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Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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Unterwerfung, als hätte nicht er, sondern ein Gott sie gesprochen.
    Sie blieb also unbeweglich sitzen und ließ die Hände mit den Innenflächen nach oben zu beiden Seiten ihrer Knie ruhen, zwischen denen der Jersey ihres Hemdes, das sich um sie breitete, in die ursprünglichen Pliseefalten fiel. Was ihr Geliebter von ihr verlangte, war ganz einfach: daß sie ständig und auf der Stelle zugänglich sein solle.
    Es genügte ihm nicht, zu wissen, daß sie es war: sie mußte es ohne jedes Hindernis sein, und ihre ganze Haltung wie auch ihre Kleidung sollten für die Eingeweihten gewissermaßen Symbole dieser Zugänglichkeit sein.
    Das bedeutet, fuhr er fort, zweierlei. Erstens, was sie schon wußte und worauf man sie am Abend ihrer Ankunft im Schloß hingewiesen hatte: die Knie, die sie niemals überschlagen durfte, die Lippen, die immer halboffen bleiben mußten.
    Sie glaubte wohl, das sei praktisch nichts (sie glaubte es tatsächlich), sie werde jedoch das Gegenteil feststellen, daß die Einhaltung dieser Disziplin ständige angespannte Aufmerksamkeit erfordere, die sie nicht nur in seiner Gegenwart und vielleicht in Gegenwart einiger anderer, die ihr Geheimnis kannten, an ihren wahren Zustand erinnern werde, sondern bei der gewöhnlichsten Beschäftigung und unter Menschen, die nichts ahnten.
    Was ihre Kleidung betreffe, so sei es ihre Sache, sie so zu wählen oder notfalls zu erfinden, daß dieser Entkleidungsakt, den er in dem Wagen nach Roissy mit ihr hatte vornehmen müssen, in Zukunft nicht mehr notwendig sei: morgen werde sie in ihren Schränken Musterung halten, unter ihren Kleidern, in den Schubladen unter ihrer Wäsche, und ihm ausnahmslos alles abliefern, was sie darin an Strumpfgürteln und Höschen finde; ebenso alle Büstenhalter, die so gearbeitet waren, wie der, dessen Träger er erst hatte abschneiden müssen, ehe er ihn ihr ausziehen konnte; Unterkleider, die soweit heraufreichten, daß sie ihre Brüste bedeckten, Blusen und Kleider, die nicht vorn zu öffnen waren, alle Röcke, die so eng waren, daß man sie nicht mit einer einzigen Bewegung hochschlagen konnte.
    Sie solle sich andere Büstenhalter machen lassen, andere Blusen, andere Kleider. Dann würde sie ja von jetzt an mit nackten Brüsten unter ihrer Bluse oder ihrem Pullover zur Korsettschneiderin gehen. Sollte es jemandem auffallen, so werde sie es nach Gutdünken erklären oder nicht erklären, ganz wie sie wolle, das gehe nur sie allein an. Mit den übrigen Anweisungen, die er ihr noch zu erteilen habe, wolle er noch ein paar Tage warten, und er wünsche, daß sie, wenn sie ihm zuhören werde, entsprechend gekleidet sei.
    In der kleinen Schublade ihres Schreibtisches werde sie soviel Geld finden, wie sie brauche.
    Als er zu Ende gesprochen hatte, flüsterte sie »ich liebe dich« ohne die geringste Bewegung zu machen. Er legte frisches Holz aufs Feuer, zündete die Nachttischlampe aus rosa Opalin an. Er sagte, O solle sich zu Bett legen und auf ihn warten, er werde bei ihr schlafen. Als er zurückkam, streckte O die Hand aus, um die Lampe zu löschen: die linke Hand, und das letzte was sie sah, eh alles ins Dunkel versank, war der matte Glanz ihres Eisenrings. Sie lag halb auf der Seite: da rief ihr Geliebter leise ihren Namen, er packte sie am Schoß und zog sie an sich.
    Am nächsten Tag, kurz nachdem O allein in dem grünen Eßzimmer Mittag gegessen hatte - Rene war zeitig weggegangen und würde erst am Abend zurückkommen, um sie zum Essen abzuholen - klingelte das Telephon. Der Apparat stand im Schlafzimmer neben dem Bett, unter der Nachttischlampe. O setzte sich auf den Boden und nahm den Hörer ab.
    Es war Rene, der wissen wollte, ob die Aufwartefrau schon weg sei. Ja, sie sei gerade gegangen, nachdem sie das Essen serviert hatte, und werde erst morgen früh wiederkommen. »Hast du schon mit dem Aussortieren deiner Kleider angefangen? sagte Rene. »Ich wollte gerade anfangen, habe gebadet und bin erst um Mittag fertig geworden. - Bist du angekleidet? - Nein, ich habe mein Nachthemd und den Morgenrock an. Leg den Hörer weg, zieh den Morgenrock und das Nachthemd aus.« O gehorchte, so eifrig, daß der Hörer vom Bett rutschte, wo sie ihn hingelegt hatte, auf den weißen Teppich fiel und sie glaubte, die Verbindung sei unterbrochen. Nein, sie war nicht unterbrochen. »Bist du nackt? - hörte sie Rene wieder.
    »Ja, sagte sie, von wo rufst du an?« Er beantwortete ihre Frage nicht, sondern fuhr fort: »Hast du deinen Ring

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