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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Festkleid an. Als er an sich selbst hinuntersah, merkte er, daß auch er in seinem Sonntagsanzug steckte. Ja, sogar Renate kam eben im Festkleid aus Martins Mansarde. Sie sagte:
    »Der Tisch ist gedeckt, Vati!«
    Auf dem Tisch flackerten Kerzen. Sie beleuchteten das Weihnachtsmahl. In der Zimmerecke strahlte der Christbaum. Obgleich sich seine Spitze mit dem Stern und dem Engel in Martins Mansarde befand, war es der schönste Christbaum, den sie jemals gehabt hatten. Die Wunderkerzen sprühten. Unterm Christbaum lagen die Geschenke. Keiner staunte noch über etwas. Nur die Mutter. Als Emil nämlich über das Rennauto Lotus hinwegsprang und sich auf ein Püppchen stürzte, das dem Herrn mit Melone glich, wunderte sie sich:
    »Hast du dieses Püppchen Emil geschenkt, Vater?«
    »Ich? Nein.« Der Vater schwankte einen Augenblick. Doch es kam ihm zu albern vor, der Mutter vom Herrn mit Melone, vom Karpfen und und den Schäfchen zu erzählen. Er sagte lieber: »Vielleicht Opa...«
    Aber auch der Opa wußte nichts von einem Herrn mit Melone. Er saß vor der Krippe von Bethlehem, über der ein Stern leuchtete, und zählte die Schäfchen. Sooft er auch zählte, es waren jetzt zwanzig.
    Vor Mitternacht läuteten noch einmal die Weihnachtsglocken. Schnee fiel auf die Stadt. Vater und Mutter gingen zum Fluß. Der Vater öffnete seine Aktentasche. Über dem Wasser glänzten Fischschuppen auf, das Wasser spritzte hoch, und der Karpfen Albert steckte noch einmal den Kopf aus den Wellen und sprach mit kreischender Stimme:
    »Fröhliche Weihnachten!«
    »Hast du das gehört?« fragte der Vater, dem ein Stein vom Herzen fiel, daß er nicht der einzige war, der den Karpfen sprechen hörte. Aber die Mutter, der niemals eingefallen wäre, daß ein Karpfen reden kann, sagte:
    »Das wünsche ich dir auch, Vater! Fröhliche Weihnachten!«
     
     
     

Im zweiten Kapitel suche ich das Loch im Fußboden. Fleming spielt Scrabble. Ich gehe mit Vivian in den Prater, und sie erzählt ein ganz kurzes Märchen.
     
    Als Vivian zu Ende erzählt hatte, zündete sie die Lampe an. Beinahe wäre sie dabei auf die Schildkröte getreten.
    »Machen Sie nicht ein Gesicht, als ob Sie mir nicht glauben würden, Anderson! Die ganze Zeit schon versuchen Sie, mit der Schuhspitze den Teppich zurückzuschlagen! Aber an der falschen Stelle! Der Christbaum stand genau da! Er durchbohrte den Fußboden und...« Es genügte, den Stuhl wegzurücken. Unter dem Teppich entdeckte ich eine kreisrunde Stelle im Fußboden, an der ein völlig neues Parkett eingesetzt worden war.
    »Und Martin?«
    »Er ist ausgezogen. Mit den Fotos von Renate. Und mit Renate. Vor einem Monat war die Hochzeit.«
    »Ach.«
    »Warum ach?«
    »Mit einer Hochzeit endet jedes Märchen.«
    »Dieses hier nicht. Noch sind Emil und Pan Tau da.«
    »Und Sie.«
    »Vergessen Sie Fleming nicht! Und Opa! Wir müssen Fleming retten. Er soll mit uns zu Abend essen, sonst muß er bis morgen früh mit dem Opa Mensch ärgere dich nicht spielen.«
    Doch Fleming lehnte die Rettung ab.
    »Ich habe jetzt keine Zeit. Wir spielen Scrabble. Als Junge habe ich nicht ein einziges Mal bei Scrabble verloren. Heute zweimal. In sechzig Partien. Der Opa spielt es geradezu genial.«
    Er strahlte.
    Seine Taschen waren voll mit gewonnenen Streichhölzern.
    Wir ließen ihn also beim Opa und gingen aus dem Haus. Die Nacht war blau wie im Film. Über dem Prater drehte sich das Riesenrad. Schießbuden und Karussells leuchteten in der Dunkelheit. Eine Nacht, wie geschaffen für schöne Worte über Sterne und Nachtigallen, doch Vivian sagte:
    »Kriege ich rosa Watte von Ihnen? Für das dritte Märchen?« Sie leckte an einem rosa Wattebäuschchen und lachte: »Keine Angst, es wird ein ganz kurzes Märchen. Wenn ich damit fertig bin, schieße ich für Sie in der Schießbude einen Spiegel.«
    Neben dem Riesenrad stand gerade die Liliputbahn abfahrbereit. Wir stiegen ein. Die Liliputbahn fuhr los. Und Vivian begann zu erzählen:
    »Am Tag nach dem Heiligen Abend reiste die Schule, in die Emil ging, ins Gebirge. Wenn ich Schule sage, meine ich damit alle Jungen, die in diese Schule gehen, nicht die Schule aus Ziegelsteinen. Lachen Sie nicht! Eine Schule aus Ziegelsteinen kann nicht ins Gebirge fahren, es sei denn, Pan Tau hätte seine Hand im Spiel. Emil ließ Pan Tau natürlich nicht zu Hause. Er hatte das Püppchen zwischen Orangen und Socken in den Rucksack gesteckt.
    Die größeren Jungen aus der vierten A und der vierten B, aus der

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