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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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Viola. Seine Nasenspitze war schon kalkweiß. »Eine harte, aber gute Schule fürs Leben.« »Was macht sie mit den Tigern?«
    »Für Tiger kriegt man Geld. Vor einem Monat war ein menschenfressender Tiger beim Tadschmahal. Drei Nächte lauerten wir ihm auf. In der dritten Nachtschien der Mond. Fünf Minuten vor Mitternacht bewegte sich im Gebüsch links ein Schatten.«
    »Auch rechts«, erinnerte ihn Claudia. »Und etwas weiter ein dritter... Fünf auf einmal...«
    »Acht Menschenfresser-Tiger«, erhöhte Viola die Zahl. Mit zitternder Stimme erzählte er weiter: »Was nun? Wir beide allein in der Nacht, nur mit einer Tigerflinte und einer einzigen Kugel...« »W-w-was habt ihr getan? A-a-acht Tiger...?« Der Fahrer blinzelte aufgeregt.
    »Wir konnten nur warten.« Viola zuckte die Achseln. »Zum Glück drehte sich der Wind, zum Glück hatten wir zum Abendessen Knoblauchplätzchen...«
    Jetzt blinzelte der Fahrer nicht mehr.
    »Beim Tadschmahal?«
    »Natürlich, jeden Donnerstag essen wir Knoblauchplätzchen. Das warunsere Rettung. Nicht einmal der Haifisch erträgt Knoblauchgestank. Haie fischten wir zu Dutzenden, bei Varadere. Für Gründlinge jedoch ist Saint Tropez am besten. Eine Barkasse bei Sonnenaufgang. Natürlich die größte Barkasse. Ich werfe das erste Netz aus, es ist voll. Ich werfe das zweite Netz aus, und drin habe ich...« »Brigitte Bardot«, sagte der Fahrer verächtlich und hielt am Ufer eines Teiches. »Jetzt zeig, was du kannst!«
    Wieder blinzelte er.
    Zu Violas Beruhigung stand am Ufer gegenüber der Herr mit Melone. Das Reisebüro Globus strengt sich gewaltig an, dachte er. Erst der Möbelwagen, dann der Teich. Ganz nach Programm. »Warum nicht«, antwortete er dem blinzelnden Fahrer. Er hob einen Zweig vom Boden auf und zupfte die Blätter ab. Dann zog er sich einen Schuh aus und band den Schnürsenkel als Angelleine an den Zweig. »Gestern hab ich einen Wels gefangen! Im Wels war ein Hecht, im Hecht ein...«
    »Mit dem Schnürsenkel?«
    »Und einer Sicherheitsnadel!«
    Viola zog ein Ei aus der Tasche. Sorgfältig befestigte er das Ei am Schnürsenkel. Durchs Ei stach er die Sicherheitsnadel.
    »Es kommt nur darauf an, wer angelt... Auch, womit er angelt, und was er angeln möchte...«
    Er warf das Ei ins Wasser und fragte Claudia: »Einen Karpfen?« Sie nickte.
    »Nicht einmal ein Gründling beißt an«, sagte der Fahrer und lachte. Das Lachen verging ihm im Nu. Wellen schlugen. Schon zog der Vagabund einen großen Hecht ans Ufer. Er befreite ihn sanft vom Haken und warf ihn ins Wasser zurück.
    »Warum?« staunte der Fahrer.
    »Sie hat einen Karpfen bestellt«, antwortete der Vagabund. »Ich vergaß, daß Karpfen keine Eier mögen.«
    Und er angelte einen Karpfen. Mit Löwenzahn.
    »Jetzt muß ich noch Reisig fürs Feuer holen«, sagte Viola.
    Dann war alles fertig. Sie setzten sich ins Gras. Der Fisch war gebraten.
    »So etwas Gutes habe ich noch nie gegessen«, sagte Claudia.
    »Zum Fisch fehlt noch ein Glas Rheinwein«, sagte schmatzend Viola. Schon lag neben ihm im Gras eine Flasche. Mit einem Glas. »Hast du das dem Mann im Auto geklaut?«
    Claudia blickte bewundernd den Großvater an, der sich feierlich Wein einschenkte. Der Fahrer saß noch immer am Ufer. Neben sich hatte er die Schuhe hingestellt, ohne Schnürsenkel. Vor ihm auf den Wellen schaukelte eine Löwenzahnblüte.
    »Tadschmahal!« flüsterte der Vagabund und lachte auf. »Tigerflinte! Stell dir vor, in Afrika müßten wir jetzt auf Dromedaren zu den Pyramiden reiten... Bei dieser Hitze... Und ich müßte Löwen jagen, die mir nichts Böses getan haben.«
    Er streckte sich im Gras aus. Die Flasche hielt er in der Hand. Er ließ sich von der milden europäischen Sonne bescheinen. Im Gras zirpten europäische Grillen. Und er hatte keine Eile. Am Abend brauchte er sich bloß ins Stroh einer europäischen Scheune zu legen und zu sagen: »Ich fühle mich sauwohl.«
    »Ich auch.«
    »Riechst du den Duft? Wie Mammis Parfüm...«
    »Das ist die Wiese am Abend«, sagte Viola und wälzte sich unruhig im Stroh, weil er bequemer liegen wollte. Er kratzte sich am Rücken. Stroh war ihm unters Hemd gerutscht. »Als Bub hab ich auch mal im Stroh geschlafen, aber damals war es weicher. Man sollte statt der Scheune lieber ein Hotel herstellen. Zimmer mit Aussicht auf den Teich...«
    Claudia hörte nicht mehr zu. Sie schlief bereits. Viola trank verdrossen den Wein aus. Seine Zufriedenheit mit den Diensten der Firma Globus sank auf den

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