Pan Tau
zum Tor eines Hundeparadieses gezogen, das von Würsten überquoll.
Alik blieb benommen stehen. Er ließ den Handschuh fallen.
Der Hunger war stärker. Alik hörte seinen Magen knurren. Einmal. Dann noch einmal.
Wie ein Echo.
Er drehte sich um.
Es war kein Echo, sondern ein Riesenköter, so groß wie eine Scheune. Er stand hinter ihm, blickte ebenfalls sehnsüchtig in die erleuchtete Auslage des Metzgerladens und leckte sich die Schnauze ab, und sein Magen knurrte.
So eine Wurst jetzt haben! Ach!
Oder zwei Würste! Ach!
Ach, seufzte Alik.
Achach, seufzte der Riesenköter.
Pan Tau mochte es nicht, wenn jemand ach sagte. Er trommelte leicht auf seine Melone, fuhr dann mit den Fingern einmal nach links, einmal nach rechts, spannte seinen Regenschirm auf und zog ein Paar Würstchen für Alik und ein Paar Würstchen für den Riesenköter heraus, außerdem noch zwei Bratwürste. Das Leben auf der Erde war viel verwickelter, als er es sich vorgestellt hatte. Zwischen den Sternen umherzufliegen, war einfacher. Am liebsten wollte er schon dorthin zurückkehren, aber da war noch der Handschuh. Und Alik. Und der Riesenköter, der sich ihm angeschlossen hatte. Jetzt seufzte der Köter nicht mehr. Er trabte hinter ihnen her. Wenn er sich von einem Ohr zum andern ableckte, schnalzte es jedesmal. Ein kleines Mädchen kam ihnen entgegen und sagte neidisch zu Pan Tau:
»Ihnen geht’s gut! Sie haben drei Hunde!«
Pan Tau blieb stehen. Er zählte die Hunde. Sooft er auch zählte, es waren jedesmal drei. Alik, der schmutzigste Hund von Mitteleuropa, der scheunengroße Riesenköter, der schnalzen konnte, und ein dritter Hund, der halb einem Hund und halb einem Gartenschlauch ähnelte. Vom Schwanz zum Kopf maß er zwei Meter. Falls es sich um einen Dackel handelte, war es der längste Dackel der Welt. Wie aus dem Boden gestampft stand er da, und jemand sprach mit Menschenstimme:
»Bitte, treten Sie ein!« Und dann sagte er noch: »Sie da und Ihre schönen Hunde!«
Es war nicht der Dackel, der gesprochen hatte. Pan Tau drehte sich um und sah ein Männchen mit Schnurrbart in der Tür eines Ladens stehen, über dem das Schild Alles für Hunde angebracht war. Zum drittenmal sagte er:
»Bitte, treten Sie ein!«
Pan Tau zuckte mit den Achseln. Warum nicht?
Er betrat mit seinen schönen Hunden das Geschäft Alles für Hunde. Der Name trog nicht. Hier gab es mehr als alles. Schleifchen und Halsbänder in allen Farben; Hundeanzüge; Hundeschuhe; Hundemützen für den Regen; Sonnenschirmchen, die man am Halsband befestigen kann, wenn die Sonne scheint; künstliche Knochen; das Spiel Hund ärgere dich nicht; Hundebonbons gegen Husten; Kissen mit der Aufschrift Unser Liebling; Fernseher für Hunde und für den Ausflug ins Grüne die Neuheit Tragbarer Eckstein.
»Ein Bad mit Veilchenduft?« fragte das Männchen mit Schnurrbart, dem Alles für Hunde gehörte. Und er gab sich gleich selbst die Antwort: »Ein Bad mit Veilchenduft.«
Er ließ das Bad mit Veilchenduft vorbereiten.
»Höhensonne?« Und er gab sich gleich selbst die Antwort: »Höhensonne.«
Im Hundefernsehen lief eben Hund Rin-tin-tin der Dritte.
An der Wand hingen die Hundezeitschriften Dog Life, Hundewelt im Bild und der Hunde-Abend mit dem Leitartikel: Wie dressiere ich meinen Herrn?
Es war ein Hundeparadies. Für reiche Hunde. Sie saßen gelangweilt in ihren Stühlen unter den Frisierhauben und bewunderten sich in den geschliffenen Spiegeln. Rin-tin-tin interessierte sie längst nicht mehr. Jetzt strengten sie sich an, den seltsamen, schmutzigen Alik zu übersehen, der eben eingedrungen war, und das Schnalzen des Riesenköters zu überhören. Den zwei Meter langen Dackel zu übersehen, war schon etwas schwerer. Dieses Problem löste das Afghanische Windspiel Ali, Nachkomme des internationalen Champions Muhamed Ali. Ali schloß würdevoll die Augen und tat, als ob er schliefe.
»Ohrenmassage?« fragte schon wieder das Männchen mit Schnurrbart, dem Alles für Hunde gehörte. Und er gab sich gleich selbst die Antwort: »Ohrenmassage.«
Es war herrlich. Alik, die Promenadenmischung, aus der inzwischen der sauberste und bestduftende Hund von Mitteleuropa, wenn nicht der ganzen Welt, geworden war, seufzte vor Glück auf. Zarte Mädchenhände massierten ihm die Ohren und beschnitten seine Krallen. Der Riesenköter, der sich schon das dritte Shampoobad mit Schinkengeschmack gönnte, rülpste nur noch. Bei jedem Schnalzer flogen ihm Schaumbläschen aus der Schnauze. Um
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