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Passagier nach Frankfurt

Passagier nach Frankfurt

Titel: Passagier nach Frankfurt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Bestandteil, was eine permanente Wesensveränderung hervorgerufen hat. Und das können Sie nicht wieder rückgängig machen? Sie können ihn nicht wieder in den Zustand zurückversetzen, in dem er sich befunden hat? Man muss es als permanente Veränderung akzeptieren?»
    «Ja. Zunächst war es vielleicht nur eine Entdeckung von eher medizinischem Interesse, aber Professor Shoreham hatte es vorgesehen als Abschreckungsmittel zur Anwendung im Krieg, bei Massenaufständen, Aufruhr, Revolutionen, Anarchie. Er betrachtete es nicht rein medizinisch. Es erzeugt keine Glücksgefühle bei den Betroffenen, nur den großen Wunsch, andere glücklich zu machen. Das ist ein Gefühl, das jeder das ein oder andere Mal im Leben empfindet. Man hat den großen Wunsch, jemanden, eine Person oder viele Menschen – gesund, glücklich und zufrieden zu sehen, all diese Dinge. Und da die Menschen diese Dinge empfinden können und sie auch wirklich empfinden, muss es eine Komponente im Körper geben, die diesen Wunsch kontrolliert. Und wenn man diese Komponente einsetzt, kann es in Ewigkeit so weitergehen.»
    «Wunderbar», sagte Mr. Robinson.
    Er klang eher nachdenklich als begeistert.
    «Wunderbar. Welche Entdeckung. Was für eine Sache, die man da zum Einsatz bringen kann – aber warum sollte man es tun?»
    Der Kopf auf der Sessellehne drehte sich langsam zu Mr. Robinson:
    «Er sagt, sie verstehen es besser als die anderen.»
    «Aber das ist doch die Lösung», sagte James Kleek. «Es ist die exakte Lösung. Es ist wunderbar.»
    Miss Neumann schüttelte den Kopf.
    «Projekt Benvo», sagte sie, «steht nicht zum Verkauf und ist nicht zu verschenken. Es ist aufgegeben worden.»
    «Wollen Sie damit sagen, die Antwort lautet Nein?», fragte Oberst Munro ungläubig.
    «Ja. Professor Shoreham sagt, die Antwort lautet Nein. Er hat entschieden, es sei gegen –»
    Sie hielt einen Augenblick inne und sah wieder auf den Mann im Sessel. Er machte eigenartige Gesten mit dem Kopf, mit einer Hand, und ein paar gutturale Laute kamen aus seinem Mund. Sie wartete und sagte dann: «Er wird es Ihnen selbst sagen, er hatte Angst. Angst vor dem, was die Wissenschaft angerichtet hat in der Zeit ihrer Triumphe, ihrer Vorherrschaft. Die Dinge, die man herausgefunden hat und weiß, die Dinge, die man entdeckt und der Welt überantwortet hat. Die Wunderdrogen, die sich nicht immer als Wunderdrogen herausstellten. Das Penicillin, das Leben gerettet hat, und das Penicillin, das Leben genommen hat. Die Herztransplantationen, die Enttäuschung gebracht haben, und die Enttäuschung, wenn der Tod plötzlich unerwartet eintritt. Er hat im Zeitalter der Atomspaltung gelebt; es gab neue Vernichtungswaffen. Die Tragödie der Radioaktivität; die Umweltverseuchung, die neue industrielle Entdeckungen mit sich gebracht haben. Er hatte Angst vor dem, was die Wissenschaft anrichten könnte, wenn sie unkontrolliert angewendet würde.»
    «Aber das hier ist doch ein Gewinn, ein Gewinn für jedermann», rief Munro.
    «Das war so vieles. Immer ein großer Gewinn, eine große Wohltat für die Menschheit. Und dann kommen die Nebenwirkungen und, schlimmer als das, die Tatsache, dass sie manchmal eben keine Wohltaten, sondern Katastrophen gebracht haben. Und deshalb hat er sich entschieden aufzugeben. Er sagt:» – sie las es von einem Stück Papier in ihrer Hand ab, während er neben ihr in seinem Sessel zustimmend mit dem Kopf nickte. «Ich bin damit zufrieden, dass ich erreicht habe, was ich wollte. Ich habe meine Entdeckung gemacht. Aber ich habe mich entschieden, sie nicht zu veröffentlichen. Sie musste vernichtet werden. Und so wurde sie zerstört. Also lautet meine Antwort an Sie Nein. Es gibt keine Güte, keine Gutartigkeit zum Abzapfen aus dem Hahn. Vielleicht wäre das einmal möglich gewesen, aber heute sind alle Formeln, alles Wissen, meine Notizen und mein Bericht über das notwendige Verfahren dahin – zu Asche verbrannt –, ich habe mein Geistesprodukt vernichtet.»
     
    II
     
    Robert Shoreham kämpfte sich zu einem röchelnden Sprechen durch.
    «Ich habe mein Geisteskind vernichtet und kein Mensch auf der Welt weiß, wie ich dazu gekommen bin. Ein Mensch hat mir geholfen, aber er ist tot. Er starb ein Jahr nachdem wir zum Erfolg gekommen waren, an Tuberkulose. Sie müssen wieder abreisen. Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.»
    «Aber die Kenntnisse, die Sie besitzen, könnten die Welt retten.»
    Der Mann im Sessel gab ein seltsames Geräusch von sich. Es war

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