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Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da

Titel: Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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Geräuschlos. Er lauschte auf jedes Wort, auf jede Bewegung, auf jede Nuance im faszinierenden Balzritual des Liebespaars.
    Der Mond war fast voll und wirkte heiter und schön auf Tom und Roe, als sie langsam auf den glitzernden See hinausruderten. Am Abend waren sie zu einem romantischen Essen in Chapel Hill ausgegangen, und beide waren in Schale. Roe trug einen schwarzen Faltenrock, eine cremefarbene Seidenbluse, silberne Muschelohrringe und die Zuchtperlen ihrer Zimmergenossin. Die ideale Aufmachung für eine Bootsfahrt.
    Der Gentleman vermutete, daß Tom Hutchinson der graue Anzug, den er anhatte, nicht einmal gehörte. Tom kam aus Pennsylvania. Er war der Sohn eines Automechanikers, hatte es zum Kapitän der Footballmannschaft der Duke University gebracht und es außerdem geschafft, daß sich seine Noten im Bereich der Eins bewegten.
    Roe und Tom waren das »Goldpaar«. Das war so ungefähr das einzige, worauf sich die Studenten der Duke University und der nahen University of North Carolina einigen konnten. Der Skandal, daß der Kapitän der Footballmannschaft von Duke mit der Azaleenkönigin von Carolina ausging, verlieh der Romanze noch mehr Pfeffer.
    Sie fummelten an widerspenstigen Knöpfen und Reißverschlüssen herum, während sie langsam über den See trieben. Roe trug schließlich nur noch die Ohrringe und die geliehenen Zuchtperlen. Tom behielt das weiße Hemd an, aber es war ganz aufgeknöpft und bildete eine Art Zelt, als er in Roe eindrang. Unter dem wachsamen Blick des Mondes fingen sie mit dem Liebesspiel an.
    Ihre Körper bewegten sich glatt, während das Boot sanft und spielerisch schaukelte. Roes leises Stöhnen vermischte sich mit einem Chor schrill schreiender Zikaden in der Ferne. Der Gentleman spürte, wie eine Säule aus Wut in ihm aufstieg. Seine dunkle Seite brach durch: das brutale, unterdrückte Tier, der Werwolf der Moderne.
    Plötzlich rutschte Tom Hutchinson mit einem winzigen Flopp aus Roe Tierney. Etwas Starkes zerrte ihn aus dem Boot. Ehe er auf dem Wasser aufschlug, hörte Roe ihn schreien. Es war ein seltsames Geräusch, das wiejaaach klang.
    Tom schluckte Seewasser und würgte heftig. In seiner Kehle brannte ein schrecklicher Schmerz, ein lokalisierbarer Schmerz, aber heftig und furchterregend.
    Dann ließ ihn die starke Kraft, die ihn rückwärts in den See gezogen hatte, plötzlich los. Der Würgegriff war fort. Einfach so. Er wurde losgelassen.
    Seine großen, kräftigen Hände, Quarterbackhände, fuhren an seine Kehle und berührten etwas Warmes. Blut spritzte aus seiner Kehle und vermischte sich mit dem Seewasser. Eine schreckliche Angst, ein der Panik nahes Gefühl packte ihn. Entsetzt griff er sich wieder an die Kehle und ertastete das Messer, das dort steckte. O Herr und Heiland, dachte er, ich bin erstochen worden. Ich werde auf dem Grund dieses Sees sterben, und ich weiß noch nicht einmal, warum.
    Inzwischen war Roe Tierney in dem schaukelnden, treibenden Ruderboot zu verwirrt und schockiert, um auch nur zu schreien.
    Ihr Herz hämmerte so schnell und heftig, daß sie kaum atmen konnte. Sie stand verzweifelt im Boot auf, suchte verzweifelt nach einem Zeichen von Tom.
    Das muß ein schlechter Witz sein, dachte sie. Sie würde nie wieder mit Tom Hutchinson ausgehen. Ihn niemals heiraten. In tausend Jahren nicht. Das war nicht komisch. Ihr war eiskalt, und sie tastete auf dem Boden des Bootes nach ihren Kleidern. In der Nähe des Bootes kam schnell jemand oder etwas aus dem dunklen, schwarzen Wasser heraus. Es fühlte sich an wie eine Explosion auf dem Grund des Sees.
    Roe sah einen Kopf, der auf der Oberfläche schaukelte. Eindeutig ein Männerkopf… aber es war nicht Tom Hutchinson. »Ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte der Gentleman leise, fast im Konversationston. »Hab keine Angst«, flüsterte er, als er nach dem Dollbord des schaukelnden Bootes griff. »Wir sind alte Freunde. Um ehrlich zu sein, ich habe dich seit über zwei Jahren beobachtet.«
    Plötzlich schrie Roe, als gäbe es kein Morgen. Für Roe Tierney gab es auch keines.

Erster Teil
Scootchie Cross
1. Kapitel
Washington, D.C. April 1994
    Ich war auf der verglasten Veranda unseres Hauses in der Fifth Street, als alles anfing. Es schüttete aus Kübeln, wie mein kleines Mädchen Janelle gern sagt, und die Veranda war ein angenehmer Ort. Meine Großmutter hat mir einmal ein Gebet beigebracht, das ich nie vergessen habe: »Hab Dank für alles, genau wie es ist.« An jenem Tag wirkte das passend –

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