Paloma
kam, dass er eine andere hatte.
Danach kam Angelo nicht mehr. Einmal sah Paloma ihn noch hinter der Mauer stehen, die den Hof abgrenzte. Als sie zu ihm hinüber sah, spuckte er ins Gebüsch und trollte sich dann. Aber sie hatte auch später noch manchmal das Gefühl, er lauerte ihr auf, in irgendeinem Gebüsch versteckt. Einige Wochen später hörte sie von Ana, Angelo habe seine Arbeit als Wasserfahrer verloren und arbeitete jetzt als Gärtner in der neuen Hotelanlage an der Cala des Mortes, die demnächst eröffnet werden sollte. Aber Paloma interessierte das nicht.
Es gab interessantere Neuigkeiten. Mittlerweile war es Ende Mai und die ersten Touristen waren auf der Insel eingetroffen. Antonia saß nun wieder Tag für Tag auf der Plaza Consistorial und verkaufte Palomas Pullover. Und es dauerte nicht lange bis Paloma von demselben Fieber gepackt wurde wie nahezu jeder auf der Insel. Überall gab es bald nur noch dieselben Fragen: Wie viele Touristen würden wohl kommen in diesem Sommer? Und wie viele Peseten ließen sie diesmal auf der Insel?
Vierter Teil
PHILIPP
1982
Es war einer der seltenen Tage auf Magali, an denen der Himmel mit jenem schwerem bleiernen Grau bedeckt war, der Regen bringen würde. Keinen jener heftigen Regengüsse, die mit solcher Wucht herunterkamen, dass der staubtrockene Boden das Wasser nicht mehr aufnehmen konnte und noch den kleinsten Abhang hinunterschoss und guten Boden mit sich riss, sondern ruhig und gleichmäßig fallender Regen, den der Boden wie ein Schwamm aufsaugen würde. Und das mitten im Juni, wenn die Inselbewohner die sengende Sonne längst leid waren und sich nach einem Tag wie heute sehnten.
Philipp nutzte seinen Aufenthalt auf der Insel, um an der Mauer weiterzubauen, die einmal sein ganzes Land umgeben sollte. Sein Haus stand nun bereits seit dem Winter 79. Eine Großtante hatte Philipp und seiner Schwester Bobby eine runde Summe hinterlassen. Philipp hatte mit seinem Anteil nicht nur das Haus bauen sondern auch seinem Vater das geliehene Geld für Salvadors Grundstück zurückzahlen können. Mit der Mauer rund um sein Land hatte er jedoch erst im vergangenen Jahr begonnen. Er ließ sich Zeit damit und arbeitete allein, obwohl man im Moment wieder genügend Arbeiter bekam. Aber Philipp beherrschte mittlerweile die Kunst, den Steinen aus dem Steinbruch die richtige Form zu geben und sie wie ein Puzzle zusammenzufügen. Außerdem gefiel es ihm, auf seinem Land zu arbeiten. Durch den Hausbau hatte er mittlerweile so viel Erfahrung, dass er praktisch alles Nötige selber machen konnte.
Dass im Augenblick wieder Arbeiter zu haben waren, hieß aber nicht, dass im Moment weniger auf Magali gebaut wurde als noch vor einigen Jahren, im Gegenteil. Aber der wirtschaftliche Aufschwung der Insel übte einen derartigen Sog auf Leute vom Festland aus, dass momentan sogar ein Überangebot an Arbeitern herrschte. Außerdem waren sie günstig zu haben.
Philipp sah hinauf zum Himmel und es kam ihm so vor, als ob die Wolkendecke immer schwerer wurde. Danach machte er sich wieder an seine Arbeit. Er nahm den Stein, den er eben behauen hatte und passte ihn in die Mauer ein. Dabei musste er daran denken, dass er sich vor einiger Zeit niemals hätte träumen lassen, dass er sich jemals hinter einer Mauer verbarrikadieren würde. Aber es ging nicht mehr anders. Obwohl es ein Stück weiter östlich einen asphaltierten Weg zum Strand hinunter gab, hatte sich die Abkürzung quer über die Cala Dragonera herumgesprochen. Ständig bretterte irgendein Leihauto über sein Land. Anfangs hatte Philipp das noch mit einer Art Galgenhumor ertragen, selbst wenn er sich beim Frühstück auf seiner Veranda wie auf dem Präsentierteller vorkam. Als er jedoch letztes Jahr Weihnachten auf der Insel war, hatte sein Land wie nach einem Militärmanöver ausgesehen. Diese verdammten Geländewagen, die neuerdings zu mieten waren. Und Philipp war es leid, den Touristen die Cala Dragonera als Teststrecke für ihre Autos zur Verfügung zu stellen und hatte deshalb während seiner Abwesenheit von Jack und Jim einen Zaun um das ganze Land ziehen lassen. Was ihm jetzt die Möglichkeit gab, in aller Ruhe seine Mauer zu bauen.
Die ersten Regentropfen fielen, malten glänzende Flecken auf Philipps staubige Arme und seine nackte Brust und zerplatzten auf der harten, verbrannten Erde. Philipp arbeitete noch eine Weile weiter. Erst als der Regen ruhig und gleichmäßig zu fallen begann, suchte er sein
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