Pallieter
gelebt hatte, das er in sich trug in all seinem überherrlichen Reichtum.
Er blieb stehen, um es zu betrachten, und ließ den Wagen weiterfahren. Die Mühle schlug ihre roten Flügel höher als die Bäume, der Beginenhof breitete hinter den hohen Wallbäumen seinen Frieden aus, und weiter lagen die Felder und die Gehöfte, grasten die Schafe und gingen die Gänseherden; da lag, höher als die Felder, der gewundene Lauf der Nethe, und Schiffe zogen darüber hin. Tauben flogen am Himmel.
»Hurra, o Land!« rief Pallieter, und er nahm eine Handvoll Erde auf, steckte sie in die Tasche und sagte: »Das is ein Heiligtum!« Und dann wandte er sich um, sah den ewigen Beginenwald, den blauen Horizont, die Welt! Er hob eine Hahnenfeder auf und steckte sie auf die Mütze, und ausgelassen wie ein Kind, lief er singend dem weißen Wagen nach, der dort auf der Straße weiterwackelte.
Weit und fern streckte sich das breite Nethetal bläulich aus unter dem feinen, grauen Himmel, der hier und da einen Tropfen fallen ließ. In dieser Weltunendlichkeit lagen winzig die Häuser, flach die Wälder und klein und zierlich die Dörfer und die Mühlenweiler. Noch kleiner waren die Menschen hineingetüpfelt, die das eifrige Werk des Sommers vollbrachten; volle Heuwagen rollten über die Wege, Wagen gingen und kamen, Menschen hin und her, und auf der Nethe, die in großen, trägen Buchten durch das üppige Land nach dem blauen Horizont schlingerte, schienen die Schiffe still zu stehen, und ein schwarzer Eisenbahnzug kroch, mit einer prächtigen, weißen Rauchfahne hinter sich, langsam vorwärts.
Das ganze Land hob seinen goldenen Duft wie Weihrauch in die Luft. Und auf einmal stieß die Sonne aus dem Westen riesige milchweiße Lichtbalken durch die Wolken und über die Erde, Dörfer glänzten, Mühlen drehten sich in der Helligkeit, und über die ganze festliche Welt spannte sich alsdann wie eine nie gesehene Schönheit ein klarer, breiter Regenbogen aus.
Die Welt jubelte!..
Und siehe! dort hinten, ganz, ganz weit, als ein weißer Punkt, in der Richtung hin, wo der Süden sich aufhellte, fuhr der weiße Planwagen unter dem Regenbogen hindurch.
Und so verließ Pallieter, der Tagemelker, das Netheland und zog in die schöne, weite Welt hinaus wie die Vögel und der Wind.
Aus dem Flämischen übertragen
von Anna Valeton-Hoos
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Insel-Verlag Zweigstelle Wiesbaden
243. bis 252. Tausend: 1953
Gedruckt bei J. Fink, Stuttgart
Printed in Germany
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