, jede einzelne Feder ein kleines Wunder aus farbigen Fäden, aber er schaute nicht lange darauf. Die geheimnisvolle Erscheinung, die in so vielen Gestalten und in so vielen Träumen zu ihm gekommen war und die sich an diesem Ort als hochgewachsene, schlanke Frau im reifen Alter darstellte, stand ihm jetzt wartend gegenüber.
»Es gibt so viel, was wir zu bereden haben, mein langverschollener Mann – so viel!«
Sie bot ihm ihren Hocker an. Als er sich gesetzt hatte, kniete sie sich mit natürlicher Grazie zu seinen Füßen auf die Steinplatten. Wie alle im Haus roch sie nach Wolle, Olivenöl und Holzrauch, aber darunter war noch ein Duft, den Paul als ihren ureigenen empfand, ein Hauch von Blumigkeit, Körperlichkeit.
Seltsamerweise gab sie ihm keinen Begrüßungskuß, ja rief nicht einmal die Dienerin Eurykleia zurück, um ihrem so lange vermißten Gatten Wein oder Speisen bringen zu lassen, aber Paul war nicht enttäuscht: Antworten auf seine vielen Fragen interessierten ihn viel mehr. Die Lampenflamme flackerte, dann wurde sie still, als ob die Welt den Atem anhielte. Alles an ihr wirkte vertraut, sprach von einem Leben, das er verloren hatte und unbedingt wiedergewinnen wollte. Er wollte sie an sich pressen, aber irgend etwas, vielleicht ihr kühler, ein wenig banger Blick, hielt ihn ab. Er war von den Ereignissen ganz benommen und wußte nicht, wo er anfangen sollte.
»Wie … wie heißt du?«
»Wie ich heiße? Penelope, du Seltsamer«, sagte sie, und ein Verwunderungsfältchen erschien zwischen ihren Brauen. »Hat dich die Fahrt in das düstere Reich des Todes sogar um dein Gedächtnis gebracht? Das wäre aber sehr traurig.«
Paul schüttelte den Kopf. Den Namen von Odysseus’ Gemahlin kannte er, aber er
Weitere Kostenlose Bücher