Paloma - Ein Liebesroman (German Edition)
zurückgekehrt, um ihr Medizinstudium wieder aufzunehmen. Auf Magali ließ sie sich jedenfalls nie wieder blicken. Die Leute redeten noch eine ganze Weile darüber, denn immerhin war sie eine der eher Wenigen, die von sich sagen konnte, sie habe mit mehr Geld in der Tasche die Insel verlassen als sie mitgebracht hatte.
Sich mit ihrem ganzen Gewicht auf Paloma stützend, führte die alte Antonia sie zu einem Tisch in der Sala, auf dem sich ein großer, eckiger Gegenstand befand, der mit einem Bettlaken zugedeckt war. Um die Spannung zu erhöhen, ließ Antonia sich viel Zeit, ehe sie mit spitzen Fingern das Laken herunter nahm. Ein riesiger Fernsehapparat kam zum Vorschein. Größer noch als der in der Bar El Centro.
„Was sagst du dazu? Ein Geschenk von Carlos, ja, ja, meine Jungens wissen, was ihre Tante freut“, erklärte Antonia stolz.
Es war nicht das erste Geschenk, das Carlos seiner Tante machte und auch Matias und José, die beiden anderen Neffen, hatten ihrer Tante bereits mit diversen Geschenken ihre Wertschätzung erwiesen. Und da Antonia ihre Geschenke gerne jedermann vorführte, stapelten sich auf einem Tisch in der Sala eine Menge Kartons mit Bügeleisen, Lampen, Radios, Weckeruhren, Heizdecken und so weiter. Allerdings benützte Antonia keines dieser Geräte. Konnte sie auch gar nicht, da ihr Hof nicht ans örtliche Stromnetz angeschlossen war. Was für Antonia jedoch keine Rolle spielte. Sie hoffte auf einen baldigen Stromanschluss, aber vor allem kam es ihr darauf an, beschenkt zu werden.
Nachdem Paloma das gute Stück ausgiebig bewundert hatte, wurde es wieder abgedeckt. Sorgfältig wurden die Ecken des Bettlakens eingeschlagen, um es vor dem allgegenwärtigen Staub zu schützen. Danach nahm Antonia wieder auf der Veranda Platz. Paloma überlegte sich bereits, wie sie am besten auf den Anlass ihres Besuches zu sprechen kommen sollte, aber Antonia begann bereits über die Einnahmen aus dem Pullover verkauf zu reden – den ganzen Monat über waren sie fast unwahrscheinlich gut gewesen. Nicht nur das Vormittagsgeschäft in San Lorenzo lief gut sondern auch das Abendgeschäft in Monforte. Auf dem sogenannten Hippiemarkt an der Strandpromenade. Antonia saß Abend für Abend mit ihrem kleinen Tisch und den Körben voller Pullover zwischen jungen, langhaarigen Leuten, die Silberschmuck und anderes Kunsthandwerk anboten.
„Kind, es hilft nichts, wir müssen uns was einfallen lassen“, sagte Antonia. „Spätestens Ende Juli wird uns die Ware knapp und ich kann den Laden dicht machen.“
Paloma hatte bereits selbst mit Sorge festgestellt, wie rasch ihr Vorrat an Pullovern abnahm.
„Ich weiß“, sagte sie, „aber was soll ich machen? Selbst wenn ich von morgens bis abends stricke, mehr als einen Pullover pro Tag schaff ich nicht. Wenn überhaupt. Ich hab ja auch sonst noch einiges am Hals, mehr denn je seit ich allein bin.“
„Ja. Aber nur, weil du es nicht richtig anfängst.“
„Weil ich die Tiere und den Gemüsegarten nicht aufgebe? Das kann ich nicht. Dann verkaufe ich lieber weniger Pullover.“
„Schon gut. Niemand verlangt, dass du irgendwas aufgibst. Sei gescheit, mach es wie ich. Lass andere für dich arbeiten ... Bei der Gelegenheit, kannst du mir Wasser aufstellen für meine Kartoffeln? Meine Beine sind heute mal wieder die reinsten Wassermelonen. Ich vertrage diese Hitze einfach nicht mehr.“
Paloma holte Wasser und setzte es auf dem Gasherd in der Küche auf und nahm dann einen Korb Kartoffeln und fing an zu schälen.
„Wie war das gemeint vorhin, ich soll andere für mich arbeiten lassen? Wen denn? Ich hab keine solche Neffen wie du.“
„Wenn du willst, kannst du einen haben. Du hast sogar freie Wahl. Jeder der dreien wäre ein guter Mann für dich.“
„Lieber nicht.“
„Dann lass es bleiben. Ist vielleicht auch gescheiter. Wenn ich je geheiratet hätte, was mir zum Glück ja erspart geblieben ist, ich hatte ja meine drei Neffen am Hals nach dem Tod meiner Schwester, müsste ich mich jetzt wahrscheinlich mit einem alten Mann rumärgern, der mein gutes Geld in die Kneipe trägt. Hast du sc hon gehört? Miguel von der Bar El Centro will noch ein Stockwerk draufsetzen auf die Kneipe. Klar, der verdient sich dumm und dämlich an all den Nieten, die sich bei ihm den Hals voll laufen lassen. Und weißt du, was die Kerle neuerdings auch noch gerne machen? Unten an den Stränden rumlungern und sich die halbnackten Frauen ansehen. Was soll man dazu sagen?“
Antonia
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