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Para-Traeume

Para-Traeume

Titel: Para-Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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Jennifer hatte sie zumindest noch nicht vergessen. Die schwarzmähnige Schöne spukte ihr nach wie vor im Kopf umher. Und deshalb würde Jennifer fortfahren mit dem, wodurch sie hoffte, ihre Träume und deren Nachhall, der bis zur jeweils nächsten Nacht nicht verklang, mit der Zeit aufzuarbeiten und schließlich in den Griff zu bekommen. So daß sie nicht länger Sklavin der Nachtmahre wäre, sondern wieder Herrin über ihren Schlaf und ihr Handeln, ihr Leben.
    Voller Tatendrang schwang Jennifer sich aus dem Bett und huschte nackt hinüber zum Fenster. Weit öffnete sie die beiden Flügel und ließ das Licht und die Kühle des herbstlichen Morgens herein. Tief atmete sie den würzigen Duft des noch jungen Tages ein, und einmal mehr war die junge Frau überzeugt davon, daß ein Tag nirgends auf der Welt angenehmer beginnen konnte als hier in Salem's Lot.
    Danach schlüpfte sie rasch unter die Dusche, und fast meinte sie, sehen zu können, wie die allerletzten Reste von Müdigkeit, die ihr noch in den Gliedern gesteckt haben mochte, mit dem Wasser im Abfluß zu ihren Füßen verschwanden.
    In Jeans und T-Shirt gekleidet und eine Tasse dampfenden Kaffees in der Hand lief sie wenig später die schmale Treppe hinab ins Erdgeschoß des kleinen Hauses, das sie von ihren Eltern geerbt hatte und nun allein bewohnte.
    Hier unten hatte Jennifer die meisten Trennwände abreißen lassen, so daß ein großer Raum entstanden war. Ihn nutzte sie nun als Ladengeschäft und Atelier in einem.
    Wer wollte, konnte ihr durch das große Schaufenster beim Malen über die Schulter sehen. So früh am Morgen jedoch fanden sich draußen noch keine Neugierigen.
    Von ihrem Kaffee nippend, besah Jennifer sich fast andächtig, was sie in den vergangenen Tagen auf die Leinwand gebracht hatte.
    Träume.
    Ihre Träume.
    Jedes Bild war Zeugnis eines der Träume, die sie seit Nächten heimsuchten und in denen immer wieder jene schwarzhaarige Frau eine Rolle spielte, deren Namen Jennifer nun auch kannte. Die Gemälde faszinierten die Künstlerin selbst. Denn obwohl sie nur eine einzelne Szene des jeweiligen Traumes zeigten, fiel er ihr in seiner Gesamtheit wieder ein und lief vor ihr geistigem Auge von neuem ab, wenn sie das zugehörige Bild nur länger als eine Sekunde betrachtete.
    »Wunderschön«, flüsterte Jennifer, und sie wußte selbst nicht genau, was sie damit eigentlich meinte: den Traum, das Bild oder nur jene Lilith .
    Daß ein anderer, ein unbeteiligter Betrachter ihrer jüngsten Bilder zu einem völlig anderen Urteil gekommen wäre, ahnte Jennifer nicht Sie mußte sich förmlich zwingen, nicht tiefer und immer tiefer in ihren >Traumbildern< zu versinken. Doch der Gedanke an das Gemälde, an dem sie nun weiterarbeiten wollte, half ihr dabei, sich loszureißen. Denn der Reiz dieses anderen Bildes war noch stärker.
    Wenn es fertig wäre, würde es den zweiten ihrer >Traumbesucher< zeigen.
    Und Jennifers Verbindung zu ihm war viel tiefer als die zu jener Lilith Eden.
    Und von ganz anderer Art .
    Jennifer spürte ein wohliges Kribbeln durch ihren Körper fließen.
    Und begann zu malen.
    *
    Etwas früher an diesem Morgen
    Der alte Mann saß auf den Verandastufen des großen Hauses. So wie er es jeden Morgen tat. Das Haus lag auf einem Hügel, und wie an jedem Morgen genoß der alte Mann die Aussicht auf die Stadt, die ihm dort unten wie zu Füßen lag.
    Und das hätte sie auch im wörtlichen Sinne getan.
    Wenn er es nur gewollt hätte.
    Aber er wollte es nicht.
    Er fühlte sich zu alt, um noch solcherlei Machtgelüste zu entwickeln.
    Und er fühlte sich auch zu alt, um noch einmal an einen anderen Ort zu ziehen. >Einen alten Baum verpflanzt man nicht<, hieß es im Volksmund. Das mochte für Bäume gelten, für Menschen und für .
    »Melissa«, seufzte der alte Mann, »ich vermisse dich noch immer.
    Nach all den Jahren vermisse ich dich noch immer so sehr, daß mir alles weh tut, wenn ich auch nur an dich denke.«
    Er hatte Melissa geliebt. Und aus Liebe hat er alles aufgegeben, war ein anderer geworden, hatte Entbehrungen auf sich genommen, von denen er manches Mal geglaubt hatte, sie müßten ihn umbringen.
    Aber sie hatten es nicht getan. Er hatte sich daran gewöhnt, sich mit dem neugewählten Leben arrangiert. Und schließlich hatte er Melissa überlebt.
    Natürlich.
    Sie hatten beide gewußt, daß es so kommen würde. Sie hatten es von dem Augenblick an gewußt, da sie sich entschlossen hatten, die Bürde zu tragen, die ihre Verbindung

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