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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Vivian wollte Fleming nicht die Freude verderben. Darüber zu reden, was wir schon längst wußten, wäre leicht gewesen. Zu schweigen war schwerer. Ein erstauntes Gesicht zu machen, war noch schwerer.
    »Schäfchen?«
    »Der Christbaum?«
    »Ja. Das ist keine Ente! In Prag wird sogar ein Film gedreht, in dem Emil und der Hund Alik-Nikolaus mitspielen. Der Regisseur heißt Polak. Oder Pollock?! Packen wir die Koffer, Anderson!«
    »Wollen Sie zurück nach Prag?«
    »Warum nach Prag? Ich habe mit Collins telefoniert. Er ist eben auf dem Weg von Island nach Rotterdam. Pan Tau steckt irgendwo in Holland. Fährt Vivian in meinem oder in Ihrem Auto mit?«
    Ich drehte mich um. Vivian war verschwunden. Fünf Minuten später stand sie wieder da. Im strohgelben Kostüm. In einer Tasche hatte sie die Schildkröte und das Äffchen, in der anderen einen Stoß Papier und die Schreibmaschine. Sie stellte fest: »Es ist neun Uhr und neun Minuten. Also zwei Neuner. Einer für Sie, einer für mich. In einer halben Stunde können wir auf der Autobahn sein.«
    Eine halbe Stunde später waren wir auf der Autobahn. Vor uns jagte Flemings gelber Ferrari. Das Äffchen war eingeschlafen. Die Schildkröte knabberte an einem Salatblatt. Es war kühl im weißen MG. Ich schaltete die Heizung ein. Feiner Schnee fiel auf die Windschutzscheibe. Unsere Geschichte hatte von neuem begonnen.
    Ich begann mich insgeheim zu fragen: Wann hat sie wirklich begonnen? Was war eigentlich am Anfang? Das verheulte rothaarige Mädchen Claudia und die Zeichnung von einem Männchen, das tanzte und mal groß und mal klein war?
    Doch warum tanzte es? Wo war ihm Claudia begegnet? Und warum wollte sie es wiederhaben? Und wo steckte das Ende der Geschichte? Steckte es vielleicht wirklich im Anfang wie der Fisch im Meer, der Fingerring im Fisch und...
    Tausend Fragen.
    Was wußte eigentlich W. Viola? Was wußte Claudia?
    Und Vivian?
    Warum war Pan Tau von Emil weggegangen?
    »Schlafen Sie, Vivian?«
    »Nein.« Sie gähnte. »Ich denke nach.«
    »Worüber?«
    »Ich muß die Schildkröte verstecken. Die Zöllner an der Grenze werden sie mir wegnehmen. Auch das Äffchen. Man wird sie in Quarantäne stecken.«
    »Wir können auch umdrehen, Vivian. Sie wissen ebenso gut wie ich, daß Pan Tau nicht in Holland ist. Er ist in Wien. Gestern abend war er im Prater. Ich habe ihn dort gesehen. Zumindest glaube ich, daß er’s war.«
    »Natürlich war er’s«, sagte Vivian in aller Ruhe und hüllte sich in die Decke. »Ich hab ihn auch gesehen.«
    »Warum haben Sie mir nichts davon gesagt?«
    »Sie haben nicht gefragt.«
    »Sollen wir also umkehren?« »Nein. Irgend etwas muß dort passiert sein. Fleming würde nicht grundlos nach Holland fahren.«
    »Mit dem Bonbonsäckchen schon. Damit fährt er, wenn es sein muß, bis ans Ende der Welt.«
    »Mit welchem Bonbonsäckchen?«
    »Das ist mein Geheimnis.«
    »Aber ich habe doch vor Ihnen auch keine Geheimnisse. Bis auf das eine, daß ich Pan Tau gesehen habe und...« Vivian wäre vor Neugierde fast gestorben. »Fragen Sie mich, was Sie wissen möchten.« »Warum ist Pan Tau von Emil fortgegangen, Vivian?«
    Vivian zuckte die Achseln.
    »Das weiß ich nicht. Es gibt Dinge, über die Emil lieber nicht spricht. Vielleicht...« Sie suchte nach passenden Worten. »Vielleicht war es so, daß er gemeutert hat...«
    »Wer? Emil?«
    »Pan Tau! Er hatte einfach die Nase voll von Emil und machte sich davon. Aber das ist eine lange Geschichte...«
    »Erzählen Sie sie! Wir haben eine ganze Nacht Zeit. Wenigstens schlafe ich nicht am Steuer ein.«
    »Und was ist mit Flemings Bonbonsäckchen?«
    Ich schwieg.
    Vivian sagte seufzend:
    »Wie Sie wollen. Was Sie nun hören werden, ist kein Geheimnis!«
     
     
     

Eine sehr lange Geschichte, die Vivian auf der Fahrt nach Rotterdam erzählt Die Geschichte könnte heißen: Pan Tau geht in die Schule.
     
    Pan Tau hatte das Weihnachtsfest gut gefallen. Auch der Skiausflug ins Gebirge gefiel ihm. Er fühlte sich bei Emil wohl und beschloß, bei ihm zu bleiben. Das war ein Fehler. Pan Tau gehört allen Kindern, nicht einem einzigen Jungen allein. Auch ein Märchen hat seine Gesetze.
    Daß jemand drei Wünsche frei hat, ausgerechnet drei, nicht mehr und nicht weniger, ist zum Beispiel so ein Märchengesetz. Sich drei ordentliche Wünsche auszudenken, ist gar nicht so leicht. Drei Wünsche, sagt man sich, habe ich mir in einer Minute ausgedacht, doch dann fallen einem gleich noch mindestens fünf, zehn oder

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