Pan Tau
Passagier zu den Indianern durchbrennen wolltest. Und mit Glasmurmeln spielen kannst du auch nicht.«
Dann ging sie schlafen.
Viola trank ein Glas Mosel, aber der Wein schmeckte ihm weniger denn je. Wer hört es schon gern, daß man ihn für eine Niete hält.
Er ging unruhig im Speisezimmer auf und ab. Kisten und Koffer, Gewehre und Harpunen standen und lagen da herum. Es herrschte ein entsetzliches Durcheinander.
»Was für ein Unsinn ist denn das?«
»Ein Moskitonetz«, erklärte höflich der Kammerdiener und legte das Moskitonetz in Kiste Nummer eins. »Morgen Afrika. Zwei Tropenhelme. Den kleineren für Claudia. Die Medikamente gegen Malaria befinden sich im durchsichtigen Erste-Hilfe-Kasten. Eine Elefantenflinte. Munition. Eine Tigerflinte.«
»Das ist die Tigerflinte?«
»Ja, für den Fall eines Überfalls.«
»Und Koffer Nummer siebzehn?«
»Für Montag. Nordpol. Die Pelze laut Verzeichnis. Salbe gegen Erfrierungen. Außerdem habe ich mir erlaubt, Schneeteller einzupacken, Seehundfelle und eine Signalpistole mit Raketen.«
Die Tigerflinte gefiel Viola je länger desto weniger. Er roch nervös an der Salbe gegen Erfrierungen.
»Sie stinkt!«
»Man kann nicht behaupten, daß sie gut riecht«, bestätigte der Kammerdiener und packte die Salbe in Koffer Nummer siebzehn. »Sie sollten sich vor der Reise ausruhen. Morgen früh wird Ihr Bett abgeholt!«
Viola stieg über die Kisten. Feindselig schob er die Harpune beiseite. Auch die Tigerflinte. Von Ameisen gebissen zu werden, kam ihm nun wie eine Gefahr vor, die man leicht auf sich nehmen konnte. Die Salbe stank. Der Wald roch, soweit er sich erinnern konnte, nach Tannennadeln.
»Claudia?«
Im Schlafzimmer brannte noch Licht. Viola atmete auf. Claudia schlief also noch nicht. Auf Zehenspitzen trat er zu ihrem Bett. »Wir müssen miteinander reden... Natürlich laufen wir davon... Und wir werden im Wald oder im Stroh schlafen...«
»Großvater, ist das dein Ernst?«
»Was sonst?«
»Und das Stroh wird schimmlig sein...«
»Natürlich wird es schimmlig sein... Und wenn es zuviel regnet, schlafen wir unter einer Brücke...«
Claudia war begeistert:
»Und Ratten wird es dort geben, und wenn wir kein Geld haben, werden wir in der U-Bahn betteln oder klauen, du kannst ja Harmonika spielen. Ich stehe daneben und sage: Haben Sie Mitleid mit einem armen Waisenkind. Das habe ich in einem Buch gelesen.
Dann werden Polizisten hinter uns her sein, die Pennbrüder auch.
Du wirst sie zu Boden schlagen und...«
»Natürlich werde ich sie zu Boden schlagen«, sagte W. Viola. Er hatte, so schien es, keine andere Wahl mehr. »Aber Harmonika spielen kann ich nicht.«
»Das lernst du noch!« Kleine Hindernisse störten Claudia nicht.
»Du kannst auch Geige spielen. Wann laufen wir davon?«
»Morgen.«
»Über eine Strickleiter?«
»Über die Treppe wäre es einfacher!«
»Ein Seil würde auch genügen.«
»Jetzt schlaf lieber!«
W. Viola ging nachdenklich in sein Zimmer. Er schloß es sorgsam ab. Dann kroch er ins Bett, den Telefonapparat nahm er unter die Zudecke mit.
»Reisebüro Globus?« Er flüsterte in den Hörer: »Hier spricht Viola.
V wie Viola. Was heißt Raumpflegerin, wenn ich die Eisbären abbestellen möchte! Sechs blutrünstige Eisbären auf einer davontreibenden Eisscholle. Warum ausgerechnet in der Nacht, wollen Sie wissen? Weil es morgen schon zu spät ist. Augenblicklich möchte ich die Reise umbuchen! Wecken Sie, wen Sie wollen. Er soll sofort herkommen. Auf mein Schloß!«
Er legte vorsichtig den Hörer auf und kuschelte sich in die Federn.
Ich darf jetzt nicht einschlafen, sagte er sich so lange, bis er einschlief. Er träumte von Afrika und den menschenfressenden Tigern, später spielte er Eisbären auf der Geige vor und klaute mit Claudia die Mona Lisa aus dem Louvre, die er unter der Brücke versteckte, wo es von Ratten wimmelte. Und Polizeisirenen schrillten...
Es war das Telefon. Viola nahm, noch halb im Schlaf, den Hörer. »Reisebüro Globus? Sind Sie der Geschäftsführer?« Eilig schob er den Hörer samt dem Telefonapparat unter die Zudecke. Es hatte nämlich jemand an die Tür geklopft. Die Tür öffnete sich. Viola atmete auf. Es war nicht Claudia. In der Tür stand ein fremder Mann mit Melone. Über dem Kopf ein Regenschirm, am Revers eine Blume. Viola hörte beinahe, wie ihm der Stein vom Herzen fiel. »Er ist da«, flüsterte er dem Geschäftsführer des Reisebüros telefonisch zu. »Schlafen Sie ruhig weiter. Ich
Weitere Kostenlose Bücher