Outback
seinen Unfall. Nach einer Weile im Rollstuhl wollte er wissen, ob sie ihn noch liebte, auch wenn sie ihm aufs Klo helfen musste.“
„Das ist sadistisch“, bemerkte Shane.
„Mein Lieber, Gottvater war sadistischer! Hat er nicht Abraham befohlen, ihm seinen kleinen Sohn zu opfern? Es war ein Spiel.“
„Nur wenn man es noch rechtzeitig abbricht“, sagte Shane.
„Was heißt schon rechtzeitig? Manche haben das Spiel schon am Anfang ihres Lebens verloren und brechen es nicht ab, weil sie gar nicht wissen, dass sie verloren haben!“
Unterwegs nach Coocooloora unterrichtete Shane per Funk Al Marlowe über die Ereignisse.
„Shane, bist du dir darüber im Klaren, dass wir dann zwei Frauenmörder haben? Sieh zu, dass du hieb- und stichfeste Beweise hast. Immerhin haben wir hier einen, der alle Morde gestanden hat.“
„Al, ich schnapp ihn mir.“ Shane legte auf. Er würde Peter Hill erwischen, im letzten Moment, wenn er nichts mehr abstreiten könnte. Webster unterbrach seine Gedanken.
„Glauben Sie, Hill geht nach Hause?“
„Ich hoffe es. Er weiß ja nicht, dass wir ihm auf der Spur sind. Vielleicht ahnt er es. Aber noch weiß er nicht, dass wir wissen, wer sein Vater ist, und auch nicht, dass wir seine Blutgruppe auf der Regenjacke festgestellt haben.“
„Aber spätestens mit seinem Verschwinden hat er sich doch verdächtig gemacht. Er muss damit rechnen, dass wir eine Verbindung herstellten zwischen Sue Zuckers Tod und seinem Verschwinden.“
„Nicht unbedingt. Wenn man Sue Zucker erst morgen oder Tage später gefunden hätte, wäre womöglich niemand auf die Idee gekommen, ihn mit dem Mord in Verbindung zu bringen. Vielleicht wollte er am nächsten Tag wieder im Krankenhaus auftauchen ... Wie sollten so unauffällig wie möglich vorgehen. Paddy soll Jo zur Polizeistation bringen!“
Webster schüttelte den Kopf. „Aber Paddy meldet sich nicht. Was machen wir jetzt?“
„Wir fahren zum Rodeo! Wenn Hill Frank Copeland aus Eifersucht getötet hat, dann sind auch Jo und der Junge in Gefahr“, sagte Shane. Webster trat das Gaspedal durch.
Peter Hill
Als er seine Mutter erschoss, konnte er zum ersten Mal in seinem Leben frei atmen. Und jedes Mal, wenn er danach wieder tötete, konnte er für Stunden, Tage und Wochen Freiheit und Frieden spüren. Doch dann kamen die anderen Gefühle wieder: die Angst vor den anderen, vor ihren Worten, vor ihrem brutalen Lachen, der Hass auf diejenigen, die ihn demütigten. Überall traf er sie. An den Kassen der Supermärkte, als Kundinnen in seinem Laden, an der Tankstelle, in Pubs – seine Mutter hatte tausend Leben. Er musste sie immer wieder töten, denn sie erstand immer wieder auf.
Jo war anders. Das hatte er wenigstens am Anfang gedacht. Sie lachte ihn nicht aus, sie bewunderte und liebte ihn. Bis dieser Journalist kam und ihr den Kopf verdrehte. Dabei hätte sie doch ihm, Peter, dankbar sein müssen. Was hatte sie denn für ein Leben geführt, bevor er sie damals in Sydney kennen gelernt und sie nach einer Woche mit nach Coocooloora genommen hatte? Bedienung in einem Schnellrestaurant – ihr Freund, ein heroinsüchtiger Arbeitsloser, der ständig mit der Polizei zu tun hatte! Ihre Eltern starben als sie sechzehn war. Er war vierzehn, als er seine Mutter er schoss und sein Vater für ihn ins Gefängnis ging.
Sein Vater sagte Ja und Amen zu allem, was seine Frau befahl, ging Konflikten aus dem Weg, in den seltenen Zeiten – in denen er überhaupt zu Hause und nicht unterwegs war, in seinem auf Pump gekauften Truck, den er Woche für Woche abzahlen musste. Er kannte seinen Sohn ja kaum. Wie sollte er an dem zweifeln, was seine Frau über ihn erzählte? Über die angeblichen Böswilligkeiten, Lügen und Diebstähle. Sein Vater wusste nicht, dass er nur log, weil seine Mutter ihm sadistische Verbote auferlegte.
Sein Vater glaubte nicht, dass er das Essen in Supermärkten und Restaurants nur stahl, weil er zu Hause nichts zu essen bekam, weil seine Mutter ihm, wenn er von der Schule kam, den Finger in den Hals steckte, damit er sich übergab und alles auskotzte, was er in seiner Not irgendwo gefunden oder geklaut hatte. Sein Vater wusste das alles nicht. Erst als er Pleite ging, sie ihm den Truck pfändeten, er für ein paar Monate zu Hause blieb, muss ihm klar geworden sein, dass sein Sohn nicht log, sondern dass seine Frau psychisch krank war. Jetzt richtete sich ihr blinder Hass auch gegen ihn, ihren Mann. Sie demütigte ihn, lachte ihn aus, sah ihn
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