Panic
betraut war, entschied zu meinen Gunsten, denn, so seine Begründung, ich sei einer überwältigenden Atmosphäre tödlicher Bedrohung ausgesetzt gewesen und hätte eindeutig in Notwehr getötet, um mich und die Übrigen zu retten.
Kurants Geschichte brachte zudem ans Licht, dass der vierte Skalp in der Höhle einem gewissen J. Wright Dillon gehört hatte, dem Jäger, der Lizzy erschossen hatte. Seine Leiche war zwar nicht gefunden worden, doch ein DNA -Vergleich hatte ihn zweifelsfrei identifiziert.
Als ich noch einmal ein gemeinsames Sorgerecht für Patrick und Emily beantragte, versuchte Kevins Anwalt, die Vorfälle im Metcalfe-Revier gegen mich zu verwenden, und bestand erneut darauf, ich möge mich einer psychologischen Prüfung unterziehen. Das Hohe Gericht, so der Anwalt, könne nicht zulassen, zwei kleine Kinder in die Obhut einer Frau zu geben, die imstande sei, einen Menschen eiskalt zu jagen und zu töten!
Dies zeuge doch eher von meiner Fähigkeit, die Kinder zu beschützen, hielt mein Anwalt dagegen. Die Erfahrung habe eine bessere Mutter aus mir gemacht. Als Kevin daraufhin mit seinem Anwalt flüsterte, wurde mir klar, dass diese Angelegenheit viel zu persönlich war, um auf diesem Weg ausgetragen zu werden.
Bevor der Richter sein Urteil sprach, bat ich ihn, mir ein wenig Zeit mit Kevin zu gewähren, ohne unsere Anwälte. Kevins Anwalt war dagegen, doch als Kevin mich ansah, formte ich stumm das Wort »bitte«. Nach kurzem Zögern nickte er. Da es kurz vor Mittag war, überließ uns der Richter einen Konferenzraum, wo wir uns unterhalten konnten, bis das Gericht zwei Stunden später erneut zusammentrat. Ich war fast so nervös wie bei der Jagd auf Ryan, als ich meinem Mann in das von Bücherregalen voll gestellte Büro folgte.
Kevin blieb unbeholfen in der Ecke stehen und zupfte an seiner gestärkten Manschette herum.
»Wie geht es dir?«, fragte ich.
»Ging schon mal besser«, sagte er. »Ich mag keine Gerichtssäle.«
»Ich auch nicht«, sagte ich. Ich spielte mit der Titelseite des
Globe
, der auf dem Tisch lag. »Ob du’s glaubst oder nicht, ich hab dich vermisst.«
»Hm.« Er wollte mich nicht ansehen. Ich wartete, bis er es tat.
»Du hast vermutlich überhaupt nicht an mich gedacht. Nicht mal nach den Vorfällen in Kanada.«
Kevin schien bestürzt. »Aber nein, natürlich hab ich an dich gedacht. Ich hab … mir Sorgen gemacht. Wie geht es dir?«
Ich zögerte. »Besser. Seit langem wieder besser.«
Er zögerte. »Wenn ich dir nur glauben könnte!«
»Ich weiß«, sagte ich. »Das wird wohl noch eine Weile dauern. Es war falsch, dir nichts von meiner Vergangenheit zu erzählen. Das weiß ich jetzt. Es tut mir sehr Leid.«
»Diana, ich finde noch immer …«
»Lass mich ausreden«, bat ich ihn und gestand, ich sei vom ersten Tag an unfair zu ihm gewesen. Ich hätte einen Großteil meines Lebens vor ihm verheimlicht, das sei kein Fundament für eine Beziehung. Dann erzählte ich ihm die Höhepunkte: wie ich aufgewachsen war, wie meine Mutter starb, wie ich ihren Tod und den Anteil meines Vaters daran jahrelang verdrängt hatte, mir selber und auch ihm fremd geworden war, mehr, als ich es mir hatte eingestehen wollen.
»Die Welt verändert sich, und wir verändern uns, wenn wir älter werden«, sagte ich, »aber wir suchen bis zum Tod nach etwas Wahrem, Bleibendem, um uns daran festhalten zu können. Ich habe mich jahrelang an dich geklammert, weil du mich geliebt hast … fast ohne zu fragen. Und ich hab dich auch geliebt, das musst du mir glauben, auch wenn ich dir viel verheimlicht und dir damit wehgetan habe. Ein Teil von mir liebt dich noch immer. Doch die Vergangenheit hat mich eingeholt, Kevin, und ich musste endlich erkennen, wer und was ich bin. Ich weiß, das ergibt nicht viel Sinn. Aber ich will dir alles erzählen, wenn du mich lässt.«
Kevin schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, ob es mir helfen wird, die echte Diana kennen zu lernen. Ich fürchte, ich werde immer die Frau in dir sehen, die ein geheimes Leben führte. Schließlich weiß ich das Ganze nicht aus der Zeitung, nein, es ist mir passiert! Ich weiß nicht, ob du diesen Schaden jemals wieder gutmachen kannst.«
Ich kämpfte vergebens gegen die Tränen. Sie flossen in Strömen, und ich schluchzte: »Ich hab dir wehgetan, und es tut mir so schrecklich Leid. Du glaubst nicht daran, dass wir diese Ehe retten können, vielleicht geht das auch wirklich nicht. Aber denk bitte an die glückliche Zeit, die wir
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