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Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter

Titel: Paul Flemming 02 - Sieben Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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ausgezogen«, erklärte Katinka leicht melancholisch, »ins Noricus.«
    »Ins Noricus?«, fragte Paul mit gewissem Unglauben. Ausgerechnet dorthin? Nichts gegen Hochhäuser; die brauchte eine Großstadt nun einmal. Aber musste es das Noricus sein? Die Bettenburg am Wöhrder See genoss nicht gerade den Ruf eines renommierten Mietshauses. In den zwanzig oder dreißig Stockwerken sollten angeblich Prostituierte anschaffen. Und auch sonst war die Klientel wohl nicht die, die sich eine Mutter für ihre neunzehnjährige Tochter wünschen konnte.
    »Das Noricus ist schon lange keine Nuttenhochburg mehr.«
    Katinka schien seine Gedanken lesen zu können. »Hannah hat eine anständige Wohnung zu einem anständigen Preis gefunden«, sagte sie und grinste. »Außerdem eine mit unverbaubarem Burgblick.«
    »Nun ja«, gab Paul klein bei. »Was für einen Gefallen soll ich dir oder ihr denn tun?«
    »Ich möchte dich bitten, ab und zu nach ihr zu schauen«, sagte Katinka.
    »Nach ihr zu schauen?«, fragte Paul perplex. »Wie stellst du dir das vor? Ich bin nicht ihr Vater. Außerdem bin ich froh, wenn ich meine eigenen Angelegenheiten einigermaßen regeln kann.«
    Katinka lächelte, wobei ihre blauen Augen ihn erwartungsvoll ansahen. »Gerade weil du nicht ihr Vater bist, bitte ich dich darum. Hannah würde es mir übelnehmen, wenn ich in nächster Zeit zu oft bei ihr aufkreuze, kaum dass sie ihre Selbstständigkeit erkämpft hat.«
    »Aber Katinka«, protestierte Paul zum Scherz. »Das hört sich schwer nach verdeckten Überwachungsmethoden an.«
    Katinka nickte und blickte ihn schelmisch an. »Ich traue meiner Kleinen ja eine Menge zu – aber leider auch eine Menge Blödsinn. Also? Kann ich auf dich zählen?«
    »Ich werde dich bei Gelegenheit um eine Revanche bitten«, sagte Paul und war trotz des ernsten Anlasses ihres Zusammentreffens guter Dinge, weil er seine alte Schulfreundin lange nicht so gelöst erlebt hatte. Paul wollte die gute Stimmung nutzen, um sich mit Katinka zum Abendessen zu verabreden, als ihr Gespräch durch das Geräusch eines hochtourig laufenden Motors unterbrochen wurde.
    Beide sahen in Richtung der Toreinfahrt und folgten mit ihren Blicken einem schwarzen Sportwagen mit offenem Verdeck, der in rasantem Tempo den Weg zur Villa hinauffuhr und ohne Rücksicht auf eventuelle Lackschäden den Kies aufstieben ließ.
    »Das muss er sein«, raunte Katinka Paul zu.
    »Wer?«, fragte Paul. Doch noch während er Katinka die Verandatreppe hinab zur Auffahrt folgte, reimte er sich zusammen, dass es sich bei dem flotten Fahrer wohl um den Sohn von Hans-Paul Wiesinger handeln musste. Andi Wiesinger war erfolgreicher Geschäftsmann und Dandy in einem, von Paul unzählige Male auf diversen Galas, Bällen und Golf-Trophys abgelichtet.
    Tatsächlich saß in dem Porsche-Cabriolet, das unmittelbar vor den Treppen zum Stehen gekommen war, ein Mann Mitte dreißig, von schmaler, aber sportlicher Statur, mit einem gebräunten Gesicht und zurückgekämmtem dunkelblondem Haar, das zum Teil von einer Schirmmütze verdeckt wurde. Neben Andi Wiesinger erkannte Paul auf dem Beifahrersitz eine dunkelhaarige Frau mit auffallend dunklem Teint: seine Gattin Doro Wiesinger. Sie war etwa im gleichen Alter wie Wiesinger junior und trug ein extravagantes, leuchtend rotes Kleid, von dem sich eine nicht zu übersehende Goldkette abhob. Ihre dunklen Augen strahlten große Entschlossenheit aus.
    »Mein Beileid«, nahm Katinka die Wiesingers in Empfang, kaum waren sie aus dem Porsche ausgestiegen.
    Paul bemerkte, dass Wiesinger den Motor laufengelassen hatte. Wohl weil er davon ausging, dass ein Bediensteter den Wagen in die Garage fahren würde. Wahrscheinlich würde diese Aufgabe dem trauernden alten Chauffeur zufallen, dachte Paul mitleidig.
    »Es ist eine Tragödie«, sagte Katinka mit gedämpfter Stimme. »Ich habe Verständnis dafür, wenn Sie sich erst einmal sammeln möchten, bevor wir Sie mit unseren Fragen quälen müssen.« Sie reichte ihm die Hand. »Blohm ist mein Name. Ich bin die zuständige Staatsanwältin.«
    Paul lobte Katinka im Stillen für ihre Diplomatie und brachte dezent seine Kamera in Position.
    »Staatsanwältin?«, fragte Wiesinger, während er ihr mit leichtem Widerstreben die Hand schüttelte. »Ist das hier nicht Sache der Polizei?«
    »Ich bin angehalten, mich in diesem besonderen Fall von Anfang an selbst mit den Ermittlungen zu befassen.«
    »Also gut: Fragen Sie ruhig, fragen Sie«, sagte Andi Wiesinger, wobei

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