Outback: Unter australischer Sonne (German Edition)
Fohlen zu begutachten. Faith wälzte sich hastig seitlich durch das Stroh, ehe Samantha sie zufällig durch den breiten Spalt zwischen Tür und Boden entdecken konnte. Mit wildem Herzklopfen blieb sie neben dem Eingang hocken und presste sich mit dem Rücken an das Holz.
Um keinen Preis durfte Samantha sie jetzt erwischen. Das würde alles verderben.
„Stute oder Hengst?“
„Stutfohlen“, erwiderte Ian.
„Hat sie schon einen Namen?“
„Nein. Faith hat bei der Geburt geholfen, sie darf die Kleine taufen.“
„Hmm ... Faith.“ Samanthas Stimme klang gedehnt, als sie ihren Namen nannte. „Grandma hat mir erzählt, dass Marilyn eine Lehrerin angeschleppt hat.“
Faith drehte den Kopf ein Stück, um durch einen schmalen Spalt im Holz zu äugen. Viel erkennen konnte sie nicht, sie sah Ians breiten Rücken und seine Schulter. Halb von ihm verdeckt erblickte sie ein paar blonde Haare.
„Ihr duzt euch also schon“, bemerkte Faith.
„Sie ist sehr nett“, gab Ian zurück. Faith konnte regelrecht hören wie er grinste und trotz der Aufregung in ihr, verspürte sie auch eine wohlige Wärme. Ein Augenblick der Stille verging und sie hielt nervös die Luft an.
„Du magst sie.“
Das war eine Feststellung, keine Frage.
„Ja.“
Eine Weile blieb es still.
„Mag sie dich auch?“
„Das hat sie mir jedenfalls gesagt“, gab er zurück.
Samantha atmete hörbar ein.
„Ich muss aber noch nicht Mom zu ihr sagen, oder?“
Faith schluckte hart. Der ätzende Ton in Samanthas Stimme gefiel ihr gar nicht. Vielleicht wäre es diplomatischer von Ian gewesen diesen Fragen genauso auszuweichen, wie der der nach seinen nackten Füssen.
„Nein, musst du nicht. Weder jetzt noch später“, entgegnete er sanft. „Aber es wäre schön, wenn du ihr einfach eine Chance gibst.“
„Wenn sie wie Marilyn ist, wird das schwierig“, erwiderte Samantha deutlich gereizt.
„Denkst du ernsthaft, ich würde jemandem wie deiner Mutter hier noch einmal die Tür öffnen?“, wollte Ian wissen. Samantha schwieg einen Moment, verlagerte ihr Gewicht auf das andere Bein und Faith konnte einen Teil ihres Gesichtes erkennen. Klare, grüne Augen funkelten zu ihrem Vater hoch und in ihren Zügen war deutlicher Unmut zu sehen, dennoch tat es ihrem guten Aussehen keinen Abbruch.
Samantha war wirklich sehr hübsch. Das herzförmige Gesicht mit den großen, ausdrucksstarken Augen, die von langen, schwarzen Wimpern umrahmt wurden. Die schmale Stupsnase und ein Mund, der den Jungs früher oder später den Kopf verdrehen würde. Ihre honigblonden, glänzenden Locken waren von zahlreichen helleren Strähnen durchzogen und Faith erkannte, dass vereinzelt ein paar pinkfarbene Fäden hinein gefärbt waren.
Sie konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Zeigte die bunte Haarpracht doch deutlich, dass Samantha im Grunde ein ganz normaler Teenager mit ganz normalen Wünschen und Problemen war.
„Okay“, lenkte Samantha ein. „Ich gebe ihr eine Chance. Sie soll mich ja eh unterrichten.“ Theatralisch rollte sie mit den Augen. „Aber wenn ich sie nicht mag, kann sie wieder gehen.“
„Und wenn du sie doch magst?“, fragte er belustigt zurück.
„Das sag ich dir dann, falls es so weit kommen sollte“, gab Samantha unwillig zurück. „Wo ist sie überhaupt?“
Faith schluckte und schloss die Lider. Punkte tanzten vor ihren Augen und sie drückte angstvoll eine Hand auf ihre Lippen.
„War sie nicht im Haus?“, fragte Ian zurück. Zittrig hob Faith den Kopf, starrte auf die Spinnweben, die über ihr an den Balken hingen und lauschte. Er sollte seine Tochter nicht wegen ihr anlügen, aber natürlich wollte sie um keinen Preis, dass Samantha eins und eins zusammenzählte.
„Nein.“
„Dann sollten wir wohl nach ihr suchen“, meinte Ian leichthin. „Warte, ich hole nur kurz meine Stiefel.“ Schritte näherten sich der Box, in der Faith sich immer noch an die Wand drückte, dann öffnete sich die Tür und Ian kam herein. Er zwinkerte ihr lächelnd zu und gab ihr stumm ein Zeichen, dass sie den Stall später verlassen solle.
Sie starrte ihn aus großen Augen an, nickte stumm und er griff rasch nach seinen Stiefeln, um die Box wieder zu verlassen. Draußen hörte sie wie er in die Schuhe schlüpfte und Samantha ein entrüstetes Schnauben von sich gab.
„Mir sagst du immer, ich soll nicht barfuss in Stiefeln herum laufen“, beschwerte sie sich, „und nun machst du es selbst.“
„Du weißt doch, wie das ist“, erwiderte Ian
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