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Pasdan

Pasdan

Titel: Pasdan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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könnte.« Er lächelte und schob den Helm noch weiter in den Nacken. »Aber erstens ist das alles nicht neu; was Bahadur über totalitäre Ideologie sagt, steht wahrscheinlich schon bei Aristoteles, gegen Piaton. Und zweitens würde es ohnehin nicht wirken, fürchte ich.«
    Barakuda leerte seinen Kaffeebecher und hielt ihn hoch. »Einen leeren Schädel kann man füllen, einen vollen leeren. Aber eine Füllung läßt sich schwer in eine andere umwandeln. Tee wird nicht zu Kaffee, indem man Noastoa-Maximen darüber spricht. Außerdem wäre es ein Widerspruch. Noastoa ist ja gerade der Verzicht auf Indoktrination.«
    Timoara hüstelte. »Du vergißt noch was, Yasu.«
    »Was denn?«
    Der Korporal tippte ihm mit dem Finger gegen die Brust. »Wenn die Idioten in den drei Gebieten plötzlich normal würden, könnten wir die Garnison auflösen.«
    Kakoiannis seufzte. »Ach ja, das wär ein Jammer. Mir gefällt’s hier nämlich ganz gut.«
    Timoara setzte den Gleiter sanft auf dem verschneiten Zentralplateau auf, vor dem Hauptportal des ältesten Klosters, Namenloser-Allgott, in dem alle anderen Klöster Gesandtschaften unterhielten. Das Gebäude war nur aus der Luft überschaubar und erstreckte sich über mehrere Quadratkilometer. Unter dem Kloster befanden sich Labyrinthe von Tunnels, Gängen, Schächten und Verliesen.
    Auf den Fundamenten aus riesigen Felsquadern ragten die Mauern empor, die teils aus Steinen, teils aus Lehmziegeln mit hölzernem Fachwerk bestanden. Wie viele Geschosse es unter der Erde geben mochte, wußte außerhalb des Klosters niemand; oberirdisch hatten die Mönche bis zu fünf Stockwerke aufgetürmt. Der gesamte Komplex war ein überdachter Irrgarten aus unterschiedlichsten Elementen: Türme, Erker, Kuppeln, flache rechteckige Gebäudeteile, halbhohe Zwischenstücke mit Giebeln, langgestreckte Verbindungsbauten mit runden Glasdächern, Dachterrassen auf vielerlei Ebenen, Wendeltreppen im Freien, spiralförmige Schlote, Auffangbecken für Regenwasser, aufgesetzte bunte Steinkästen ohne sichtbare Öffnungen. Über das Portal zogen sich in einem Bogen Friese mit 114 stilisierten Köpfen; neben dem Portal wachten monströse Reliefs - Löwen mit Brille und Feuerwerfer, Drachen in pflanzlichen Rüstungen, ein dreiköpfiger Frosch, der mit einer Harfe Pfeile verschoß - über die Aus- und Eingehenden.
    In einiger Entfernung, aber noch in Sichtweite des Zentralklosters, ragten vier jüngere Gebäude auf, die ein Quadrat bildeten, in dessen Mitte Namenloser-Allgott stand. Auch diese Klöster - Quetzalcoatl, Indira, Lenin und Astarte - bestanden aus Quaderfundamenten und Ziegelaufbauten. Weiter zum Rand des Hochplateaus zog sich ein äußerer Ring von zehn Klöstern um das Zentrum; sie waren Messalina, Amenhotep, Mao, Thor, Zorbas, Galileo, Homer, Kennedy, Mshimba-Mshamba und Kurdaitcha geweiht. Nach einer umwegigen Berechnung, die außer den Mönchen niemanden überzeugte, ergaben die äußeren zehn Klöster und das eine in der Mitte die Zahl 11, an welche die vier Bauten des inneren Quadrats zu hängen waren, was abermals 114 ergeben sollte.
    »Sten, Sie bleiben im Gleiter, startbereit. Wir halten Funkkontakt.«
    Timoara verzog das Gesicht. »Ich war noch nie da drin. Lassen Sie doch René hier, Chef; der kann gleichzeitig das Portal und die Kontrollen beobachten.«
    Nardini warf dem Korporal einen unfreundlichen Blick zu, mit dem linken Auge. Das rechte hing an Barakuda, der in seine gefütterten Stiefel gestiegen war und den schweren Mantel zuknöpfte.
    »Nichts da. Ich brauch Rene als Alarmsirene.«
    Nardini seufzte mißtönend. Durch eine Laune der Natur konnten seine Stimmbänder notfalls gleichzeitig zwei Töne hervorbringen.
    »Wie Sie meinen, Chef.« Timoara ließ die Ausstiegsluke auffahren.
    Im eisenbeschlagenen Tor öffnete sich eine kleinere Tür. Gefolgt von den beiden Soldaten trat Barakuda ein und nickte der Frau zu, die in der Halle stand. Sie drehte sich um und ging voraus, einen Korridor entlang. Sie trug einen mit Pelz besetzten Lederanzug. Die Schuhe waren mit Eisenplättchen beschlagen; ihre Schritte hallten durch den Gang.
    Wie gewöhnlich wurden sie in einen ungeheizten, unmöblierten Raum gebracht, dessen Steinboden klamme Kälte ausstrahlte. Wie gewöhnlich mußten sie einige Minuten warten. Wie gewöhnlich erschienen eine Frau und ein Mann. Beide gehörten der höchsten Stufe der Hierarchie an, den supremi; beide trugen pelzbesetzte Winterkleidung. Die Mienen waren

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