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Pauline Reage - Geschichte der O

Pauline Reage - Geschichte der O

Titel: Pauline Reage - Geschichte der O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Administrator
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bis zum Abendessen. Er sagte ihr, daß sie nicht im Speisesaal essen werde und daß sie sich fertigmachen solle, wobei er auf den türkischen Sitz in der Ecke wies, auf den sie sich nun in Gegenwart Pierres kauern mußte, wie Jeanne ihr bereits gesagt hatte.
    Die ganze Zeit, während sie dort saß, schaute er sie an, sie sah ihn in den Spiegeln und sah sich selbst, unfähig das Wasser zurückzuhalten, das aus ihrem Körper floß.
    Er wartete, bis sie danach ihr Bad genommen und sich geschminkt hatte. Sie wollte ihre Pantöffelchen und den roten Umhang holen, doch er sagte, indem er ihr die Hände auf den Rücken band, daß es sich nicht lohne und daß sie einen Augenblick auf ihn warten solle. Sie setzte sich an eine Ecke des Bettes.
    Draußen ging ein Unwetter nieder, kalter Wind und Regen, und die Pappel neben dem Fenster krümmte und streckte sich unter den Sturmböen. Vergilbte, durchweichte Blätter klatschten dann und wann an die Scheiben.
    Es war so dunkel wie mitten in der Nacht, obwohl es noch nicht sieben Uhr geschlagen hatte, aber der Herbst war schon vorgerückt und die Tage wurden kürzer. Als Pierre wiederkam, hielt er die gleiche Binde in der Hand, mit der ihr am ersten Abend die Augen verbunden worden waren. Dazu eine lange, klirrende Kette, ähnlich der Kette an der Wand.
    Es schien O, als zögerte er, ob er ihr zuerst die Kette anlegen solle oder zuerst die Augenbinde. Sie schaute dem Regen zu, es war ihr gleichgültig, was man von ihr wollte, sie dachte nur, daß Rene gesagt hatte, er werde wiederkommen, daß noch fünf Tage und fünf Nächte vergehen müßten, und daß sie nicht wußte, wo er war, ob er allein war und wenn nicht, wer bei ihm sein mochte.
    Aber er würde wiederkommen.
    Pierre hatte die Kette aufs Bett gelegt, und ohne O in ihren Träumen zu stören, befestigte er die schwarze Augenbinde, die sich ein wenig über den Augenhöhlen erweiterte, jedoch dicht auf den Lidern lag: unmöglich, durchzuspähen, unmöglich, die Lider zu heben.
    Wohltätige Nacht, die ihrer eigenen Nacht glich und die O niemals mit solcher Freude begrüßt hatte, wohltätige Ketten, die sie von sich selbst befreiten. Pierre befestigte die Kette an dem Ring ihres Halsbandes und bat sie, mit ihm zu kommen.
    Sie stand auf, spürte, daß sie vorwärtsgezogen wurde und setzte sich in Bewegung. Ihre nackten Füsse wurden eisig auf den Fliesen, sie begriff, daß sie den Korridor des roten Flügels entlangging, dann wurde der Boden, der noch immer kalt war, rauher: sie ging auf einem Steinbelag, Sandstein oder Granit.
    Zweimal hieß der Diener sie stehenbleiben, sie hörte das Geräusch eines Schlüssels, der eine Tür öffnete, dann wieder versperrte. »Vorsicht, Stufen«, sagte Pierre und sie stieg eine Treppe hinunter; einmal strauchelte sie.
    Pierre fing sie um die Taille auf.
    Er hatte sie noch nie berührt, außer um sie anzuketten oder zu schlagen, jetzt aber legte er sie auf die kalten Stufen, an denen sie sich mit den gefesselten Händen festhielt, so gut es ging, um nicht zu rutschen und stürzte sich auf ihre Brüste. Sein Mund wanderte von der einen zur anderen und während er sie an sich preßte, spürte sie, wie er sich langsam spannte. Er hob sie erst auf, nachdem er sich an ihr Genüge getan hatte.
    Naß und vor Kälte zitternd stieg sie schließlich die letzten Stufen hinab, hörte wieder eine Tür aufgehen und spürte, nachdem sie durch diese Tür gegangen war, sogleich einen dicken Teppich unter den Füssen.
    Die Kette wurde nochmals leicht angezogen, dann banden Pierres Hände ihre Hände los, nahmen ihr die Augenbinde ab: sie war in einem runden, gewölbten Raum, der sehr klein und niedrig war, Mauern und Deckengewölbe aus Stein und ohne jeden Bewurf, man sah die Fugen zwischen den Quadern.
    Die Kette, die an ihrem Hals befestigt war, hing, in einer Ringschraube eingehakt, in etwa einem Meter Höhe an der Mauer, der Tür gegenüber, und ließ ihr nur soviel Bewegungsfreiheit, daß sie zwei Schritte nach vorn machen konnte. Es war kein Bett da, nichts, was einem Bett ähnlich sah, keine Decke, nur drei oder vier marokkanische Kissen, aber außerhalb ihrer Reichweite und nicht für sie bestimmt.
    Innerhalb ihrer Reichweite hingegen stand in der Nische, durch die das spärliche Licht in den Raum sickerte, ein Holztablett mit Wasser, Obst und Brot. Die Wärme der Heizkörper, die nah am Boden in das Mauerwerk eingebaut waren und rundum eine Art brennender Fußleiste bildeten, kam nicht auf gegen den

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