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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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Tribut holten, als wäre unser Fürst ihr Hochkönig. Meint Ihr, unsere Schiffe würden noch den Weg finden?«
    »So wie ein Wolf den Schafpferch findet oder der Fuchs den Hühnerstall!« antwortete der Morholt. Alle lachten.
    »Aber was ist mit dem Hochkönig?« gab ein dritter zu bedenken. »Wird Diarmait Euch gehen lassen?«
    Ich hätte ihm am liebsten Beifall geklatscht. Dieses Gerede von Einfällen tat mir weh, als hätte mir jemand die Faust in die Magengrube geschlagen.
    »Er wird uns ziehen lassen!« Des Morholts Stimme klang häßlich. »Er bildet sich ein, er könne mich als Schoßhund halten. Aber ich finde eine Möglichkeit, daß er mich gehen lassen muß! Ich sage euch, ich habe nicht die Absicht, am Feuer des Ard-Righs zu sitzen und zuzusehen, wie mein Haar weiß wird!«
    Ihre Stimmen schwanden, als sie ihren Schritt beschleunigten und sich weiter von uns entfernten. Ich faßte Esseilte am Arm. »Wir müssen uns etwas einfallen lassen«, flüsterte ich, »wie wir deinen Vater warnen können – meinst du, die Königin…«
    Aber sie drückte bereits die Hand auf meinen Mund, und selbst in der Dunkelheit vermochte ich zu sehen, wie sie den blonden Kopf schüttelte.
    »Der Morholt ist ein Held! Verstehst du denn nicht?« zischte sie mir ins Ohr. »Du hast Eithne lachen gehört. Und es ist mir nicht entgangen, wie spöttisch ihn die jungen Krieger herausfordern. Fergus MacGabran schwört, daß er den Morholt als Recken von Erin ablösen wird. Der Morholt ist ihrer zehn wert, doch mein Vater gibt ihm keine Chance, es hier zu beweisen. Sie werden nicht mehr lachen, wenn sein Schiff zurückkehrt, schwer beladen mit dem Tribut, den er sich von den Briten geholt hat! Dann wird niemand in Erin mehr zweifeln, daß er der Recke ist!«
    Ich schüttelte den Kopf, doch wenn Esseilte mich nicht unterstützte, wer würde dann auf mich hören? Und vielleicht hatte sie sogar recht. Ich schluckte meine Angst und rannte ihr nach.
    Der Zug war um den ganzen Berg herum gezogen und wieder in der Mitte angelangt, wo er einen unregelmäßigen Kreis um die Stelle bezog, an der sich einst die heilige Stätte befunden hatte. Eine kleine Kirche stand nun dort, und die kleinen runden Hütten der Priester kauerten neben ihr wie Küken um eine Glucke. Durch das Weidengeflecht ihrer Fenster schimmerte Kerzenschein; denn sie waren die einzigen in Temair, die nicht darauf warteten, ihre Heimfeuer von der heiligen Flamme anzuzünden.
    Esseilte und ich stellten uns an und knieten uns, als wir an der Reihe waren, nacheinander vor die rote Sandsteinsäule, in deren Sockel ein kleiner gehörnter Gott geschnitzt war. Der Stein glitzerte im Fackellicht, feucht vom Met, den man über ihn gegossen hatte. Ich streckte die Hand aus, um die Säule zu berühren, und spürte, daß sie ebenso warm war, wie es die stehenden Steine gewesen waren.
    Wir verehrten ihn nach wie vor, doch gab es nur wenige, die den Namen des kleinen Gottes noch kannten. Der Wind wehte die feuchte Strähne aus meiner Stirn, und ich erinnerte mich fröstelnd an die Stille der Hügel. Lebten jene, die sie einst errichteten, noch in ihnen, zu Sidhe geworden, wie unsere alte Amme uns immer wieder erzählt hatte? Oder waren sie zu Staub zerfallen wie andere Sterbliche auch? Früher hatte das ganze Land Britannien Stämmen gehört, die zu unserem Volk zählten, doch nun war die Hälfte in der Hand Fremder, die eine andere Zunge sprachen und andere Götter verehrten. Und ich hatte gehört, wie barbarische Stämme aus dem Osten das Römische Reich überrannten. Würde auch Temair dereinst überrannt werden und schließlich verlassen liegen?
    Ich stolperte und faßte nach Esseilte, denn mir war, als kippe die Erde unter meinen Füßen und es gebe nichts mehr, das sicher war.
    »Branwen, was hast du denn? Bist du krank?« Esseilte hielt mich fest, und ich klammerte mich, am ganzen Leib bebend, an sie. Ich suchte Beruhigung und Sicherheit an ihrer Wärme, während ich mich bemühte, mit der Kraft meines Willens das Schwindelgefühl zu vertreiben.
    »Spürst du es denn nicht, Esseilte? Die Welt verändert sich! Alles, was uns vertraut ist, wird vergehen…«
    »Du hast der alten Messach zuviel zugehört!« Esseilte schlang einen Arm um mich und drückte mich kurz an sich. »Möchtest du hineingehen? Wir haben den größten Teil der Runde mitgemacht. Es wird niemandem auffallen, wenn wir uns schon jetzt ins Frauenhaus begeben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Entschuldige. Es geht mir schon

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