Paris im 20. Jahrhundert
wichtigsten Preisträger der Wissenschaften am Tisch des Barons von Vercampin, im Kreise der Mitglieder des Aufsichtsrates und der Hauptaktionäre.
Die Freude der letzteren läßt sich durch Zahlen erklären! Für das Geschäftsjahr 1960 war die Dividende soeben auf 1 169 Franc 33 Centime pro Aktie festgelegt worden. Der gegenwärtige Gewinnanteil überstieg bereits den Emissionskurs.
Zweites Kapitel
Kurzgefaßte Übersicht der Pariser Straßen
Michel Dufrénoy war der Menge gefolgt, nichts als ein Wassertropfen in diesem Fluß, der sich durch das Bersten seiner Dämme in einen Sturzbach verwandelt hatte. Seine Aufregung legte sich. Der Meister lateinischer Poesie wurde inmitten dieser ausgelassenen Horde zu einem schüchternen jungen Mann; er fühlte sich allein, fremd und wie von allen abgeschnitten. Während seine Mitschüler mit schnellem Schritt vorwärtsdrängten, ging er langsam, zögernd, und in dieser Versammlung zufriedener Eltern noch verwaister seines Wegs; er schien sich nach seiner Arbeit, seinem Gymnasium, seinem Professor zu sehnen.
Ohne Vater und Mutter, mußte er in eine Familie zurückkehren, die ihn nicht verstehen konnte und von der er mit seinem Preis für lateinische Verse gewiß nicht besonders freundlich empfangen würde.
»Nun gut«, sagte er sich, »Kopf hoch! Ich werde ihre schlechte Laune stoisch ertragen! Mein Onkel ist ein nüchtern denkender Mann, meine Tante eine praktisch veranlagte Frau, mein Cousin ein junger Spekulant; meine Ideen und ich, wir werden in diesem Heim kein großes Ansehen genießen; aber was soll’s? Also los!«
Er hatte indes keine Eile, denn er gehörte keineswegs zu jenen Schülern, die sich in die Ferien stürzen wie die Völker in die Freiheit. Sein Onkel und Vormund hatte es nicht einmal für angebracht gehalten, der Preisverteilung beizuwohnen; er wußte, wozu sein Neffe »fähig« war, pflegte er zu sagen, und schämte sich zu Tode, ihn als Musensöhnchen gekrönt zu sehen.
Die Menge zog den unglücklichen Preisträger jedoch mit sich fort, der sich von diesem Sog mitgerissen fühlte wie ein Ertrinkender.
»Der Vergleich stimmt«, dachte er; »ich werde aufs offene Meer hinausgezogen; wo die Eigenschaften eines Fisches vonnöten wären, bringe ich die Instinkte eines Vogels mit; ich lebe am liebsten in der Weite, in idealen Gegenden, in die man nicht mehr gelangt, im Land der Träume, aus dem man nie wieder zurückkehrt!«
In seine Überlegungen versunken, hin und her gestoßen und angerempelt, erreichte er die Station Grenelle der innerstädtischen Eisenbahn.
Diese Bahnlinie fuhr am linken Ufer den Boulevard Saint-Germain entlang, der sich von der Gare d’Orléans bis zu den Gebäuden der Bildungskreditbank erstreckte; dort bog sie zur Seine ab, überquerte den Pont d’Iéna, der für den Eisenbahnbetrieb mit einer höhergelegenen Fahrtrasse ausgestattet worden war, und vereinigte sich mit dem Railway auf dem rechten Seineufer; dieser mündete durch den Trocadéro-Tunnel in die Champs-Elysées, erreichte die Linie der Boulevards, der er bis zur Place de la Bastille folgte, und fand über den Pont d’Austerlitz wieder den Anschluß an die Bahnlinie auf dem linken Ufer.
Dieser innere Eisenbahnring umschlang mehr oder weniger das alte Paris Ludwigs XV., genau dort, wo jene Mauer verlaufen war, von der noch der folgende wohlklingende Vers zeugt:
Le mur murant Paris rend Paris murmurant.
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Eine zweite Linie schloß die alten Vororte von Paris zusammen und dehnte die einst jenseits der äußeren Boulevards gelegenen Viertel auf zweiunddreißig Kilometer Länge aus.
Auf der Spur der alten Ringbahntrasse verlief sechsundfünfzig Kilometer lang ein dritter Railway.
Schließlich verband ein viertes Netz die Bollwerke und versorgte eine Strecke von über hundert Kilometern.
Wie man sieht, hatte Paris seine Mauern von 1843 gesprengt und sich in den Bois de Boulogne, in die Ebenen von Issy, Vanves, Billancourt, Montrouge, Ivry, Saint-Mandé, Bagnolet, Pantin, Saint-Denis, Clichy und Saint-Ouen hinein Bewegungsfreiheit verschafft. Die Anhöhen von Meudon, Sèvres, Saint-Cloud hatten das Vordringen der Stadt im Westen aufgehalten. Die Grenzen der gegenwärtigen Hauptstadt wurden durch die Bollwerke von Mont-Valérien, Saint-Denis, Aubervilliers, Romainville, Vincennes, Charenton, Vitry, Bicêtre, Montrouge, Vanves und Issy abgesteckt; eine Stadt mit einem Umfang von siebenundzwanzig Meilen: sie hatte das Seine-Departement ganz und gar verschlungen.
Vier
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